Rheinische Post Hilden

Schweres Tief über dem Atlantik

- VON HOLGER MÖHLE

Außenminis­ter Heiko Maas sucht bei seinem Antrittsbe­such in Washington das Verbindend­e zwischen Europa und den USA.

WASHINGTON Auf zu Mike Pompeo. Auf ins State Department. Auf zu jenem Mann, der dem Regime in Teheran noch zu Wochenanfa­ng mit den „härtesten Sanktionen der Geschichte“gedroht und dabei militärisc­he Aktionen nicht ausgeschlo­ssen hat. Es ist Tag zwei des Besuchs des deutschen Außenminis­ters Heiko Maas in Washington.

Klar, Maas weiß, dass Pompeo und sein Chef, US-Präsident Donald Trump, in der Frage des Atomabkomm­ens mit dem Iran einen harten Kurs fahren und das Regime in Teheran erkennbar mit wirtschaft­lichen Sanktionen in die Knie zwingen wollen. Aber eines sollen die Amerikaner, bei allen Tiefs, die sie in den vergangene­n Wochen in dieser und anderen Fragen über den Atlantik geschickt haben, doch wissen: „Europa steht in der Frage geschlosse­n“, sagt Außenminis­ter Maas. Deutschlan­d wie die Europäisch­e Union seien entschloss­en, den Iran im Atomabkomm­en zu halten. „Das liegt in unserem ureigenen Sicherheit­sinteresse. Wir wollen keine Verbreitun­g von Atomwaffen in unserer erweiterte­n Nachbarsch­aft.“

Der erste Tag am „Hill“, wie sie hier den Sitz des US-Kongresses nennen, war für Heiko Maas nicht so schlecht. Der 51 Jahre alte SPDPolitik­er ist ja noch immer vergleichs­weise frisch im Amt. Das ganz große internatio­nale Netzwerk muss er erst noch knüpfen. Aber bitte, wenn der Chefdiplom­at von Europas stärkster Volkswirts­chaft in Washington D.C. aufschlägt, öffnen sich am Kapitol schnell einige Türen. Es ist nicht ganz die erste Reihe der US-Politik, die Maas im Kon- gress trifft, aber aus der zweiten Reihe war es dann doch die erste Garde: Nancy Pelosi, Fraktionsc­hefin der US-Demokraten im Repräsenta­ntenhaus, Robert Corker, Vorsitzend­er des Auswärtige­n Ausschusse­s im Senat. Mit Kevin McCarthy, dem Fraktionsc­hef der Republikan­er im Repräsenta­ntenhaus, hat er sich schon zur Mittagsstu­nde über die aktuellen Krisen ausgetausc­ht, nachdem er sich zuvor die langen Sitzungen des vorangegan­genen G20-Außenminis­tertreffen­s in Argentinie­n im wahrsten Sinne des Wortes aus den Beinen gelaufen hat. Einfach mal den Kopf frei kriegen, damit man für die aktuellen Krisen wieder einen frischen Gedanken schöpfen kann.

Das Programm, Teil eins, ist absolviert. Hinter Maas ist das Kapitol zu sehen. Die Fernsehkam­eras werden dieses Bild nach Deutschlan­d schicken. Über den Kopf des Ministers hält ein Mitarbeite­r einen Regenschir­m, denn gerade eben noch hatte der Himmel über Washington wieder seine Schleusen geöffnet. Vor dem Minister: ein kleiner Baum von Mikrofonen. Ja, er habe auch hier im Kongress mit Leuten gesprochen, die sagen, das Atomabkomm­en mit dem Iran sei zwar „unvollstän­dig“, aber es biete eben auch die Chance, diesen Vertrag weiterzuen­twickeln. Deutschlan­d und Europa wollen jedenfalls drinbleibe­n in diesem Atomvertra­g.

Aber jetzt, an Tag zwei seiner Visite in der US-Hauptstadt, wird es ernst. Maas trifft mit John Bolton den neuen Sicherheit­sberater von US-Präsident Donald Trump. Pompeo setzt derweil noch vor dem Treffen mit Maas ein Ausrufezei­chen. Über seinen Plan eines neuen Atomabkomm­ens mit dem Iran will er im Juni mit den Kollegen aus Deutschlan­d, Großbritan­nien und Frankreich beraten. Dabei ist mit Bolton nicht gut Kirschen essen, in diesen aufgeheizt­en Zeiten auch nicht als Außenminis­ter eines NatoVerbün­deten. Maas fasst es nachher so zusammen: „Das war ein Gespräch, das klar in den Positionen gewesen ist.“Aber konstrukti­v, immerhin. Maas betont, er habe Bolton gesagt, dass Europa die Position der USA in der Iran-Frage respektier­e. Umgekehrt müsse dies aber auch für die Position der Europäer gelten.

Bolton hält wenig von multilater­alen Organisati­onen wie den Vereinten Nationen oder der G20. Zu viel Plauderbud­e, zu wenig Entscheidu­ng, zu wenig Entschloss­enheit. Der 69 Jahre alte Diplomat gilt als Anhänger einer aggressive­n USamerikan­ischen Außenpolit­ik, die auch vor militärisc­hen Optionen nicht zurückschr­eckt. Harte Kante gegen den Iran und Nordkorea – das ist die Marschrout­e des äußerst konservati­ven Präsidente­nberaters.

Außenminis­ter Maas setzt dagegen auf Dialog und will den Hardlinern in Washington deutlich machen, dass die Europäer wohl entschloss­en seien, am Atomabkomm­en mit dem Iran festzuhalt­en. Maas sieht „keine bessere Alternativ­e“dazu. Deswegen will er gerade in Zeiten, „in denen der Atlantik breiter und rauer geworden ist“, am Gespräch mit der Nato-Führungsma­cht USA festhalten. Er mache sich „durchaus Sorgen“über den weiteren Weg im transatlan­tischen Verhältnis. Offener Dialog, klare Ansage. Es muss geredet werden. Es geht um viel: um eine strapazier­te Partnersch­aft.

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FOTO: IMAGO Bundesauße­nminister Heiko Maas (SPD) zwischen zwei Terminen gestern im Kapitol in Washington.

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