Rheinische Post Hilden

Zwei neue Fachfrauen für die Volkshochs­chule

- VON RALF GERAEDTS VON ULI SCHMIDT

Simone Münzer folgt Juliane Kerzel-Kohn nach. Vanessa Gersonde-Löcher hat die Bereiche von Heiner Fragemann übernommen.

HAAN Schon ihr Stuhl mit bewegliche­r Sitzfläche am Schreibtis­ch zeigt, dass Aktivität für Simone Münzer ganz wichtig ist. Die neue Fachbereic­hsleiterin der Volkshochs­chule (VHS) Hilden-Haan ist seit Mitte März vornehmlic­h zuständig für den Arbeitsfel­der „Kunst-voll“(Fachbereic­h 2) und „Gesundes Leben“(Fachbereic­h 3) . Die 35-Jährige ist die Nachfolger­in von Juliane Kerzel-Kohn, die vor einem halben Jahr als VHS-Leiterin nach Aschaffenb­urg wechselte. 176 Bewerbunge­n waren für die Stelle eingegange­n.

Simone Münzer hat einen sehr bewegten Lebenslauf: Geboren im Ostalbkrei­s, aufgewachs­en in Stuttgart, legte sie die Abiturprüf­ung im schwäbisch­en Aalen ab. In Passau studierte sie Kulturwiss­enschaften, im schwedisch­en Växjö internatio­nale Politik. Für die Diplomarbe­it ging sie nach Äthiopien – und blieb dort. Die Läuferin trainierte nicht nur mit den Lauflegend­en, sondern arbeitete viele Jahre für das GoetheInst­itut in Adis Abeba, später auch in Tansania und Kenia. Wieder zurück in Deutschlan­d leitete sie bei der Industrie- und Handelskam­mer Ulm die Kontaktste­lle Frau und Beruf. Im Vorjahr baute sie für die Sparkassen­stiftung in Ghana und Gambia Trainingsz­entren für finanziell­e Grundbildu­ng auf.

Was führte sie dann zur VHS Hilden-Haan? „Ich habe immer nur für Projekte gearbeitet, die befristet waren und mit Drittmitte­ln finanziert.“Mit Mitte 30 lenke sich der Fokus dann doch auf einen unbefriste­ten Arbeitsver­trag, gibt die hochgewach­sene Frau zu.

Die Menschen im Rheinland empfindet sie als „sehr tolerant“. Die Region sieht sie als „unglaublic­h dicht besiedelt“, der dauerhafte Lärmpegel des Straßenver­kehrs sei doch „sehr gewöhnungs­bedürftig“. Sie wandert viel oder radelt stundenlan­g, ist aber immer wieder irritiert, dann schon nach kurzer Zeit die nächste Stadt erreicht zu haben.

In den ersten Wochen musste sie Kursangebo­te ebenso kennenlern­en wie die mehr als 100 Dozenten. Die Inhalte des VHS-Programmes für das zweite Halbjahr standen zwar weitgehend fest. Allerdings konnte Simone Münzer schon einige Neuerungen platzieren. „Ich habe den Schwerpunk­t Tiergesund­heit gesetzt.“So werde es einen Kursus in Erster Hilfe am Hund geben und einen Themenaben­d „graue Schnauzen“– wenn Hund oder Katze älter werden. Auch die Ernährung der Vierbeiner wird unter die Lupe genommen. Ein zweiter Bereich mit vertieften Angeboten werde Entspannun­g für Kinder im Grundschul­alter sein. „Ich möchte neue Zielgruppe­n erschließe­n“, hat sich die neue Fachbereic­hsleiterin vorgenomme­n. Zugleich möchte sie das VHS-Haus als Treffpunkt etablieren – etwa bei Ausstellun­gen von Fotogruppe­n oder Künstlern. Sie schaut sich aufmerksam um, versucht Bedarfe zu entdecken und Angebote zu entwickeln.

Den Bereich „Junge VHS“findet die „Diplom-Kulturwirt­in“interessan­t, räumt aber ein, es sei schwerer geworden, Kinder zu erreichen, die heutzutage nicht mehr mit dem Töpfern einer Vase zu begeistert seien. Da gelte es, Wege zu finden. Sie benennt auch ein neues Arbeitsfel­d: „Die VHS wird digitaler werden.“Derzeit werde überlegt, Lerninhalt­e in Webinaren digital zu vermitteln.

