1,4 Millionen Türken können wählen
Auch hierzulande stimmen die Türken über Parlament und Präsident ab.
BERLIN Die rund 1,4 Millionen in Deutschland lebenden Türken sind seit Donnerstag dazu aufgerufen, über die neue Zusammensetzung des türkischen Parlaments und über den Präsidenten abzustimmen. In der Türkei selbst wird die Wahl am 24. Juni stattfinden. Von dem Wahlrecht im Ausland machten bereits zahlreiche Türken Gebrauch – die Konsulate berichteten von hohem Andrang in den Wahllokalen. In Essen wird für die zahlreichen türkischen Staatsbürger im Ruhrgebiet sogar in einer Messehalle abgestimmt. Allein in NRW sind rund 500.000 Türken wahlberechtigt.
„Von den Türken in Deutschland werden vermutlich rund 50 Prozent zur Wahl gehen – wie auch bei vorangegangenen Wahlen“, sagte der Vorsitzende der Türkischen Gemeinde in Deutschland, Gökay Sofuoglu, unserer Redaktion. Für die Türkei selbst geht er hingegen von einer hohen Wahlbeteiligung aus. „Ich nehme eine Wechselstimmung wahr. Bislang ist es Erdogan nicht gelungen, seine vielfachen Wahlversprechen einzulösen“, sagte Sofuoglu. Der Präsident bekomme die Wirtschaftskrise nicht in den Griff. „Die Menschen wollen aber eine Politik, die ihre Lebenslage verbessert.“
Die in Deutschland lebenden Türken gelten mehrheitlich als Erdogan-Anhänger. Vor gut einem Jahr stimmten 63 Prozent für den Umbau der Türkei zu einem Präsidialsystem. Damals hatte der türki- sche Wahlkampf durch nicht erlaubte Auftritte türkischer Politiker auch in der deutschen Öffentlichkeit erhebliche Unruhe verursacht. Bislang ist die Stimmung weniger aufgeheizt. Wahlkampfauftritte türkischer Politiker sind untersagt; es gab bisher auch keine Versuche, dieses Verbot zu umgehen. Die Wahlen sind wichtig: Ein Wahlsieg Erdogans würde ihm durch das maßgeschneiderte autoritäre Präsidialsystem weitere Macht verschaffen.
Die Tragweite der Entscheidung motiviert auch die in Deutschland lebenden Türken. Sowohl die Regierungspartei AKP als auch die oppositionellen Parteien versuchen, ihre Anhänger hierzulande zu mobilisieren. Sie bieten beispielsweise Fahrdienste zu den Wahllokalen an.