Demenznetz gibt Angehörigen gute Tipps
Wird ein naher Verwandter „tüddelig“, tut schnelle Hilfe not. Rat gibt es beim Awo-Treff in Haan.
HAAN Rituale sind wichtig für Menschen, die an Demenz erkrankt sind: „Jemand, der kaum noch etwas aß und bereits auf 39 Kilo abgemagert war, ließ sich mit Vivaldi in die Küche locken. Erklang diese Musik, aß er und kam schnell wieder auf 59 Kilo“, erzählt Annelie Gilles. Und Ursula Krause von der Awo-Sozialstation weiß, wie man schweigsame Demente wieder zum Reden bekommt: Es gibt die „Damals“-Bücher, die gute Stichworte liefern.“Oder Schallplatten: Ein Patient habe bei Heintje immer mitgesungen, ein anderer konnte nur schlafen, wenn man ihm Socken fürs Bett anzog und so weiter. Helmut Taufer von der Hospizbewegung rät Angehörigen, sich auf die Ebene der Dementen zu begeben: “Also nicht drei Fragen kurz hintereinander stellen. Die Antworten kommen oft erst nach einer halben Stunde. Und: Die richti- gen Stichworte liefern. Ich kannte jemanden, dem zu ’Bauernhof’ nichts einfiel, aber wenn man ’Kaninchen’ sagte, erzählte er ganz präzise, wie man die hält, schlachtet, zubereitet...“Diese und andere Tipps halten die Experten im Demenznetzwerk für Angehörige bereit. Und mehr, denn auch die pflegenden Angehörigen selbst brauchen oft Hilfe: „Wenn Angehörige unentwegt reden, dann weiß ich schon Bescheid“, berichtet Annelie Gilles.Denen rate sie dann, in Kur zu fahren. „Ich habe Adressen, wo sie ihren dementen Angehörigen mitbringen können und wo sie hingefahren werden. Das sind nämlich die Totschlag-Argu- mente: ’Ich kann ihn/sie doch nicht alleine lassen und: Wie soll ich denn da hinkommen?’“
Bereits 2009 wurde das Demenznetzwerk Haan gegründet – im Rahmen des kreisweiten Projekts „Qualifizierungsoffensive Demenz“. Ziel war und ist es, die Situation von Menschen mit Demenz und deren Angehörigen in Haan nachhaltig zu verbessern. 400 gibt es aktuell in Haan, aber schon bald dürften es deutlich mehr sein. Bürgermeisterin Bettina Warecke weiß: „Wir sind die zweitälteste Stadt im Kreis.“Umso wichtiger sei es, beginnende Demenz rechtzeitig zu erkennen und frühzeitig Hilfe anzubieten. „Der Besuch beim Hausarzt reicht nicht.
Jutta Barz Nur ein Neurologe kann Demenz von anderen, ähnlichen Krankheiten unterscheiden und die richtige Diagnose stellen“, sagt Jutta Barz.
Wenn die tüdeligen Angehörigen nicht zum Arzt wollen – kein Problem: „Beim LKH Langenfeld gibt es Fachärzte, die auch Hausbesuche machen“, sagt Annelie Gilles.
Im Netzwerk Demenz wirken Vertreter verschiedener Einrichtungen mit, etwa die Awo-Sozialstation, die Hospiz- und Trauerbegleitung und die Stadt Haan. Letztere hat das Netzwerk gerade mit knapp 10.000 Euro für Personal- und Sachkosten unterstützt. Netzwerk-Sprecherin Jutta Weck gab gestern einen Überblick über die bisherigen Angebote des Netzwerks, um auf einen Demenz-Infotag im Oktober hinzuweisen, den pflegende Angehörige unbedingt wahrnehmen sollten. Er beginnt am 6. Oktober um 14 Uhr in der Aula des St. Josef Krankenhauses in Haan.
In Haan leben etwa 400 Menschen mit Demenz – Tendenz steigend.
Demenznetz Haan