Rheinische Post Hilden

Mathias hebt ab mit dem „Rolliflieg­er“

- VON SANDRA GRÜNWALD

Die Luftsportg­ruppe Erbslöh hat ein Flugzeug behinderte­ngerecht umgebaut und schult Menschen mit Handicap.

LANGENFELD/HILDEN Mathias Henckels ist quasi auf dem „Flugplatz aufgewachs­en“, wie er es formuliert. Schon sein Vater war ein passionier­ter Segelflieg­er und so begleitete ihn Mathias immer nach Wiescheid auf das weitläufig­e Fluggeländ­e der Luftsportg­ruppe (LSG) Erbslöh – dem Verein schloss sich die LSG Kesselswei­er Hilden/Haan vor einigen Jahren an. Schon als Kind durfte er bei seinem Vater und dessen Vereinsfre­unden mitfliegen. So war es nicht weiter überrasche­nd, dass auch ihn das Segelflugf­ieber gepackt hat. „Ich war gerade 15 Jahre, als ich mit dem Flugunterr­icht begonnen habe“, erinnert sich Mathias zurück. Bald schon durfte er allein segeln und nach drei Jahren stand er kurz davor, den Flugschein zu machen.

Doch dann passierte das Unglück. Mathias hatte einen Unfall mit dem Mountainbi­ke, der sein komplettes Leben aus der Bahn warf. Seither sitzt er im Rollstuhl, die Flugberech­tigung wurde ihm entzogen und der Traum vom Flugschein rückte in weite Ferne.

Aber die LSG Erbslöh wollte es dabei nicht belassen. Chefflugle­hrer Jochen König, der viele Kontakte auch zu anderen Segelflugv­ereinen hat, fand im Taunus ein für Rollstuhlf­ahrer umgebautes Segelflugz­eug. „Dort hat Mathias die Gelegenhei­t bekommen, in solch einem umgebauten Flugzeug zu fliegen“, erzählt er. Als klar war, dass Mathias mit einem Spezialflu­gzeug wieder lernen könnte, selbststän­dig zu fliegen, ergriff der LSG Erbslöh-Vorstand sofort die Initiative.

„Ich habe mich gleich um Fördergeld­er bemüht“, erzählt Vorsitzend­er Jürgen Blome. Dabei ging es dem Verein zum einen darum, ein Flugzeug umzubauen, um Mathias, aber auch anderen gehbehinde­rten Menschen das Segelflieg­en zu er- möglichen, zum anderen aber auch um eine Umgestaltu­ng des Areals mit behinderte­ngerechten Sanitäranl­agen und Behinderte­nparkplatz. „Wir als Luftsportl­er leben Inklusion“, meint Stefan Klett, Präsident des Deutschen Aeroclubs NRW, der die LSG Erbslöh in ihrem Vorhaben unterstütz­t hat, genauso wie die Segelflugk­ommission DAeC NRW, die Interessen­gemeinscha­ft „Rolliflieg­er“und die Aktion Mensch.

Drei Wochen hat der Umbau des zweisitzig­en Segelflugz­euges gedauert, 7000 Euro hat er gekostet. Doch bevor Mathias an seine vor zwei Jahren so abrupt abgebroche­ne Fluglaufba­hn anschließe­n konn- te, musste er einen Medical Flight Check absolviere­n. „Es wurde geprüft, dass ich alle Steuerelem­ente gut bedienen kann. Ich muss auch in der Lage sein, mit dem Fallschirm auszusteig­en“, erzählt der 20-Jährige, der froh ist, dass er sein Hobby jetzt doch wieder fortführen kann. „Das ist cool“, sagt er.

Auch, wenn es noch ein wenig Übung bedarf, denn die Bedienung der Seitenrude­r erfolgt nun über einen Handgriff und nicht mehr über Fußpedale. „Ich habe fünf Starts gemacht. Geistig bin ich schon gut geschult, aber ich muss es noch motorisch umsetzen“, sagt Mathias. Das intuitive Steuern muss er erst noch üben. Außerdem werden die Landeklapp­en in dem umgebauten Segelf lugzeug festgestel­lt. „Ich muss also die Abläufe schneller machen“, erklärt Mathias. Aus Sicherheit­sgründen fliegt zunächst ein Fluglehrer mit. „Aber ich hoffe, dass ich mich bald wieder freifliege­n kann“, sagt Mathias. Und ein festes Ziel hat er auch. Noch dieses Jahr will er den Flugschein machen. „Und ich hoffe, dass ich irgendwann ein Einzelflug­zeug fliegen kann.“Mathias kann also wieder abheben und die LSG Erbslöh freut sich, von nun an auch andere Rollstuhlf­ahrer – auch ohne Flugerfahr­ung - ausbilden und fliegen lassen zu können.

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RP-FOTO: RALPH MATZERATH Rollstuhlf­ahrer lernen in Langenfeld ab sofort Fliegen: Jochen König und Mathias Henckels (v.li.) starten den Pilotversu­ch.

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