Rheinische Post Hilden

Der Bankverein hatte mit Geld nichts am Hut

- VON SABINE MAGUIRE

In Mettmann gab es einen Verein betagter Männer, der sich regelmäßig auf dem Jubiläumsp­latz traf. Dort nahmen die Mitglieder auf Bänken Platz. Nur deshalb gab’s den Namen Bankverein.

METTMANN Männer, die auf Bänken sitzen? Und dann gründen die auch noch einen Verein? Auf den ersten Blick ist der „Mettmanner Bankverein“allenfalls ein Kuriosum. Wäre dieses wunderbare Foto der Altherrenr­iege, auf dem Jubiläumsp­latz sitzend, nicht längst legendär – man würde beim Bankverein vermutlich an Geld und Immobilien denken. Also an reiche Honoratior­en, die in ihren Bankschlie­ßfächern herumkrame­n. Oder an einen Debattierc­lub über Aktiengesc­häfte.

Die Herren vom „Mettmanner Bankverein“hingegen kamen nur mit Gehstock und feinem Ausgehzwir­n. Eilig scheinen sie es nicht gehabt zu haben und vermutlich gab es nach der Vereinsgrü­ndung im Jahre 1945 auch nicht nur heitere Themen. Ihren Verein hatten sie kurzerhand nach dem Ort benannt, an dem man sich regelmäßig zu den Vereinssit­zungen traf.

„Wenn das Wetter schlecht war, setzte man sich ins Parkhaus zum Heinrich Norbisrath, trank dort sein Dünnbier und zog auch schon mal verstohlen eine Flasche Selbstgebr­annten aus der Tasche“, erinnerte sich Aulen-Baas Helmut Kreil einst an den Mettmanner Bankverein.

Weil es sich die ehrenwerte­n Herren nun mal zur Gewohnheit gemacht hatten, ihren Ehefrauen zuhause Ruhe zu gönnen, musste schon bald ein Problem gelöst werden. Im Sommer mag es ja gemütlich sein auf einer Parkbank unter freiem Himmel. Aber was sollte man im Winter tun? Immer nur im Parkhaus sitzen? Das schien keine Lösung zu sein. Die Stadtverwa­ltung mühte sich deshalb redlich um beheizte Unterkünft­e und schuf im Winter die ersten Wärmestube­n in der Schreinere­i Ramlow und im damaligen Arbeitsamt.

Die älteren Herren mit dem „griesen Hoor“tauschten die Bänke auf dem Jubi mit dem warmen Platz am Ofen. Zu den Anstoß erregenden Rauchgewoh­nheiten der Vereinsmit­glieder schrieb Helmut Kreil: „Was war das für ein Kraut, das da geraucht wurde. Eini- ge der „Bankler“hatten Tabakpflan­zen in ihrem Garten angebaut. Sehen konnte man jedenfalls nichts, denn der beißende Qualm trieb einem sofort die Tränen in die Augen“.

Da die Tabak-Trocknungs­prozedur zu viel Zeit in Anspruch nahm, wurde zu diesem Zweck eine alte Kochplatte bemüht. Das alles wurde den Mitarbeite­rn im Arbeitsamt zu viel, und so zog der Bankverein in die „Benninghov­er Mühle“um. Später folgten unter anderem noch Quartiere in der Lutterbeck­er Strasse und unter dem Dach des DRK in der Bahnstraße.

Das Deutsche Rote Kreuz richtete dort eine Altentages­stätte ein, die nicht nur für die ausschließ­lich männlichen Mitstreite­r des Bankverein­s, sondern auch für Frauen die Türen öffnete. Als dann gar eine Gemeinscha­ftsveranst­altung geplant war, soll Bankverein­smitglied Willi Hülssiepen dem Baas der Aulen sein Leid geklagt haben. „Jetzt fangen die noch mit den Weibern an, das ist nicht mehr der Bankverein von früher.“

Fünf Jahrzehnte gingen vom Bankverein viele Impulse für die Mettmanner Senioren aus. Dabei saßen die Herren längst nicht mehr nur auf Bänken, sondern reisten durch die Lande, um sich gemeinsam so allerlei anzuschaue­n. Im Jahre 1995 feierten sie noch ihr Jubiläum – seither ist es ruhig geworden um die „Bankler“.

Übrigens: Was die Mettmanner Vereinsmei­erei betrifft, so gab es auch noch den Zigarrenab­schnittsVe­rein, schlicht „Stümmelsve­rein“genannt. Der damalige Sparkassen­rendant ließ es sich als Vorsitzend­er nicht nehmen, auf der Suche nach Tabakreste­n gemeinsam mit seinen honorigen Mitstreite­rn durch die Mettmanner Zigarren-Geschäfte zu tingeln.

Die gesammelte­n Stümmel wurden verkauft, um von den Erlösen Weihnachts­päckchen für Kinder aus bedürftige­n Mettmanner Familien zu packen. Natürlich traf man sich auch zum Stammtisch in der Brauerei Feger. Schließlic­h musste das Ganze ja auch irgendwie organisier­t werden.

Die Herren vom „Mettmanner Bankverein“hingegen kamen nur mit Gehstock und feinem Ausgehzwir­n.

Helmut Kreil

 ?? FOTO: STADTARCHI­V ?? Auf Bänken unter den Kastanien auf dem Jubi traf sich der Mettmanner Bankverein, eine Aufnahme aus dem Jahr 1959.
FOTO: STADTARCHI­V Auf Bänken unter den Kastanien auf dem Jubi traf sich der Mettmanner Bankverein, eine Aufnahme aus dem Jahr 1959.

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