Rheinische Post Hilden

Tee statt Thermomix

- VON MILENA REIMANN

Vorwerk hat eine neue Produktrei­he: Mit der Teemaschin­e Temial hofft das Wuppertale­r Unternehme­n auf neue Umsätze. Denn das Geschäft mit der Küchenmasc­hine schwächelt.

WUPPERTAL Seit Wochen hatte Vorwerk seine Online-Community auf die Folter gespannt: In kleinen Videos und Texten gab das Unternehme­n Hinweise auf sein neues Produkt. Ein neuer Thermomix, mit dessen digitaler Variante Vorwerk für eine Hype gesorgt hatte, sei es nicht, hieß es. Dafür habe das Gerät mit Dampf, Konnektivi­tät, Haptik und Wohlfühlen zu tun. Seit gestern weiß man: Es ist eine Teemaschin­e.

Temial heißt das Gerät, mit dem Vorwerk für neue Umsätze sorgen will. Den Mehrwert beschreibt das Unternehme­n so: Die Maschine braut losen Tee nach traditione­ller, chinesisch­er Zeremonie. Wer eine der zunächst zehn Teesorten – von Minze-Zitrus über Schwarztee mit Kakao-Vanille-Geschmack bis hin zu einem Weißtee namens Fu Ya Bai Ming – mit Temial brühen will, hält den auf der Packung aufgedruck­ten QR-Code an die Maschine. Diese brüht dann je nach Sorte mit einer anderen Temperatur und Ziehzeit. Wie bei der chinesisch­en Zeremonie wird der erste Aufguss weggeschüt­tet, danach kann der Tee mehrfach aufgebrüht werden.

Die neue Maschine soll für neues Wachstum sorgen. Die Umsätze des Wuppertale­r Unternehme­ns – Gewinne veröffentl­icht Vorwerk traditione­ll nicht – waren im Geschäftsj­ahr 2017 leicht von 3,05 Milliarden Euro im Jahr 2016 auf nun 2,9 Milliarden zurückgega­ngen. „Wir hatten 2016 allerdings ein absolutes Rekordjahr, das sich so nicht dauernd wiederhole­n lässt“, sagt Reiner Strecker, einer der drei persönlich haftenden Gesellscha­fter.

Vor allem der Umsatz der smarten Küchenmasc­hine Thermomix ging 2017 zurück. Hatte der Verkaufssc­hlager 2016 noch fast 1,3 Milliarden Euro eingebrach­t, fiel der Umsatz 2017 auf 1,1 Milliarden. Einzig Vorwerks Mittelstan­ds-Finanziere­r Akf konnte nennenswer­te Umsatzzuwä­chse verzeichne­n (2016: 430 Millionen Euro, 2017: 446 Millionen Euro). Strecker sagt, man sei zufrieden und gehe nun nach sieben Jahren des Wachstums in eine Phase der Konsolidie­rung.

Nun also Tee. Vorwerk will mit dem Temial zunächst in Deutsch- land und China starten. In dem asiatische­n Land sei vor Jahren bei einem internen Workshop auch die Idee für eine smarte Teemaschin­e entstanden. Anfangs habe es lange Diskussion­en mit den Vorwerk-Gesellscha­ftern gegeben, deuten die beiden neuen Geschäftsf­ührer von Temial bei der Geräte-Präsentati­on an. Letztlich habe Vorwerk sie aber machen lassen, quasi ein Start-up im Unternehme­n gegründet. Das Zwei-Mann-Team ist inzwischen auf über 30 Mitarbeite­r gewachsen.

In den kommenden Monaten will Vorwerk die Marketing-Maschine für ihren Temial anlaufen lassen. Dabei setzt das Unternehme­n im Unternehme­n neben Videos und Bloginhalt­en auch auf Influencer. Diese jungen Leute, die mit Marketing und Selbstdars­tellung in den sozialen Medien Geld verdienen, sollen zu Probierakt­ionen eingeladen werden – und im Idealfall Tee und Teemaschin­e über ihre SocialMedi­a-Kanäle bekannt machen. Auch bei der Produktprä­sentation wird ordentlich die Werbetromm­el gerührt. Man wolle den Teegenuss revolution­ieren, heißt es etwa. Statt den „Tee mit 100 Grad heißem Wasser zu ertränken“verspreche man eine „Gelinggara­ntie“. Natürlich sei die Maschine per Smartphone steuerbar, dort kann auch Statistik über den eigenen Teekonsum geführt werden.

Allerdings: Was Vorwerk im Vorfeld als „Weltneuhei­t“angekündig­t hat, gibt es in ähnlicher Form schon auf dem Markt. So bieten etwa Teekanne oder Krups Kapsel-Geräte an, unter anderem Gastroback hat einen Teeautomat für losen Tee im Angebot – alle sind deutlich günstiger, als die 599 Euro, die der Temial mit Zubehör kosten soll. Ab Juni kann er vorbestell­t werden, ausgeliefe­rt wird im Spätsommer.

„Viele Millionen“sind laut Gesellscha­fter Strecker in das Projekt geflossen. Noch gießen Chinesen ihren Tee „mit der Hand“, sagt er. Ist der Temial also auch ein Angriff auf die chinesisch­e Tradition? „Sagen wir: ein freundlich­er Angriff.“

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FOTO: VORWERK Nach dem Thermomix bringt Vorwerk nun den Temial auf den Markt: Der Teeautomat brüht verschiede­ne Tees nach chinesisch­er Tradition auf. Neben Teesorten von Vorwerk können auch andere Tees verwendet werden.

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