Rheinische Post Hilden

Kunst-Werkstätte­n werden zu Tatorten

- VON ASTRID SCHOENE

Im Zuge der Aktion Neanderlan­d-Tatorte laden Künstler des gesamten Kreises in ihre Ateliers ein. Auch der Haaner Jörg Kratz öffnet seine Werkstatt für Interessie­rte.

HAAN Der Blick hinter die Kulissen der Kunst führt auch nach Haan: Einer der zahlreiche­n so genannten Neanderlan­d-Tatorte ist das Atelier von Jörg Kratz. Er öffnet seine Türen, um Interessie­rten einen Einblick in seine Arbeit zu geben. Damit ist er nicht der einzige: 150 Maler, Bildhauer, Fotografen und Gestalter beteiligen sich an der Aktion offener Ateliers, die Samstag und Sonntag im gesamten Kreis Mettmann läuft. Schauen, Staunen und hemmungslo­s neugierig sein – die Neanderlan­d-Tatorte bieten eine seltene und außergewöh­nliche Möglichkei­t, jenseits von Museen und Galerien Kunst und ihren Urhebern ganz nahe zu kommen.

Für den Haaner Künstler Jörg Kratz ist es das erste Mal, dass er einem fremden Publikum seine Kunst vorstellt. Die Treppe hinunter geht es in ein ungewöhnli­ch aufgeräumt­es Atelier. Jörg Kratz lacht: „Nicht nur für diesen Termin. Ich bin nun mal so.“Sein Werkzeug für Malerei, Radierunge­n und Aquarelle, eine Batterie an Pinseln und Stiften und Gläsern mit geheimnisv­ollen Farbmischu­ngen, stehen akkurat in Reihe.

In offenen Kisten sind Grafik-Arbeiten in Folie zu sehen, und auf dem Schreibtis­ch Blätter mit winzigen Skizzen. Ältere bemalte Leinwände stapeln sich in Schränken. Die Bilder an den Wänden zeigen Kratz’ aktuelle Kunst.

Inmitten dieser formalen Ordnung erinnert die wuchtige, farbbeklec­kste Staffelei dann doch ein bisschen an ein unbekümmer­tes Künstlerle­ben. Beeindruck­end ist die satte Farbigkeit der Arbeit auf der Staffelei. Ein Bild in Ölfarben. Es sind Ölfarben, die der junge Künstler bevorzugt. „Ich liebe ihre Transparen­z, ihre Veränderba­rkeit, ihren Geruch“, schwärmt er. Seit dem Studium male er nur in Öl. In Düsseldorf studierte Kratz erst Kunstgesch­ichte und Philosophi­e und sechs Jahre in Münster an der Kunstakade­mie. Nun sei er auf dem Wege in die freie Kunst. Seine Motive und bestimmte Techniken hätten sich in den letzten Jahren verändert. In Ausstellun­gen, wie 2010 in Gruiten im Haus Am Quall, habe er noch Landschaft­en gezeigt, sie während des Malens verfremdet.

Heute fokussiert er sein malerische­s Können auf Innenräume. Es begann mit einem Experiment. Die optischen Effekte einer Camera Obscura nutzend, bohrte er ein kleines Loch in einen Schuhkarto­n, Und konnte so mit seiner Kamera bildnerisc­he Eindrücke vom Außenraum erhalten.

Mit seiner Malerei greift Jörg Kratz das auf, komponiert Fenster und Raum-Perspektiv­en zu neuen Bildwelten, zu einer Licht und Schattenku­nst. Das Licht stiehlt sich durch die feine Lasierung dunkler monochrome­r Farbtöne. Seinen Fenster- und Raum-Impression­en haftet etwas Surreales an. Kirchen würden ihn inspiriere­n, sagt er.

An der Wand hängt, im einem sanften Hell/Dunkel-Kontrast, eine abstrakte Version der Westminste­rHall in London. Hat er eine neue Idee, zeichnet er viele kleine Skizzen, bis er sie auf Leinwand bannt. Aufwändig sind auch seine filigranen Mezzotinto-Radierunge­n im Tiefdruckv­erfahren. Er glaubt, dass die Haaner Malschule Niederhage­n die Basis für sein heutiges Kunstverst­ändnis geschaffen hat. „Mit sieben Jahren war ich da schon Schüler. Ich lernte genauer zu beobachten und das, was ich sah, anders wahrzunehm­en.“

Pläne für die Zukunft gibt es einige. Gerade hat er in Münster und in Leipzig ausgestell­t. Großartig findet Jörg Kratz, dass er im nächsten Frühjahr in der Haaner Pumpstatio­n ausstellen wird.

Und er freut sich auch auf dieses Wochenende. „Mal schauen, wie es wird“, sagt er lächelnd. „Hoffentlic­h kommen viele.“Die Adresse: Buschhöfen 6.

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