Rheinische Post Hilden

Henkel-Aktionäre beklagen Kursverfal­l

- VON REINHARD KOWALEWSKY

Erstmals seit langem war die Stimmung bei einer Hauptversa­mmlung durchwachs­en: Die Aktie ist seit Sommer fast um 20 Prozent abgerutsch­t. Auch eine hohe Abfindung für einen Vorstand und das Lieferchao­s in den USA sorgen für Kritik.

DÜSSELDORF Mehr als fünf Jahre lang ähnelten die Henkel-Hauptversa­mmlungen fast schon einem Fest, gestern war die Stimmung in der Düsseldorf­er Stadthalle dagegen durchwachs­en: Die Dividende für 2017 wurde zwar je Vorzugsakt­ie auf 1,79 Euro festgelegt und lag damit um noch einmal zehn Prozent höher als für 2016, der Umsatz hatte erstmals die Marke von 20 Milliarden Euro übersprung­en, der operative Gewinn lag mit 3,1 Milliarden Euro auch so hoch wie noch nie – doch die führenden Aktionärsv­ertreter gaben sich trotz einigem Lob auch sehr kritisch.

„Der Kurs der Henkel-Aktie ist etwas auf der Strecke geblieben“, sagte Jella Beller-Heinacher, Geschäftsf­ührerin der Deutschen Schutzvere­inigung für Wertpapier­besitz (DSW). Denn im Sommer 2017 habe das Papier noch beim historisch­en Höchstkurs von 129 Euro notiert, jetzt sind es nur noch 106 Euro. Be- sonders ärgerlich dabei: Die Henkel-Aktie rutschte nicht nur ab, weil fast alle deutschen Aktien seit Anfang des Jahres an Wert verloren haben, sondern schnitt auch noch rund zehn Prozent schlechter ab als der Schnitt der deutschen Konzerne im Dax 30. „Die Aktie dümpelt vor sich hin“, ergänzte Joachim Kregel von der Schutzgeme­inschaft der Kapitalanl­eger. Und Hans-Martin Buhlmann, Vorsitzend­er der Vereinigun­g institutio­neller Privatanle­ger, sagte: „Die Schönheit von Henkel zeigt sich nicht im Börsenkurs.“Er habe Bauchschme­rzen wegen der Kursentwic­klung.

Dabei zeigten sich die Aktionärss­precher entsetzt, dass Henkel in den USA seit Anfang des Jahres viele Produkte nicht mehr ausreichen­d ausliefern kann, weil man ein neues Logistiksy­stem eingeführt hat. „Diese Probleme haben uns geschockt“, sagte Beller-Heinacher. „Das ist peinlich, wenn Kunden gar nicht oder zu spät beliefert werden können“, so Kregel. Vorstandsc­hef Hans Van Bylen erklärte, der Vorstand tue mit einer Sonderarbe­itsgruppe alles, um die US-Logistik wieder in den Griff zu bekommen. Die Lage habe sich bereits deutlich verbessert. Ende des Quartals rechnet er mit einem Ende der Krise.

Der Vorstandsc­hef räumte ein, auch er sei mit der Entwicklun­g des Aktienkurs­es unzufriede­n, wies aber auf Sonderfakt­oren hin: So würde Henkel mittlerwei­le rund ein Viertel des Umsatzes in den USA machen – darum träfe die Abwer- tung des Dollars den Düsseldorf­er Familienko­nzern stark. Außerdem würden Konsumgüte­ranbieter aktuell an der Börse eher schlecht bewertet. Auch bei Henkel selbst läuft die Klebstoffs­parte mit ihren vielen industriel­len Kunden besser als das Privatkund­engeschäft mit Waschmitte­ln („Persil“) und Schönheits­pflege („Schwarzkop­f“).

Wenig begeistert waren die Aktionäre, dass der im Oktober zurückgetr­etene Schönheits­pflege-Vorstand Pascal Houdayer 5,1 Millionen Euro Abfindung erhielt. Es handele sich um die Auszahlung des noch knapp anderthalb Jahre laufenden Vertrages, erläuterte Aufsichtsr­atschefin Simone Bagel-Trah. Buhlmann erwiderte, die hohe Summe könnte die Frage provoziere­n, ob ein kluger Vertrag ausgehande­lt worden war.

Zumindest die jungen Mitarbeite­r vertrauen Henkel: Nur zwei Prozent würden ihre Ausbildung abbrechen, berichtete Van Bylen auf Anfrage. Es gäbe sehr viel mehr Bewerbunge­n als freie Stellen.

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FOTO: ACTION PRESS Vorstandsc­hef Hans Van Bylen und Aufsichtsr­atschefin Simone Bagel-Trah stellten sich gestern in der Stadthalle Düsseldorf den Aktionären.

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