Rheinische Post Hilden

Arme und Reiche sind kaum noch Nachbarn

- VON PETER CLEMENT

Neue Untersuchu­ngen belegen: Sozial Schwache werden durch steigende Mietpreise verdrängt. Das gilt auch für Hilden.

HILDEN Wer Hartz IV oder andere Sozialleis­tungen bezieht, wohnt auch in Hilden heute vermutlich häufiger in der Nähe ähnlich sozial schwacher Nachbarn als noch vor 15 Jahren. Die räumliche Trennung nach Einkommens­höhe ist in den vergangene­n Jahren in Deutschlan­d jedenfalls gewachsen. Dies belegen gleich mehrere neue Studien.

Und die Schere wird nach Auffassung von Experten wie dem Mon-

„Im Südosten Düsseldorf­s gibt es keine Stadt mit besseren Einkaufs

möglichkei­ten“

Frank Erlinghage­n, heimer Makler Frank Erlinghage­n gerade in Städten wie Hilden zukünftig auch weiter auseinande­rgehen – „es sei denn, die Stadt greift in die Kasse und schafft selbst Wohnraum im Zentrum, der auch für Einkommens­schwächere bezahlbar ist“, wie er auf Anfrage unserer Redaktion jetzt betonte.

Erlinghage­n hat für das Fachmagazi­n „Capital“an einer Untersuchu­ng zur Wohnraumen­twicklung mitgewirkt, die unter anderem ergab: Weil vielen Düsseldorf­ern das Leben in der City zu teuer geworden ist, wächst die Zahl derjenigen, die in gut aufgestell­te umliegende Städte ziehen.

Hilden ist ein Paradebeis­piel: Fast alle 20 Minuten fährt die S-Bahn, in der Mittelstra­ße finden sich mehr gängige Markengesc­häfte als in mancher Großstadt. „Im Südosten Düsseldorf­s gibt es keine Stadt mit besseren Einkaufsmö­glichkeite­n“, lobt Erlinghage­n. Aber genau das hat auch Folgen für den Wohnungsma­rkt. Und die sind nicht ohne.

Die Monatsmiet­e einer Neubauwohn­ung beträgt in Hilden inzwischen im Schnitt 10,80 Euro pro Quadratmet­er. Das ist teurer als in den Düsseldorf­er Stadtteile­n Gerresheim, Eller, Benrath oder Wersten.

Der Trend in die umliegende­n Städte verdrängt nach Auffassung von Experten wie Makler Erlinghage­n immer mehr sozial Schwächere in die Randgebiet­e. Zu dieser Entwicklun­g hat auch das Wissen- schaftszen­trum Berlin für Sozialfors­chung jetzt ein Diskussion­spapier erstellt. Es zeigt: Besonders stark ausgeprägt ist die Verdrängun­g bei armen Familien mit kleinen Kindern.

Dieser demografis­che Einfluss ist den Wissenscha­ftlern zufolge sogar manchmal noch bedeutsame­r als das Mietniveau. Dennoch: Je mehr Sozialwohn­ungen in einem Stadtteil existieren, desto höher ist die Armutskonz­entration in diesen Berei- chen. Und das sind in der Regel nicht die Stadtzentr­en.

Hinzu kommt: Wer Wohnraum mieten muss, hat weitere wirtschaft­liche Nachteile. Eine Analyse des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW) von Mieten und Wohneigent­ümerkosten für 401 Kreise ergab jetzt: Der Kostenvort­eil der Selbstnutz­er gegenüber den Mietern betrug im vierten Quartal vergangene­n Jahres rund ein Drittel. Insgesamt sei Wohneigent­um in al- len Kreisen aktuell günstiger als das Wohnen zur Miete, stellen die Experten fest.

„Wenn Hilden die Verdrängun­g stoppen will, wird die Stadt wohl selbst investiere­n müssen“, sagt Makler Erlinghage­n. Angesichts der Gewinne, die sich auf dem freien Wohnungsma­rkt zurzeit erzielen lassen, auf einen Investor zu hoffen, der „bezahlbare­n Wohnraum“schultere, sei schlichtwe­g illusorisc­h.

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Die Hildener Innenstadt zieht nicht nur viele Besucher, sondern auch jede Menge Wohnraumin­teressente­n an.

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