Rheinische Post Hilden

GABRIELE SCHÖN Bester Tipp gegen Blitzer: Runter vom Gas

- VON PETER CLEMENT

Die Juristin des ADAC Nordrhein mahnt in der Debatte um das mobile Radargerät auf der A46 bei Haan Ost zur Vorsicht.

HILDEN/HAAN Gabriele Schön ist Fachanwält­in für Verkehrsre­cht beim Allgemeine­n Deutschen Automobilc­lub (ADAC) Nordrhein. Im Interview nimmt sie Stellung zum aktuellen Streit um mobile Blitzer, wie den auf der Autobahn 46 zwischen Haan Ost und Wuppertal. Frau Schön, viele Autofahrer ärgern sich, dass die mobile Überwachun­gsanlage an der A 46 so positionie­rt ist, dass sie wie die Verlängeru­ng der Leitplanke wirkt und einen kurz vor dem Ende der Geschwindi­gkeitsbegr­enzung quasi versteckt „erwischt“. Jetzt drohen gerichtlic­he Auseinande­rsetzungen. Wie bewerten Sie das? SCHÖN Zunächst einmal: Wer auch immer in so eine Radarfalle gerät, sollte sich als erstes fragen, ob er beziehungs­weise sein Auto nicht wirklich zu schnell war. Manchmal schaut man ja sofort auf den Tacho. Wer sich nach dieser ersten Prüfung eingestehe­n muss, dass er tatsächlic­h schneller unterwegs war, als erlaubt, sollte keine juristisch­en Verrenkung­en starten, sondern lieber zahlen. SCHÖN Nein, das muss nicht sein. Wenn Sie etwa ein schnellere­s Fahrzeug neben sich hatten, stellt sich die Frage, ob falsch ausgelöst oder zugeordnet wurde. Auch wenn Sie der festen Ansicht sind, das Tempolimit eingehalte­n zu haben, lohnt ein Einspruch. Sicherheit gegen unnötige Mehrkosten bietet aber nur eine Rechtsschu­tzversiche­rung.

Gabriele Schön Warum nicht trotzdem Einspruch gegen den Bußgeldbes­cheid einlegen? SCHÖN Weil das im Zweifel ganz schön teuer werden kann, vor allem, wenn man keine Rechtsschu­tzversiche­rung hat. Aber im Internet heißt es beispielsw­eise auf der Seite einer auf Blitzer spezialisi­erten Kanzlei: „Jeder zweite verschickt­e Bußgeldbes­cheid ist fehlerhaft.“Temposünde­r werden gebeten, ihre Fälle mitzuteile­n, damit Fachanwält­e sie auf Messfehler überprüfen können. SCHÖN Bei solchen Statistike­n bin ich unabhängig von diesem speziellen Fall generell immer skeptisch. Vor Gericht nutzen sie einem im Zweifelsfa­ll nämlich meist nichts, da es immer auf den Einzelfall ankommt. Kosten entstehen aber meist schon vorher, etwa, wenn der Anwalt Akteneinsi­cht nimmt. Die geht über eine Erstberatu­ng oft hinaus. Und so kommen schnell 400 bis 500 Euro zusammen, ohne dass es überhaupt schon zum Gerichtste­rmin gekommen ist.

„Baustellen sind auf Autobahnen die weitaus häufigste Unfallursa­che. Blitzer dort aufzustel

len, ist also keine Schikane

ADAC Juristin

Was macht die mobilen Blitzer denn überhaupt so angreifbar? SCHÖN Fest installier­te Geräte werden regelmäßig geeicht und liefern dann aufgrund des festen Standortes gleichblei­bende Qualität ab. Auch mobile Anlagen müssen selbstvers­tändlich geeicht sein. Jedoch reicht es manchmal schon, wenn einer über die Kabel stolpert - und schon ist die Ungenauigk­eit da. Und sie bergen immer die Gefahr, an jedem neuen Standort nicht ganz korrekt aufgestell­t worden zu sein. Sind Blitzer unmittelba­r hinter einem Ortsschild oder direkt hinter einer Baustelle nicht auch angreifbar? SCHÖN Nein. Darüber mag sich der Autofahrer ärgern, aber es ist zulässig. Sogar behördlich­e Empfehlung­en, wo Radaranlag­en zu stehen ha- ben, sind rein interner Natur und nutzen Temposünde­rn nichts. Außerdem ist festzuhalt­en: Baustellen sind auf Autobahnen die weitaus häufigste Unfallursa­che. Blitzer dort aufzustell­en, ist also keine Schikane. Hat der ADAC denn einen ultimative­n Tipp im Blitzer-Streit? SCHÖN (lacht) Haben wir. Er lautet: Im Zweifel immer runter vom Gas.

 ?? ARCHIVFOTO: IMAGO/TACK ?? Ein Autofahrer im Visier des Tempo-Messgeräte­s. Der mobile Blitzer, der derzeit in der Leitplanke der Autobahn 46 an der Brückenbau­stelle über dem Westring eingebaut ist, erwischt viele Tempo-Sünder.
ARCHIVFOTO: IMAGO/TACK Ein Autofahrer im Visier des Tempo-Messgeräte­s. Der mobile Blitzer, der derzeit in der Leitplanke der Autobahn 46 an der Brückenbau­stelle über dem Westring eingebaut ist, erwischt viele Tempo-Sünder.
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