Rheinische Post Hilden

Hildener Teamgeist übertüncht die Baustellen

- VON BIRGIT SICKER

Jedes Jahr aufs Neue kämpft der VfB 03 hart um den Verbleib in der Fußball-Oberliga – und schafft es jetzt bereits zum fünften Mal. Die Basis ist eine Mannschaft, die schon lange in der Stammbeset­zung zusammensp­ielt. Allein auf der Trainerban­k fehlt es an der Kontinuitä­t.

HILDEN Der Druck war enorm in den vergangene­n Wochen, entspreche­nd groß war die Erleichter­ung, die den Fußballern des VfB 03 nach dem Abpfiff der Partie gegen den VfR Krefeld-Fischeln ins Gesicht geschriebe­n stand. Mit 5:1 fegten die Hildener den Abstiegsko­nkurrenten vom Kunstrasen an der Hoffeldstr­aße – eine Niederlage in derartiger Höhe hatte Josef Cherfi wohl nicht erwartet. Fischelns Chefcoach wirkte direkt nach dem Ende der Begegnung sprachlos und schickte deshalb lieber seinen Co-Trainer zur Pressekonf­erenz. Während der VfB 03 im fünften Oberliga-Jahr erneut den Klassenerh­alt schaffte, müssen die Krefelder nach vier Jahren wieder den Gang in die Landesliga antreten. „Wir sind nicht heute abgestiege­n, wir haben nur unsere letzte Chance nicht genutzt“, stellte Cherfi später fest.

Auf Nervenkitz­el bis zum letzten Spieltag wollten es die Hildener dagegen in dieser Saison mal nicht ankommen lassen. „Diesmal haben wir das sehr gut gemeistert – der Druck ist weg“, sagte Stefan Schaumburg nach der Partie erleichtet. Der Kapitän selbst hatte das VfB-Team vor dem Anpfiff im großen Kreis auf dem Kunstrasen noch einmal auf Sieg eingeschwo­ren. „Wir haben in den vergangene­n Wochen so oft unnötige Punktverlu­ste kurz vor Schluss kassiert, das war schon ekelhaft“, sagte Schaumburg über seine doch durchwachs­ene Gefühlslag­e. Und war einfach nur froh, das „Endspiel“um den Oberliga-Verbleib gewonnen zu haben. „Es ist kein gutes Gefühl, im März noch nicht zu wissen, wohin die Reise geht“, gestand der 29-Jährige.

Der Teamgeist war die Trumpfkart­e, die die Hildener im Endspurt ausspielte­n. Dabei gingen Michael Kulm und Marcel Bastians mit gutem Beispiel voran. Denn trotz des Drucks, der schon im Dezember von Teilen des Vorstandes auf Teammanage­r und Trainer ausge- übt wurde, blieb das Gespann bei seiner Linie – und ließ vor allem die Mannschaft nicht im Stich. „Die beiden haben das durchgezog­en und gesagt: Wir machen das für das Team“, lobte Schaumburg. Von da an entwickelt­e sich eine verschwore­ne Gemeinscha­ft, die entschloss­en an einem Strang zog. „Wir haben uns zusammenge­rissen und das über den Kampf hinbekomme­n“, sagte der Kapitän. Und ergänzte: „Das waren wir den beiden einfach schuldig.“In der Tat war in den vergangene­n Wochen deutlich zu erkennen, wie fokussiert die Mannschaft zu Werke ging und auch Rückschläg­e wegsteckte. Wie in Speldorf, als die Gastgeber erst in der Nachspielz­eit zum 1:1 ausglichen, oder gegen Schonnebec­k, als die Essener in der 86. Minute einen Elfmeter zum 2:1-Sieg verwertete­n. Am Sonntag fiel den VfB-Fußballern nun „ein Riesenstei­n vom Herzen“.

Dabei war schon zum Meistersch­aftsauftak­t klar, dass die Hildener vor einer schweren Saison stehen. Wesentlich­er Grund: Der Kader war sehr eng bemessen und da- rauf ausgericht­et, dass in der Winterpaus­e Langzeitve­rletzte wie Park Ilkwon, Florian Grün, Robin Müller oder Gianluca de Meo wieder einsatzber­eit sind. Zugleich versäumten es die Verantwort­lichen, für den torgefährl­ichen Stürmer Jannik Weber adäquaten Ersatz zu verpflicht­en. Der kam erst in der Winterpaus­e mit Zissis Alexandris – nach einer guten Premiere setzte den Angreifer aber ein unverschul­deter Motorradun­fall außer Gefecht. Mit Sascha Dum schloss sich im Sommer zwar noch ein Ex-Profi dem VfB-Team an, doch der fand am Ende seinen Platz in der Innenverte­idigung – dort fühlt er sich ganz offensicht­lich am wohlsten.

Aufgrund der angespannt­en Personalla­ge waren die verblieben­en Spieler extrem belastet, deshalb blieben weitere Verletzung­en nicht aus – letztlich musste das Trainertea­m deshalb in puncto Aufstellun­g und Taktik eine Gratwander­ung hinlegen. Zugleich sorgte das gute Abschneide­n in der Vorsaison, als das VfB-Team zwischenze­itlich sogar auf Rang fünf stand und am Ende den zehnten Tabellenpl­atz belegte, für Begehrlich­keiten auf Vorstandse­bene. Alles zusammen brachte kurz vor Weihnachte­n mächtig Dampf auf den Hildener Oberliga-Kessel. Und vor einigen Wochen schien es noch, dass die Mannschaft aufgrund der Einflüsse von außen vor einem großen Umbruch steht. Für Michael Kulm stand der Abschied bereits im Dezember fest. Vor einigen Wochen gab auch Marcel Bastians bekannt, seinen Vertrag nicht verlängern zu wollen. „Schweren Herzens“, wie der 36-Jährige bekannte. Denn Bastians ist ein VfB-Urgestein und dem Verein seit über 30 Jahren verbunden. Es ist übrigens der zweite Abschied des Hildener Jung: 2015 zog er als Co-Trainer das erste Mal die Konsequenz aus vielen Ungereimte­n im Umfeld, die übrigens auch den Abschied des seinerzeit­igen Chefcoache­s und Ur-Hildeners Toni Molina zur Folge hatten. Nebenbei bemerkt: Der führte in dieser Saison den TSV Meerbusch zurück in die Oberliga.

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RP-FOTO: ARCHIV/KÖHLEN Unter dem Druck auch aus dem eigenen Verein entwickelt sich die Mannschaft von Marcel Bastians zu einer verschwore­nen Einheit.

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