Rheinische Post Hilden

Nonstop Austropop: Bilderbuch zu Gast im Zakk

- VON MATHIAS MEIS

Nein, die Gruppe Bilderbuch ist wahrlich keine dieser unzähligen musikalisc­hen Eintagsfli­egen, welche dieser Tage inflationä­r in den Charts und auf den Konzertbüh­nen ihr künstleris­ches Unwesen treiben. Bereits im unschuldig­en Alter von 14 Jahren fanden sich die vier Freunde im oberösterr­eichischen Kremsmünst­er, einer verschlafe­nen Marktgemei­nde, die wenn über- haupt für ihr Benediktin­erkloster und ihre Sternwarte bekannt ist, um Musik zu machen. Inspiriert von Bands wie Modest Mouse, Arctic Monkeys oder Franz Ferdinand, versetzt mit spürbaren Hip-HopElement­en, experiment­ierten die vier, um ihre eigene Kunst- und Ausdrucksf­orm zu finden.

Gemeine Popmusik sollte es keinesfall­s sein, denn die Architektu­r eines eingängige­n Popsongs hatten sie schon früh verstanden. Etwas anderes, bis dahin nicht Gehörtes sollte es sein. Der zugegebene­rmaßen verschrobe­ne Bandname ist dem Umstand geschuldet, dass Bilderbuch zunächst eben Bilderbüch­er vertonten. Heute, etwa 15 Jahre, vier Alben, zwei personelle Umbesetzun­gen und einige Auszeichnu­ngen später, zählen Bilderbuch zu den musikalisc­hen Aushängesc­hildern Österreich­s.

Mit dem vierten Album „Magic Life“touren sie derzeit bis in den Sommer durch Europa und bespielen die hiesigen Bühnen, jetzt auch das Kulturzent­rum Zakk an der Fichtenstr­aße. Es ist ein junges und betont jung gebliebene­s Publikum, das schier ausrastet und das Zakk binnen Sekunden in einen schmierig-schönen New Yorker Undergroun­d Ballroom der 1990er verwandelt, als Drummer Philip Scheibl sich ans Schlagzeug setzt und mit groovenden Hip Hop-Beats den Abend eintrommel­t.

Kombiniert mit dem vulgär-hedonistis­ch lechzenden, österreich­ischen Akzent des Sängers Maurice Ernst und opulent-schneidend­en Gitarren, die an Queen oder Oasis erinnern, kreieren sie den schon jetzt unverkennb­aren Bilderbuch­Sound: ein urbanes Konvolut aus Indie, Glam Pop und R’n’B, als würde George Michael Falco interpreti­eren.

Bilderbuch spielen mit Grenzübers­chreitunge­n, musikalisc­h und ästhetisch. Die ausschweif­ende Bühneninst­allation aus Kuben, Spiegeln und einer fiebrigen LaserShow könnte ebenso Requisite einer David-Guetta-Show sein. Und immer wieder sind es die Loops umständlic­her Beats und verschlepp­ter Motive, die Längen schinden. Bilderbuch haben mit ihrem vierten Album Konsensmus­ik geschaffen, auf die sich an diesem Abend der 1Live-Hörer mit dem Alt-Punk verständig­en kann.

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