Ohne Zugabe, bitte
Idealer Konzertabend: Ankommen, Band tritt auf, spielt alle Hits, Licht geht an, Ohren fiepen. Kommt nur leider selten so, weil sich mit den Jahren ein Brauch eingeschlichen hat, eine Plage. Ein Ritual, das man auf so ziemlich jedem Konzert miterleben kann, ja, muss. Die Rede ist vom eingeforderten und kalkulier-
ten Nachschlag: der Zugabe.
Kaum ein Konzertabend kommt ohne aus, immer meinen Zuschauer, Bands und Veranstalter, wenn Schluss ist, muss es noch einmal weitergehen. Darum bleiben Verstärker eingeschaltet und Gitarren eingestöpselt, während sich die Musiker zum ersten Mal verabschieden, und meist winken sie nur im Vorbeigehen, weil sie um das Wiedersehen wissen. Die Zuhörer na-
türlich auch, darum ist kaum nach- vollziehbar, warum Menschen Zugaben überhaupt lautstark einfordern. Besonders ulkig wirken die Sprechchöre nach den Abgängen größerer Bands, während sogenannte Roadies längst die Technik nachjustieren. Und wer nach Konzerten mal einen Blick auf die am Bühnenrand liegengelassenen Setlists geworfen hat, kennt das: Unterm letzten Song stehen immer
noch ein, zwei weitere.
Eine Mode ist das übrigens nicht, die Zugabe gehört seit Jahrzehnten zum Programm. Beim Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker werden stets der Donauwalzer und der Radetzkymarsch nachgeschoben. Sie nennen das dort eine Tradition. Ein tatsächliches Extra des gerührten Künstlers an den seligen Fan ist die Zugabe also so gut wie nie, ist der Bonus doch bloß eine Be-
hauptung, auch wider die Verhält- nisse, in denen es selten etwas geschenkt gibt. Zwar ist Pop stets auch eine Illusionsmaschine, wogegen nichts spricht, dieses Schauspiel aber ist ein besonders schlechtes.
Darum erkennt man gute Bands daran, dass sie sich nicht auf den Firlefanz einlassen. Beleidigt sein sollte deshalb niemand, wenn sie nicht wiederkommen. Es ist doch so: Wer nichts mehr nachzulegen
hat, hat alles gegeben.