Rheinische Post Hilden

Baumbergs Trainer hört auf

- VON MICHAEL DEUTZMANN

Salah El Halimi zieht die Reißleine und steigt beim Fußball-Oberligist­en nach der erfolgreic­hen Saison aus.

MONHEIM Zuerst sah alles nach einem ganz normalen Dienstagab­end aus. Die Spieler des Fußball-Oberligist­en SF Baumberg machten sich in einem lockeren Kreis warm. Alle hatten Spaß. Anschließe­nd gab es in der großen Runde eine Analyse fürs 3:4 vom Wochenende im Spitzenspi­el beim SV Straelen. Das machen sie an der Sandstraße immer so un-

Ivan Pusic ter der Regie von Trainer Salah El Halimi. Was in diesen Minuten nur wenige wussten: Viele solcher Augenblick­e mit ihm als Mittelpunk­t wird es in Baumberg nicht mehr geben. Nach dem Training teilte der 41 Jahre alte Coach seinem Team offiziell mit, dass er nach dieser Saison aufhört. Die Entscheidu­ng war für viele Spieler nicht nur eine Überraschu­ng, sondern ein Schock. Und sie trifft den Verein in der besten Saison der Vereinsges­chichte auf der Zielgerade­n bis ins Mark.

Manche werden wohl etwas geahnt haben. Schließlic­h beginnt üblicherwe­ise mit der Klärung der Trainerfra­ge spätestens Ende März die Planung für die nächste Saison. Doch Salah El Halimi antwortete auf Fragen dazu immer zurückhalt­end. Seit Februar trug er den Gedanken an eine Pause mit sich herum: „Es war alles sehr intensiv. Ich habe viel für den Fußball eingesetzt und meine Familie vernachläs­sigt. Ich liebe den Fußball wirklich – aber meine Familie noch mehr.“Neben seinem Hauptberuf als Angestellt­er bei Bay- er in Leverkusen mit einem erweiterte­n Aufgabenge­biet nahm der Sport reichlich Raum ein, zumal El Halimi und sein kleines Trainertea­m teilweise unter oberliga-unwürdigen Bedingunge­n zu arbeiten hatten (haben). Ob ihm der Ausstieg schwergefa­llen sei? Die Antwort ist ein klares Jein. „Am schwierigs­ten war es, als ich den Jungs am Dienstag nach dem Training ins Gesicht schauen musste“, berichtet der Wahl-Hildener, der erleichter­t wirkt: „Ich weiß ja, wofür ich mich entschiede­n habe.“

Die Mannschaft fiel zum größten Teil aus allen Wolken und sie ist traurig darüber, bald nicht mehr mit El Halimi zusammenzu­arbeiten. „Ich finde das persönlich sehr, sehr schade“, erklärt Kapitän Ivan Pusic, „er hat diese Mannschaft immer verstanden. Salah hinterläss­t eine große Lücke. Aber ich verstehe seine privaten Gründe.“Damit die Trennung für alle Beteiligte­n ein bisschen einfacher wird, gibt er im Namen der Mannschaft ein Verspreche­n ab: „Wir geben in den beiden letzten Saisonspie­len alles.“

Ähnlich wie der Kapitän sieht es Louis Klotz (27), der seit 2010 an der Sandstraße ist und in seinen ersten Baumberger Jahren sogar mit El Halimi gemeinsam auf dem Platz stand: „Seine fußballeri­schen und besonders seine menschlich­en Qualitäten sind überragend. Aber ich kann ihn hundertpro­zentig verstehen.“Noch nicht ganz so lange für die Sportfreun­de spielt Roberto Guirino (26), der vor anderthalb Jahren im Winter 2016/2017 vom Bonner SC kam. Seine Einschätzu­ng deckt sich trotzdem mit der der „Alt- Baumberger“Pusic und Klotz. „Salah passt perfekt zu dieser Mannschaft“, meint Guirino, „als ich seine Gründe kannte, habe ich nicht mehr versucht, ihn umzustimme­n. Er ist menschlich überragend. Ich keine keinen, der das anders sieht.“Es ist einer der entscheide­nden Punkte: Der derzeitige Chefcoach darf für sich beanspruch­en, den inneren Zustand der Mannschaft und deren Verhalten nach außen nachhaltig beeinfluss­t zu haben. Anders ist der sportliche Aufschwung ohnehin nicht zu erklären. Über gute (Einzel-) Spieler verfügte der Klub schließlic­h früher schon.

Salah El Halimi übernahm die Mannschaft vor dreieinhal­b Jahren in der Katastroph­en-Saison 2014/ 2015 als Chefcoach. Den Abstieg in die Landesliga konnte er zwar nach der Winterpaus­e nicht mehr verhindern, aber er begann Gesicht und Auftreten der Mannschaft Stück für Stück zu verändern. Erstes Ergebnis: Baumberg schaffte 2015/2016 souverän die Meistersch­aft und kehrte direkt in die Oberliga zurück. Das erste Jahr dort brachte den zwölften Platz und den sicheren Klassenerh­alt. Noch besser läuft die aktuelle Serie, in der die Baumberger richtig schönen Fußball spiel(t)en und an die Tabellensp­itze stürmten. Der Traum von der Regionalli­ga war da, konnte jedoch nicht in Erfüllung gehen – weil der Verein keine entspreche­nden Unterlagen eingereich­t hat. Aktuell ist das Team Vierter und es wird diese Position oder sogar Rang drei auch in der Abschluss-Tabelle einnehmen.

Weil seine Frau und drei Kinder viel zu wenig vom Vater Salah El Halimi hatten, ist nun bald Schluss. Wen immer der Verein, der keinen Plan B in der Schublade hatte, als Nachfolger aussucht: Er wird in große Spuren treten.

„Er hat diese Mannschaft immer verstanden. Salah hinterläss­t

eine große Lücke“

Kapitän SF Baumberg

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RP-FOTO: RALPH MATZERATH (ARCHIV) Mittendrin: Salah El Halimi kann nicht nur hart arbeiten, sondern (seltener) auch feiern – wie hier beim Baumberger Karnevalsz­ug 2016.

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