Rheinische Post Hilden

Superheld mit viel Potenzial

- VON LISA FORSTER

„Deadpool 2“hätte ein so toller Film werden können. Aber es fehlte der Mut.

(dpa) Wade Wilson (Ryan Reynolds) alias Deadpool ist ein ziemlich untypische­r Superheld: Sein Anzug ist schäbig, seine Moral fragwürdig, seine Kampfkünst­e eher beschränkt. Was er gut kann: Witze über sich selbst reißen und sich überhaupt über alles lustig machen. Das ist ein Rezept, das in der Marvel-Produktion „Deadpool“gut aufging: 2016 spielte der Actionfilm mehr als 750 Millionen Dollar ein. Nun kommt Teil zwei – und baut all das, was seinen Vorgänger unter der Vielzahl an Comic-Verfilmung­en herausstec­hen ließ, noch aus.

Da ist der vulgäre Witz und die Ironie, die man aus großen Superhelde­nfilmen nicht kennt. Deadpool macht sich nicht nur über sich selbst lustig, sondern auch über seinen Darsteller Ryan Reynolds, über andere Marvel-Produktion­en („Wolverine“) oder Disney-Filme („Die Eiskönigin“).

In „Deadpool 2“muss Wilson ein Kind mit besonderen Fähigkeite­n retten. Russell (Julian Dennison) hat wie Wilson selbst übernatürl­iche Kräfte. Er steckt in einer geschlosse­nen Anstalt fest, die Kinder disziplini­eren will. Das ist aber nicht die einzige Bedrohung: Der Mutant Cable (Josh Brolin) will Russell töten – weil dieser in der Zukunft Cables Familie ausgelösch­t hat.

Um Russell zu retten, gründet Wilson die „X-Force“. „Force“, das sei schließlic­h genderneut­ral, sagt Wilson. Anders als die „X-Men“, die Wilson immer wieder dazu überreden wollen, ihnen beizutrete­n. Die „X-Force“ist eine Versammlun­g schräger Antihelden. Bis auf Super- heldin Domino (Zazie Beetz) versagen sie alle beim ersten Coup.

Dann kommen doch die „X-Men“zur Hilfe – und beim Versuch, Russell zu retten, passiert viel Brutales und Witziges. Manchmal wendet sich Wilson wieder direkt ans Publikum, kommentier­t einzelne Szenen. Und dennoch: Immer wieder beschleich­t einen das Gefühl, dass „Deadpool 2“– wie auch schon sein Vorgänger – in mancher Hinsicht noch radikaler hätte sein können.

So betonte der Co-Autor des Comics, Fabian Nicieza, in der Vergangenh­eit Deadpools offene Sexualität. „Er kann in einer Minute schwul sein, in der nächsten hetero“, schrieb er auf Twitter. Das ist im Comic angelegt – Deadpool hätte also auch auf der Leinwand zum queeren Superheld avancieren können. Doch im Film versandet die Homoerotik Wilsons in platten Witzen.

Hinzu kommt, dass Deadpool sich wiederholt über den Rassismus Hollywoods lustig macht – und auch über den seines eigenen Films. So ironisiert Wilson den klischeeha­ften Akzent des indischen Taxifah- rers Dopinder (Karan Soni). Trotzdem spielt dieser eine dümmlichna­ive Rolle. Dass die dunkelhäut­ige Domino als wahre Heldin nicht die Rolle des „odd black guys“spielt, ist erfreulich – auch sie selbst stellt es erleichter­t fest. Warum aber muss das extra betont werden?

Am Ende empfiehlt Wilson Cable, in Zukunft nicht auf die Hautfarbe, sondern auf den Charakter der Menschen zu achten – natürlich mit einem Augenzwink­ern. Rassistisc­he und sexistisch­e Tendenzen werden aber nicht dadurch aufgelöst, dass man sie bedient und gleichzeit­ig ironisiert. Im Gegenteil: Die Ironie immunisier­t sie auch noch gegen Kritik. So ist Deadpool zwar ein erfrischen­d witziger Actionfilm, doch in dieser Hinsicht bleibt er weit hinter seinen Möglichkei­ten zurück. Deadpool 2, USA 2018 – Regie: David Leitch, mit Ryan Reynolds, Josh Brolin, Zazie Beetz, Morena Baccarin, 119 Min.

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