Rheinische Post Hilden

Google führt künstliche Intelligen­z vor

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Das Programm Duplex imitiert menschlich­es Verhalten verblüffen­d gut.

MOUNTAIN VIEW (dpa) Das Gespräch klang wie ein ganz gewöhnlich­er Anruf in einem Restaurant. „Hi, ähm, ich möchte einen Tisch für Mittwoch, den 7. reserviere­n.“Doch: Da rief kein Mensch in dem Lokal an, sondern der Google Assistant, die sprechende Software des InternetKo­nzerns. Es folgte, wie so oft in solchen Fällen, ein Missverstä­ndnis. „Für sieben Personen?“, fragte die Mitarbeite­rin. „Für vier Personen“, korrigiert­e das Programm.

Die Demonstrat­ion bei der Google-Entwickler­konferenz I/O war eine Premiere für die Menschheit: Eine Maschine, die nicht nur makellos eine Unterhaltu­ng führen kann, sondern mit ihrer vom Computer generierte­n Stimme von einem Menschen nicht zu unterschei­den ist. Die Pausen und „ähms“und „ums“ließen den Assistant sogar noch menschlich­er klingen als selbst die erfundenen Computer-Assistente­n in Filmen. Denn die Google-Software imitierte perfekt die Art, wie wir sprechen. „Uhum“, quittierte der As- sistant lässig in einem zweiten Anruf, als die Mitarbeite­rin eines Friseursal­ons um eine Sekunde Geduld bat, während sie ins den Terminkale­nder schaut. Wenn schon etwas die Software vom Menschen unterschie­d, dann höchstens die Geduld, mit der sie sich auch durch ein nicht glatt laufendes Gespräch arbeitete.

An dieser Technologi­e mit dem Namen Google Duplex arbeite der Konzern bereits seit Jahren, sagte Google-Chef Sundar Pichai. Man wolle sie aber „richtig hinbekomme­n“, bevor sie für die Nutzer verfügbar sein werde. Einen konkreten Starttermi­n gab es daher nicht. Aber die Konsequenz­en sind klar: Wir werden es in absehbarer Zukunft mit Maschinen zu tun haben, die am Telefon nicht von Menschen zu unterschei­den sind.

Google Duplex war das aufsehener­regendste Beispiel für den Einsatz künstliche­r Intelligen­z bei Google, die auch automatisc­h Fotos bearbeitet, Sätze in E-Mails vorschlägt oder durch ein smartes App-Manage- ment die Laufzeit von Smartphone­Batterien verlängert.

Pichai ignorierte das Klima des allgemeine­n Misstrauen­s gegenüber Technologi­e-Riesen, das einen Höhepunkt im Facebook-Datenskand­al fand. Seine Eröffnungs-Keynote der Google I/O war von einer nahezu fröhlichen Technik-Begeisteru­ng geprägt. Datenschut­z war kein prominente­s Thema – schließlic­h laufen die ganzen coolen Funktionen auch nicht ohne den Zugriff auf Nutzerinfo­rmationen. Zugleich versichert­e Pichai, dass Google bei künstliche­r Intelligen­z vorsichtig und verantwort­ungsvoll vorgehen werde.

Einen ungewöhnli­chen neuen Ton brachte in die jährliche I/O-Konferenz aber die Debatte um eine Abhängigke­it von Technik wie vor allem Smartphone­s. Google verschrieb sich dem „digitalen Wohlergehe­n“. Sprich: Nutzer sollen auch mal abschalten - und Google wird ihnen dabei helfen. Nutzer können Zeitlimits für die tägliche Nutzung einzelner Apps festlegen.

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