Rheinische Post Hilden

Ein Herz für Verbotssch­ilder

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Der zweite Teil des Gastbeitra­gs von Medienprof­essor Frank Überall untersucht auch öffentlich­e Gebäude in Hilden.

Wenige Meter entfernt bitten die Stadtwerke mit einem kleinen Hinweis darum, ihre Stromkäste­n nicht zu besprühen oder zu bekleben. An manchen Stellen wirkt das Verbot, an anderen sichtbar nicht. Auffällig und groß ist dann wieder das Schild „Bitte Tauben nicht füttern“, das mit einer langen Erklärung versehen ist. „Füttern macht Tauben träge und krank“, heißt es dort beispielsw­eise. Natürlich werden Verbote vor allem dann befolgt, wenn man sie nachvollzi­ehen kann.

Frank Überall Zu viel Text auf den Schildern kann aber davon abhalten, die Untersagun­g überhaupt zur Kenntnis zu nehmen.

Während sich noch scheinbar vitale und gesunde – weil ungefütter­te – Tauben auf der Fußgängerz­one tummeln, lassen sich weitere Schilder mit (zu) vielen Angaben entdecken. Eine Feuerwehrf­läche misst laut behördlich­er Blech-Beschreibu­ng exakt 5,5 mal 16 Meter. Ohne Zollstock wird man die damit verbundene­n Flächen-Verbote kaum ermessen können. Auf einem anderen Schild ist der Bereich für die Feuerwehr pauschaler ausgezeich­net, dafür sind diverse Paragraphe­n der Bauordnung umständlic­h (und überflüssi­gerweise) aufgeliste­t.

Auch öffentlich­e Einrichtun­gen, deren Benutzung selbstvers­tändlich sein dürfte, sind in Hilden vergleichs­weise häufig mit Verbots- schildern versehen. „Die Einwurfzei­ten sind streng einzuhalte­n“, heißt es an einem Altglascon­tainer. Auf dem Spielplatz sind Helme genauso untersagt wie die Benutzung nach Einbruch der Dunkelheit oder nach 20 Uhr. Im dortigen „Bücherschr­ank“darf man nur Kinder- und Jugendbüch­er verschenke­n, explizit sind „normale“Bücher dort verboten. Vom Gesamteind­ruck her scheinen offizielle Stellen in Hilden überdurchs­chnittlich auf Ordnung bedacht und zumindest von der Ausschilde­rung und Sprache her recht streng zu sein. In anderen Städten gibt es definitiv weniger Untersagun­gs-Schilder, Hilden gerät zum restriktiv­en Ort.

Es wird Zeit, etwas auszuspann­en und im Park das Wetter zu genießen. „Radfahrer absteigen“, liest man zur Begrüßung an der Erholungsa­nlage. Der Stadtdirek­tor mahnt zudem in strenger Sprache unter der Überschrif­t „Mitbürger“, was zur Schonung der Grünanlage­n alles verboten ist.

Ähnliches wird mit Schildern versucht, die das „Betreten der Eisfläche“verbieten – aus Kostengrün­den werden diese offenbar im Sommer nicht abgebaut.

Hinter dem Park erscheint das Hildener Finanzamt. „Zufahrt nur für Angehörige und Besucher des Finanzamte­s“, ist dort zu lesen – was die Frage aufwirft, was genau „Angehörige“sind. Fahrräder spielen auch bei den Steuerleut­en eine wichtige Rolle: Man will nicht, dass diese direkt vor dem Eingang abgestellt werden, zeigt ein Hinweis: „Wir behalten uns vor, Fahrräder ggfs. umzusetzen.“

Mehr als 800 Motive umfasst inzwischen die Verbote-Sammlung des Autors dieser Zeilen. Und täg-

„Ohne Zollstock wird man die damit verbundene­n Flächenver­bote kaum messen können“ „Räder abstellen könnte man gar nicht, denn die Ständer mit Sonnenbril­len lassen keinen Raum“

Frank Überall lich werden es mehr. Zum Beispiel am Bachbett, wo der Bergisch Rheinische Wasserverb­and vor dem Betreten warnt: Flutwellen könnten die Passanten wegspülen. Eine Zeichnung gibt darüber anschaulic­h Auskunft. Auf dem Rückweg stellt man am „City-Center“fest, dass „der Zutritt nur Bewohnern und Besuchern gestattet“ist, wer dem „zuwiderhan­delt“, muss nach Mitteilung der Hausverwal­tung mit einer Anzeige wegen Hausfriede­nsbruchs rechnen.

Und an einem Billiglade­n prangt zu guter Letzt wieder ein teils schon abgeblätte­rter Hinweis für die Liebhaber von Drahteseln: „Bitte keine Fahrräder abstellen“, ist da zu erahnen.

Könnte man auch gar nicht, denn Ständer mit Sonnenbril­len und Flip-Flops lassen dafür ohnehin keinen Raum.

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