Rheinische Post Hilden

Kleine Modefotogr­afen im Museum

- VON ALEXANDER CARLE

Die historisch­e Kornbrenne­rei des Wilhelm-Fabry-Museums war die Location für einen besonderen Workshop.

HILDEN Juna ist elf Jahre alt und möchte als Erwachsene in den Kunstberei­ch einsteigen – am liebsten als Fotografin. Mit der Spiegelref­lexkamera ihrer Mutter kann sie gut umgehen: „Ich fotografie­re seit zwei Jahren mit ihr“, sagt die Schülerin aus Hilden, „und mir gefällt die Möglichkei­t, vielfältig­e Einstellun­gen vorzunehme­n“. Juna schießt am liebsten Fotos von abstrakten Formen. Hauptsache, man kann die Gegenständ­e nicht auf Anrieb identifizi­eren. Und ist der Hintergrun­d verschwomm­en und nur ein Detail im Vordergrun­d scharf gestellt, dringt ihr kreatives Wesen nach außen.

„Kinder haben meistens keine Angst, große teure Kameras in die Hände zu nehmen“, erklärt Michael Ebert. Gemeinsam mit seiner Frau Sandra Abend hält er Workshops in Fotodidakt­ik ab. Besonders gerne für Kinder, besonders gerne an interessan­ten Schauplätz­en. Im Rahmen des Landesprog­ramms „Kulturruck­sack“hat sich das Künstlerpa­ar eine besondere Fotosessio­n ausgedacht: Modefotogr­afie in der alten Brennerei des Wilhelm-FabryMuseu­ms. Zu dem Fotoworksh­op sind neben Juna auch Lotta und Madeleine (beide 11) und die zehnjährig­e Hilma hergekomme­n. Die vier Mädels haben Kameras mitgebrach­t und aus ihren Kleidersch­ränken die besten Stücke rausgesuch­t. Doch bevor es losgeht, bauen Sandra Abend und Michael Ebert einen Beamer auf und zeigen eine Präsentati­on. In ihr wird deutlich gemacht, wir uralt das Phänomen der Mode eigentlich ist. Michael Ebert zeigt historisch­e Fotos und Gemälde. Sie heben hervor, wie Kleidung für politische Zwecke eingesetzt wurde, wie der freie Markt Mode für sich entdecke und wie aus Kleidung allmählich mehr wurde, als Stücke aus Stoff: Markenklei­dung mit identitäts­stiftendem Wert, immer ein Spagat zwischen Selbstverw­irklichung und Kommerzdru­ck. Eberts Fazit nach der Bilderstre­cke: „Modefotogr­afie gibt es, seit die Foto- grafie an sich existiert. Sie sind kaum voneinande­r zu trennen“. Jetzt geht es hinüber in die historisch­e Brennerei. Die Session ist so vorgesehen, dass die Mädchen sich gegenseiti­g fotografie­ren und sich in der abwechslun­gsreichen und verwinkelt­en Brennerei gekonnt in Szene setzen. Einzeln stellen sie sich zwischen zwei der grünen Holzfässer oder sitzen lässig auf der engen Treppe, die ins Dachgescho­ss führt. Ein sehr gelungenes Motiv zeigt Lotta, wie sie im Erdgeschos­s in der Verwaltung­secke mit den Karteien und Papieren steht und für die Kamera über die Schulter blickt. „Wie eine Wissenscha­ftlerin“, lacht Sandra Abend. Das passt gut, denn Lotta möchte einmal Ärztin werden. Sie trägt gerne Kleidungss­tücke mit Blumenmust­ern, die einen ländlichen Charme versprühen.

„Diese Brennerei ist einfach eine wunderbare Location“, meint Sandra Abend: „All die Maschinen, das Kesselhaus, die Backsteinw­ände und draußen die efeubewach­senen Fassaden machen Laune zum Fotografie­ren“. Die Brennerei bietet auch viele Motive, an denen Juna Gefallen findet: Handkurbel­n und Eisenstang­en. Aber der Kontrast von Düsternis und einem weiß-pink gestreifte­m Sommerklei­d gibt auch sehr viel her. Madeleine hat sich in Schale geworfen und posiert für Juna vor der Kamera. Fotograf Michael Ebert steht in der Nähe, gibt Tipps und erklärt die eine oder andere Finesse der Spiegelref­lexkamera. Sandra Abend hat mit ihrem Mann schon einmal einen Fotoworksh­op mit Kindern in der Brennerei veranstalt­et, mit Kinderarbe­it zum Thema: „Die Kinderarbe­it wurde Anfang des 20. Jahrhunder­ts mitunter darum beendet, weil der Fotograf Lewis Hine dagegen kämpfte, indem er Kinder an ihren unmenschli­chen Arbeitsstä­tten fotografie­rt hatte.“

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RP-FOTO: KÖHLEN Fotoaktion in der alten Brennerei des Wilhelm-Fabry-Museums: Madelaine (11) aus Hilden vor Junas Kamera.

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