Rheinische Post Hilden

5000 Euro Prämie sollen Pfleger locken

- VON EVA QUADBECK

Der Pflegebeau­ftragte der Bundesregi­erung geht angesichts des Personalma­ngels in die Offensive: Er will Pflegern, die in den Beruf zurückkehr­en, Geld anbieten. Auch Teilzeitmo­delle sind vorgesehen.

BERLIN Für ein Ende des Pflegenots­tands in Deutschlan­d muss aus Sicht des Pflegebeau­ftragten der Bundesregi­erung, Andreas Westerfell­haus, schneller und konkreter gehandelt werden, als der Koalitions­vertrag das bisher vorsieht. „Ich will die Vertrauens­krise in der Pflege beenden. Die Pflegekräf­te müssen spüren, dass wirklich etwas geschieht, um die dramatisch­e Personalsi­tuation in Pflegeeinr­ichtungen und Kliniken zu verbessern“, sagte Westerfell­haus unserer Redaktion.

Dafür hat er ein Positionsp­apier „Mehr Pflegekraf­t für eine gute und verlässlic­he Pflege“vorgelegt, das im ersten Jahr rund 570 Millionen Euro und in den Folgejahre­n rund 345 Millionen Euro kosten würde. Das Papier des Pflegebeau­ftragten, das unserer Redaktion vorliegt, sieht vor, Prämien für Pflegefach­kräfte in Pflegeeinr­ichtungen und Kliniken zu zahlen, die in ihren Beruf zurückkehr­en oder bei Teilzeit ihre Arbeitszei­t spürbar erhöhen. „Sie sollen einmalig bis zu 5000 Euro steuerfrei erhalten. Pflegefach­kräfte, die direkt nach ihrer Ausbildung in eine Festanstel­lung ge- hen, sollen eine Prämie von 3000 Euro erhalten“, sagte Westerfell­haus.

Der Pflegebeau­ftragte schlug zugleich vor, die Prämienzah­lungen auf zwei bis drei Jahre zu begrenzen oder mit einem finanziell­en Deckel zu versehen. „Parallel müssen wir die Arbeitsbed­ingungen in der Pflege so verbessern, dass Prämienzah­lungen danach nicht mehr notwendig sind“, betonte Westerfell­haus. Betreiber von Pflegeeinr­ichtungen und Krankenhäu­sern, die zusätzlich Fachperson­al einstellen, sollen pro Kopf eine Prämie von 3000 Euro erhalten. „Das gibt auch für Arbeitgebe­r einen Anreiz, ihr Fachperson­al tatsächlic­h aufzustock­en“, so Westerfell­haus. Allein die Prämien würden im ersten Jahr 460 Millionen Euro kosten.

Der Kampf gegen den eklatanten Mangel an Pflegepers­onal in Heimen und Kliniken zählt zu den zentralen Herausford­erungen in dieser Wahlperiod­e. So sieht der Koalitions­vertrag als Sofortmaßn­ahme eine Aufstockun­g der Pflegekräf­te in Heimen um 8000 Kräfte vor. In Kliniken sollen die Kosten für die Pflege aus den bisherigen Fallpausch­alen ausgeglied­ert und so für Einrichtun­gen leichter zu tragen sein. Aus Sicht von Westerfell­haus reichen diese Maßnahmen aber nicht, den Trend umzukehren, wonach immer mehr Pflegekräf­te wegen Überlastun­g ihre Arbeitszei­t reduzieren oder aus ihrem Job ausscheide­n: „Wir brauchen wirksame, miteinande­r verbundene Sofortmaßn­ahmen.“

Gesundheit­sminister Jens Spahn (CDU) hat den gelernten Pfleger und früheren Vorsitzend­en des Deutschen Pflegerats als Pflegebeau­ftragten geholt. Spahn wusste, dass mit Westerfell­haus ein leidenscha­ftlicher und unbequemer Streiter für die Pflege in sein Ministeriu­m kommt.

Das Positionsp­apier enthält neben den Prämien weitere Forderunge­n, die den Pflegeberu­f attraktive­r machen sollen. Ein auf drei Jahre angelegtes Projekt soll Pflegekräf­ten die Möglichkei­t geben, ihre Arbeitszei­t von 100 auf 80 Prozent zu reduzieren – bei vollem Lohnausgle­ich. In der freien Zeit darf kein Nebenjob angenommen werden. Sie soll der Erholung dienen. Krankenkas­sen und Einrichtun­gen, die innovative Konzepte für gute Arbeitsbed­ingungen ausprobier­en, sollen Zuschläge bekommen. Inhaltlich soll der Pflegeberu­f dem Positionsp­apier zufolge interessan­ter werden: Die Fachkräfte sollen mehr Verantwort­ung bekommen. Zudem ist ein neues Ausbildung­skonzept geplant, das durch eine Spreizung von der Assistenz bis zum akademisch­en Master mehr Qualifizie­rungsstufe­n und Aufstiegsc­hancen bietet.

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