Rheinische Post Hilden

Wohin der Wind den sanften Riesen trägt

- VON ANNA MAZZALUPI

Dirk Herrmann ist seit 23 Jahren Heißluftba­llon-Pilot. Die Natur im Bergischen Land schaut er sich besonders gerne von oben an.

BERGISCHES LAND Es ist diese Sehnsucht nach einer vorher nicht gekannten Ruhe, die Dirk Herrmann immer wieder dazu verleitet, mit seinem Heißluftba­llon in die Lüfte zu gehen. Vor über 23 Jahren wurde der 50-Jährige eher durch Zufall mit der Ballonfahr­er-Leidenscha­ft infiziert. Über 800 Fahrten hat er seitdem schon gemacht – darunter sind auch zwei Weltrekord­teilnahmen. Doch Herrmann hat noch lange nicht genug vom Schweben mit dem sanften Riesen.

„Die, die noch nie gefahren sind, stellen es sich als großes Abenteuer vor. Aber die sind dann überwältig­t von der Sanftheit und die Ruhe. Man wird eins mit der Natur“, erklärt er die Faszinatio­n des Ballonfahr­ens. Man bewegt sich langsam durch die Luft – eine Sportart mit Suchtfakto­rpotenzial, die Stress abbaut. Egal, ob er, wie beim Festival 2016, über das Tal der Könige in Ägypten schwebt, ob über die Talsperren im Bergischen, der Reiz ist für Herrmann nach wie vor da.

Vor dem Start weiß man nie so genau, wohin einen der Wind trägt. Steuern kann man die Richtung bei diesem Luftfahrze­ug nämlich nicht. „Ich bin zwar schon oft vom selben Platz aus gestartet. Aber ich bin noch nie am selben Platz gelandet“, erzählt der Ballonpilo­t. Die Land- schaft im „Naturpark Bergisches Land“sei besonders interessan­t, weil sie durch ihre Vielfältig­keit besticht. „Das ist ein Paradies. Ich werde nicht überdrüssi­g, über den Na- turpark Bergisches Land zu fahren“, schwärmt der gebürtige Remscheide­r, der durch seinen Job als Zukunftsfo­rscher und Sprecher bereits viel von der Welt gesehen hat.

Der Landstrich zwischen den beiden Großstädte­n Düsseldorf und Köln punktet mit der abwechslun­gsreichen Natur: hügelige Abschnitte, freie Flächen, die Architek- tur der Städte und der Ackerbau, der sich an Waldgebiet­e reiht, die von den vielen Wasserfläc­hen unterbroch­en werden. Die bunten Farben des Herbsts im „Indian Summer“sehen aus der Vogelpersp­ektive genauso fasziniere­nd aus wie die schneebede­ckten Städte im Winter. „Der Blick von oben schärft den Blick auf das Ganze“, beschreibt Herrmann. Am liebsten fliegt er mit seinem Ballon in etwa 300 bis 500 Metern Höhe. Das sei das schönste Ballonfahr­en, weil man so aus dem Korb am meisten sieht. Etwa, wie groß die Fläche des künftigen Designer Outlet Centers in Lennep wird. Oder wo sich baulich etwas verändert hat. „Zehn Zentimeter über den Boden kann man sich am besten mit den Leuten unterhalte­n“, erzählt Herrmann mit einem Lachen. Einmal musste er aufgrund von zu wenig Wind unvorherge­sehen mitten in der Solinger Innenstadt landen. Eine ungewöhnli­che, aber keine brenzlige Situation für den freiwillig­en Feuerwehrm­ann. Die Bodencrew ist immer dabei, hat den sanften Riesen vom Auto aus im Blick und steht per Funk in Kontakt mit dem Piloten. Aufsehen hat das aber natürlich schon erregt.

„Der Heißluftba­llon ist das am meisten fotografie­rte Luftfahrze­ug“, merkt der Hobby-Fahrer an. Darüber hinaus sei es aber auch das sicherste. „Der Ballon verzeiht viele Fehler“, betont Herrmann. Der Pilot muss sich zudem mit jeder Wettersitu­ation auskennen. Finanziert wird der rund 70.000 Euro teure Ballon übrigens durch Sponsoren – der Remscheide­r hat mit dem Wuppertale­r Unternehme­n Stahlwille im vorigen Jahr einen neuen Kooperatio­nspartner gefunden.

Ein Highlight vermag Herrmann bei seinen Touren nicht benennen. Der Moment, in dem ein Fischreihe­r davonflieg­t, den man überrascht hat, sei genauso beeindruck­end wie die (eigentlich illegale) Überquerun­g des Nils oder der Anblick eines Ballon-Massenstar­ts, bei dem man nicht weiß, wo man hingucken soll. Das erlebte er 2017 in Frankreich, als er zu den 456 Ballonstar­tern auf dem ehemaligen Militärflu­gplatz in Chambley-Bussières gehörte – neuer Weltrekord.

Spannend war auch die Teilnahme am folgenden Weltrekord am 7. April 2017. Von Dover starteten 82 Ballone Richtung Calais, um den Ärmelkanal zu überqueren. „Wir sahen die Küste von England nicht mehr, aber auch noch nicht das Land von Frankreich“. Auf Dirk Herrmanns To-do-Liste steht noch die Teilnahme am größten Ballonfest­ival in Albuquerqu­e in New Mexiko. Auch Asien sei ein Traum. „Einmal mit dem Riesen über die Chinesisch­e Mauer dahinschwe­ben.“Morgen geht es aber erst nach Spanien zum Festival in Vic.

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FOTOS (4): HERRMANN „Indian Summer“an der Herbringha­user Talsperre. Dirk Herrmann schwebt mit seinem Ballon über das Bergische Land hinweg.
 ??  ?? Blick auf die Lenneper Altstadt mit der Evangelisc­hen Stadtkirch­e in der Mitte.
Blick auf die Lenneper Altstadt mit der Evangelisc­hen Stadtkirch­e in der Mitte.
 ??  ?? Der Kölner Dom aus der Perspektiv­e eines HeißluftBa­llons.
Der Kölner Dom aus der Perspektiv­e eines HeißluftBa­llons.
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„Ich werde nicht überdrüssi­g, über den Naturpark Bergisches Land zu fahren“, sagt Dirk Herrmann.

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