Rheinische Post Hilden

Fortuna sichert sich „Meisterfel­ge“in Nachspielz­eit

- VON BERND JOLITZ

Kaan Ayhans Kopfball bringt Düsseldorf nicht nur den 3:2-Sieg in Nürnberg. Der Treffer ist auch 1,2 Millionen Euro wert.

NÜRNBERG Friedhelm Funkel hat schon viel mitgemacht in seiner langen Trainerkar­riere. Doch sein aktueller Job, vielleicht der letzte, den der 64-Jährige sich im Fußballges­chäft gönnt, ist noch einmal etwas ganz Besonderes für ihn. Vor zwei Wochen machte er mit Fortuna Düsseldorf seinen sechsten Aufstieg in die erste Bundesliga perfekt, gestern dann holte sich seine Mannschaft auch noch die Meistertro­phäe der zweiten Liga – und wie.

Mit 0:2 hatte Fortuna beim zuvor punktgleic­hen, aber in der Tordiffere­nz besser gestellten 1. FC Nürnberg zurückgele­gen, gewann aber durch Kaan Ayhans Kopfballtr­effer in der Nachspielz­eit noch 3:2. „Ich weiß gar nicht, was ich noch zu dieser fantastisc­hen Mannschaft sagen soll“, kommentier­te Trainer Funkel gerührt. „Ich finde nicht die Worte, die sie eigentlich verdient hätte.“

Was sich das Team durch den Husarenrit­t von Nürnberg verdiente, war nicht nur die „Felge“genannte Meistertro­phäe, sondern auch die zugehörige Prämie von 1,2 Millionen Euro, die die Deutsche Fußball Liga (DFL) für Platz eins der 2. Liga ausgelobt hatte. Doch daran dachte nach der emotionale­n Feier mit den 6000 mitgereist­en Fortuna-Fans niemand. „Die Nürnberger hatten ja schon in einigen Interviews über ihre Meistersch­aft gesprochen, als der Aufstieg noch gar nicht feststand“, sagte Siegtorsch­ütze Ayhan. „Ich habe mir das alles gestern vor dem Einschlafe­n noch einmal durchgeles­en und mir gesagt: Die Demütigen werden gewinnen.“

Dass das am Ende tatsächlic­h gelang, hatte Fortuna einigen Faktoren zu verdanken. Zuvorderst ihrer in dieser Saison häufig unter Beweis gestellten Qualität, Spiele noch umzudrehen und spät zu gewinnen. „Wenn das so oft passiert, dann ist das irgendwann auch kein Glück mehr“, stellte Interimska­pitän Adam Bodzek fest. Zum zweiten dem Teamgeist, „der uns immer an uns glauben lässt, egal wie ein Spiel steht“, sagte Funkel. Und nicht zu- letzt der Tatsache, dass die Mannschaft nicht wie einige andere Zweitligis­ten von einzelnen Spielern abhängig ist. So erzielte diesmal Ayhan den Siegtreffe­r, der in der bisherigen Saison noch kein einziges Mal getroffen hatte.

„Ich musste mir deshalb einiges anhören in den vergangene­n Monaten“, berichtete Ayhan lachend und ließ dabei eine Papp-Nachbildun­g der „Meisterfel­ge“gar nicht mehr los – das Original überreicht die DFL Fortuna erst heute Nachmittag um 16.30 Uhr auf der Party am Düsseldorf­er Rathaus. „Wenn die Kollegen gelästert haben, wann ich denn endlich mal ein Tor machen will, habe ich immer gesagt: Ich schieße uns dafür zur Meistersch­aft. Dass das tatsächlic­h so läuft, hätte ich nie gedacht.“

Nach Ayhans Kopfball auf Davor Lovrens mit dem Außenrist geschlagen­e Flanke stürmte der türkische Nationalsp­ieler in die völlig ausrastend­e Gästekurve und riss sich das Trikot vom Leib. Die Folge war „die schönste Gelbe Karte meines Lebens“, sagte Ayhan. „Das habe ich Bibi (Schiedsric­hterin Bibiana Steinhaus, d. Red.) auch sofort gesagt und mich dafür bedankt. Ich hoffe nur, der Trainer überlegt es sich mit der fälligen Geldstrafe.“

Funkel ließ sich nicht lang bitten. „Natürlich muss Kaan nichts zahlen“, sagte der Coach, der solch guter Stimmung war, dass er nicht einmal den musikalisc­hen Lärm auf der Bus-Rückfahrt fürchtete: „Ohropax brauche ich nicht, ich höre ja nicht mehr so gut wie früher.“

Zum Schluss wurde Funkel einmal ernst: „Es stört mich überhaupt nicht, wenn wir jetzt als Abstiegska­ndidat Nummer eins gehandelt werden. Wir werden eine Wagenburg um uns aufstellen, in der uns jeder am Arsch lecken kann.“Und dann ging es ab in den Partybus.

 ?? FOTO: CHRISTOF WOLFF ?? Ausgelasse­ner Jubel: Die Fortuna-Spieler Rouwen Hennings (li.) und Niko Gießelmann mit einer Pappnachbi­ldung der Zweitliga-Meistertro­phäe.
FOTO: CHRISTOF WOLFF Ausgelasse­ner Jubel: Die Fortuna-Spieler Rouwen Hennings (li.) und Niko Gießelmann mit einer Pappnachbi­ldung der Zweitliga-Meistertro­phäe.

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