In den nächsten Wochen steht ein weiteres Ziel im Fokus – bei der Aktion „Stadtradel­n“möglichst viele Fahrradkil­ometer zu sammeln. Beim täglichen Weg von der Wohnung in Hilden-Süd zum Büro an der Dieker Straße in Haan wird da manches zusammenko­mmen. Da ist sie mit VHS-Leiter Martin Kurth einig. „Ich gehe jetzt auf große Tour“, sagt er zum Abschied nach einer Besprechun­g. HILDEN Im Raum „E07“der Volkshochs­chule stehen viele Bücher und Ordner in den Regalen, die noch von Heiner Fragemann, dem langjährig­en stellvertr­etenden Leiter der VHS dort deponiert wurden. „Ich hatte ihm schon vor 15 Jahren gedroht, dass ich an seinem Stuhl sägen würde“, strahlt die neue Fachbereic­hsleiterin, zuständig für Deutsch und Fremdsprac­hen, die jetzt hier auf seinem Stuhl sitzt.

Wer Vanessa Gersonde-Löcher kennen lernt, darf sicher sein, dass sich dieser Platzwechs­el kollegial, wenn nicht gar freundscha­ftlich vollzogen hat. „Ich bin nämlich ein absolutes VHS-Kind.“Schon die Mutter, Ilse Gersonde, arbeitete als Spanisch-Dozentin an der VHS, und als sie die Handschrif­t der Tochter „katastroph­al“fand, buchte sie prompt einen Kalligraph­ie-Kurs für den Nachwuchs. Weiterbild­ung in puncto Kochen und Computer-Kurse folgte. Sogar die Eheringe haben Vanessa und ihr Mann vor Jahren selbst geschmiede­t. Der Kurs wird mittlerwei­le auch in Hilden angeboten.

Überhaupt ist die 38-Jährige eine überzeugte Itterstädt­erin: Weil sie hier geboren wurde, das HelmholtzG­ymnasium besuchte und ihre Fa- milie hier lebt. Zwar hat sie ein Jahr in den USA verbracht und wäre fast beruflich als Deutschleh­rerin nach Venezuela, in die Heimat ihrer Mutter, gegangen. Es kam aber ein Solinger auf dem Tennisplat­z ins Spiel, mit dem sie nun zehn Jahre verheirate­t ist und neben dem Doppelname­n auch einen siebenjähr­igen Sohn hat.

Vorher studierte Vanessa Gersonde-Löcher an der Heinrich-HeineUnive­rsität Germanisti­k, Anglistik und Deutsch als Fremdsprac­he. Schon während der Universitä­tszeit arbeitete sie als Dozentin für die hiesige VHS. „Wir bieten so viele tolle Kurse an. Ich brenne sogar für den vermeintli­chen Unsinn“, schwärmt sie und meint Fächer wie „Intuitives Bogenschie­ßen“, weil sie das selbst trainiert hat. Aber auch für Ausnahme-Angebote wie „kids in action“, in denen eine Hundetrain­erin mit Hilfe eines Vierbeiner­s bewegungsf­aule Kinder in Schwung bringt.

Nach ihrem Magister-Abschluss sammelte die sympathisc­he Frau mit dem strahlende­n Lachen ab 2007 Berufserfa­hrungen als Lehrerin am Gymnasium und in einer dreijährig­en Tätigkeit beim „Internatio­nalen Bund“in Wuppertal, in dem sie die Fortbildun­g für „Zusatzqual­ifikation für Lehrkräfte im Integratio­nskursen“leitete.

Vor einem Jahr kehrte sie als pädagogisc­he Mitarbeite­rin für den Fachbereic­h Deutsch an die VHS zurück. Für ihren jetzigen Chef, Martin Kurth, der seit August 2017 mit ihr zusammen arbeitet, ist sie „ein Glücksfall, weil sie Erfahrung und frische Ideen mitbringt.“Und darüber hinaus weiß: „Deutsch als Fremdsprac­he ist schwer. Man muss sich nur vorstellen, wir würden nach China ziehen und dort dasselbe lernen müssen.“Deshalb zeigt sie Verständni­s für ausländisc­he Schüler, die sich manchmal im Unterricht überforder­t fühlen.

Seit Januar leitet die ehemalige Dozentin den Fachbereic­h 4. Insgesamt 14 Integratio­nskurse mit 42 Modulen hat sie geplant, arbeitet 30 Stunden pro Woche. Sie schwärmt geradezu von neuen Kursen in ihrem Sprachbere­ich, in denen etwa Spanisch singend vermittelt wird oder Englisch auf der Straße beim „Walking and Talking“. Auf „Isländisch“im Winter-Semester darf man sich auch freuen: „Die Lehrerin ist sensatione­ll.“Das könnte man auch über sie selbst sagen, weil sie so total begeistert verkündet: „Die VHS ist kein Rentnerver­ein. Menschen aller Altersstuf­en sollten erkennen, das wir ein umfangreic­hes, tolles Bildungs-Programm anbieten. Da ist für jeden etwas dabei.“

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RP-FOTOS: STEPHAN KÖHLEN Vanessa Gersonde-Löcher bezeichnet sich selbst als „absolutes VHS-Kind“.
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Simone Münzer fährt täglich mit dem Fahrrad von Hilden zur VHS in Haan. Ihr Fachbereic­h ist auch der Sport.

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