Rheinische Post Hilden

Lernen von den Einwanderu­ngsländern

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Regierungs­vertreter aus den USA und Kanada raten Deutschlan­d zu mehr Optimismus in Sachen Integratio­n.

DÜSSELDORF (rky) Deutschlan­d sollte offensiver und selbstvers­tändlicher damit umgehen, dass Einwandere­r einen großen Teil seiner Bevölkerun­g ausmachen. Diesen Rat gaben Michael R. Keller, Generalkon­sul der USA in Düsseldorf, und Vladislav Mijic, Botschafts­rat für Migrations­angelegenh­eiten der kanadische­n Botschaft in Berlin. Die beiden Vertreter zweier klassische­r Einwanderu­ngsländer sprachen bei einer Diskussion­sveranstal­tung unserer Zeitung gemeinsam mit dem Amerikahau­s NRW im Konferenzz­entrum der RP.

Beide Experten meinten, Deutschlan­d habe die Flüchtling­skrise besser bewältigt, als viele Bürger dies wahrnähmen. Nun sei entscheide­nd, dass die vielen neuen Einwandere­r schnell gut Deutsch lernten und eine Arbeit aufnehmen können, betonte der Kanadier Mijic. Keller verwies auf seine Erfahrun- gen: „Es dauert oft eine oder zwei Generation­en, bis eine Familie ganz ankommt. Das war auch in unserer aus Deutschlan­d stammenden Familie in den USA so. Gemessen daran, wird es nun auch in Deutschlan­d einige Zeit dauern, bis die Integratio­n gelungen ist.“Es sei bedenklich, kritisiert­e Keller, dass es Europa nicht besser gelinge, Flüchtling­e auf viele Länder zu verteilen. Anderersei­ts spreche es auch für Deutschlan­d, wenn viele Menschen hierherkom­men wollen. Der Zuspruch habe schließlic­h nicht nur etwas mit dem Ruf des Landes als Sozialstaa­t zu tun, sondern auch mit dem Image der Weltoffenh­eit: „Deutschlan­d hat den Ruf, Immigrante­n eine Chance zu geben. Es gibt sicher viele Probleme, aber insgesamt sind Einwandere­r der dritten oder vierten Generation hier besser integriert als in Frankreich.“

Beide Experten meinten, von einer kompletten Integratio­n der vielen Millionen Einwandere­r in ihren Ländern könne nicht die Rede sein, aber man wolle weiterhin Zuwanderun­g. Keller sagte, es sei korrekter, die USA als eine Art Pizza zu sehen statt als Schmelztie­gel: „Man kann die Teile noch erkennen, aber wir sind gleichzeit­ig eine Einheit.“Er berichtete allerdings auch von der erbitterte­n Debatte in den Vereinigte­n Staaten über die mehr als zehn Millionen illegalen Einwandere­r.

Auf Nachfrage meinten beide, der Begriff „Deutscher mit Migrations­hintergrun­d“sei sinngemäß auf ihre Länder nicht übertragba­r: „Nach einer oder zwei Generation­en ergibt eine solche Einstufung keinen Sinn mehr.“

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FOTO: ANNE ORTHEN Der kanadische Botschafts­rat Vladislav Mijic und US-Generalkon­sul Michael R. Keller diskutiert­en mit RP-Redakteur Matthias Beermann (v.l.).

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