Tränen, Glück, Erlösung – Fortunas emotionaler Aufstieg
Die Reaktionen von Spielern und Offiziellen nach dem Düsseldorfer 2:1 in Dresden fallen unterschiedlich aus. Voller Gefühl sind sie alle.
DRESDEN Reinhold Ernst steht nicht im Verdacht, mit seinen Emotionen hausieren zu gehen. Fortuna Düsseldorfs Aufsichtsratsvorsitzender ist im Hauptberuf Rechtsanwalt und international unter anderem bei Unternehmensfusionen mit Milliardenvolumen tätig. Doch nach dem 2:1 bei Dynamo Dresden, der den Aufstieg des Klubs in die Bundesliga perfekt macht, lässt der 55-Jährige einen Blick in sein See- lenleben zu. „Ich freue mich riesig“, sagt Ernst. „Das ist eine ganz starke Truppe. Was hier passiert ist, ist ganz toll für den Verein und für die Stadt – aber vor allem für diese super Mannschaft und ihren Trainer.“
Letzterer steht zu diesem Zeitpunkt im Mittelpunkt der Ovationen im Gästeblock des Dresdner Stadions. Zunächst will sich Friedhelm Funkel, der mit seinem sechsten Bundesliga-Aufstieg wohl einen Rekord für die Ewigkeit schafft, ja noch dezent zurückhalten, bleibt hinter seinen Spielern, als diese vor den Fans sitzen und auf die „Humba“warten. Das lässt Mittelfeldspieler Marcel Sobottka allerdings nicht zu, zieht den Coach am Arm zu den Anhängern. Und dann klettert Funkel sogar auf die Ränge, begleitet von „Friedhelm Funkel“-Rufen.
„Das habe ich noch nie gemacht“, sagt er, „aber 3000 Menschen haben den weiten Weg nach Dresden auf sich genommen, um uns zu unterstützen. Sie haben es verdient, dass ich zu ihnen komme und mit ihnen singe.“Während all dieser Heiterkeit fließen im Bauch der Arena die Tränen. Eigentlich will der Vorstandsvorsitzende Robert Schäfer nur ein kurzes Statement abgeben, doch dann übermannen ihn die Gefühle, als er auf seine Frau und das an Karneval geborene Baby zu sprechen kommt. Die Stimme versagt, und Mannschaftsarzt Ulf Blecker muss Schäfer erst einmal fest in den Arm nehmen.
Anstoß nimmt daran niemand, die Emotionen sind überall außer Kontrolle. Die Abwehrspieler Julian Schauerte und Kaan Ayhan springen tanzend und brüllend durch die Kabinengänge, während Torhüter Raphael Wolf nur kurz den Journalisten zuzwinkert und sagt: „War nicht schlecht, das Ding, das ich da kurz vor Schluss rausgeholt habe, oder?“War es nicht, wie die gesamte Saison der Fortuna. Auf sie wird kräftig getrunken, und Vertretungskapitän Adam Bodzek will jeden daran teilhaben lassen. Deshalb bringt er so viel Altbierflaschen, wie er ge- rade so eben tragen kann, aus der Kabine und ruft: „Trinkt alle ein Aufstiegsbier mit uns!“
Reinhold Ernst lässt es lieber, er muss sich und seine Kinder erst noch mit dem Auto die 650 Kilometer aus Dresden zurückkutschieren. „Zu Hause gönne ich mir ein Glas“, kündigt der Aufsichtsratschef an. „Bei Rouwen Hennings’ Tor, das war Erlösung und Glück pur. Beim letzten Heimspiel gegen Kiel am nächsten Sonntag kann jetzt die ganze Stadt eine Riesenparty feiern.“