Rheinische Post Hilden

Dem ADFC geht die Luft aus

- VON BERND ROSENBAUM UND CHRISTOPH SCHMIDT

Der Vorstand ist schwer zu erreichen. Beliebte Aktionen wie der Gebrauchtf­ahrrad-Markt oder Codier-Aktionen finden nicht mehr statt. Radler in Hilden haben – außerhalb des Rathauses – zurzeit keine starke Lobby. Das soll sich ändern.

HILDEN Tausende fahren in dieser Stadt Fahrrad – jeden Tag. Im Allgemeine­n Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Hilden hatten sie stets einen kompetente­n Ansprechpa­rtner und eine engagierte politische Interessen­vertretung. Sie überzeugte beispielsw­eise noch im Dezember die Politik, für Straßen NRW eine Ampel für den Überweg am S-Bahn-Halt Richrather Straße zu bauen. Der Landesbetr­ieb hatte die Stadt bereits seit acht Jahren vertröstet. Doch die Stimme der Radfahrer in Hilden außerhalb des Rathauses ist seit einigen Monaten verstummt, die Ortsgruppe praktisch nicht mehr wahrnehmba­r. Der Vorstand ist nur sehr schwer telefonisc­h oder per Mail erreichbar, eine Faxnummer oder eine Postadress­e gibt die Ortsgruppe auf ihrer Internetse­ite (www.adfc-nrw.de/kreisverba­ende/adfc-im-neanderlan­d/ortsgruppe­n/hilden.html) gar nicht erst an.

Radtouren, Codier-Aktionen oder Gebrauchtf­ahrradMärk­te (die zweimal im Jahr hunderte Hildener anzogen) finden nicht mehr statt – „mangels aktiver Mitglieder“steht auf der Internetse­ite. Der ADFC Hilden hat knapp 200 Mitglieder. Zur bisher letzten Jahresvers­ammlung im März 2017 kamen nur 15. Sprecher Georg Blanchot gab sein Amt auf eigenen Wunsch nach 30 Jahren im ADFC-Vorstand ab. Auch Sprecher Klaus de Leuw stand nicht mehr zur Verfügung. 19 Jahre hatte er dem Vorstand angehört. „Ich aktualisie­re aber hin und wieder noch die Webseite“, sagt de Leuw auf Anfrage. Zum neuen Sprecher wurde Norbert Hecht gewählt. „Wäre ich nicht angetreten, hätte sich die Ortsgruppe auflösen müssen“, sagt Hecht. Drei Monate später wurde er von seinem Arbeitgebe­r in die Nähe von Frankfurt am Main versetzt, so dass er seine Aufgaben als Sprecher aktuell „nur eingeschrä­nkt“wahrneh- men könne, wie er sagt.

Wie geht es nun weiter? Für die Arbeit vor Ort stünden nur wenige zur Verfügung, sagte Georg Blanchot: offenbar zu wenige. Kreisvorsi­tzender Bernd Zielke ist erst seit Ende Mai im Amt. „Ich hatte noch nicht viel Zeit zur Einarbeitu­ng“, sagt Zielke. Er wolle aber bald mit allen Ortsgruppe­n im Kreisverba­nd Mettmann Kontakt aufnehmen, kündigte er an. Auch im Kreisverba­nd gab es zunächst Probleme, einen neuen Vorstand zu bilden. Aber mit Zielke, der ursprüngli­ch Sprecher der Ortsgruppe Velbert ist, und seiner Stellvertr­eterin Ute Meyer, die zudem die Kreisverba­ndskasse betreut, soll es nun weitergehe­n. Als äußeres Zeichen hat sich der Kreisverba­nd Mettmann kürzlich in „ADFC im Neanderlan­d“umbenannt und damit eine neue Identität angenommen. Ein Signal, das auch auf Landeseben­e angekommen ist. „Der Landesverb­and freut sich über den Neustart dieser Gliederung und wünscht ihr viel Erfolg“, betont die stellvertr­etende NRW-Geschäftsf­ührerin Isabelle Klarenaar.

Der ADFC-Kreisverba­nd und die Ortsgruppe Hilden haben in der Vergangenh­eit häufig heftig gestritten. Der Kreisverba­nd sah sich eher als Fahrrad-Touristik-Verband, die Ortsgruppe Hilden eher als politische Interessen­vertretung für Radfahrer in Hilden. „Radfahrer brauchen eine eigene Spur auf der Straße“, fordert Georg Blanchot schon seit vielen Jahren. Bei Rat und Ver- waltung habe der ADFC häufig kein Gehör gefunden. Blanchot spricht von „Unwillen“: Das klingt frustriert. 178 Hildener haben bei der ADFC-Fahrrad-Klima-Umfrage im vergangene­n Jahr mitgemacht. Im deutschlan­dweiten Test erhielt Hilden die Note 3,7 (2014: 3,5). Mit Rang 36 von 98 Städten liege Hilden immer noch über dem Durchschni­tt, kommentier­t Stadtplane­r Lutz Groll, Nahverkehr­sexperte im Hildener Rathaus. Er findet den Zustand des ADFC Hilden bedauerlic­h: „Der ADFC hat viel dazu beigetrage­n, Fahrradfah­ren in Hilden populär zu machen. Ohne ihn fehlt ein lebendiger Teil der gelebten Fahrrad-Kultur in Hilden.“

Allen Streitigke­iten der Vergangenh­eit zum Trotz wollen Kreisverba­nd und Ortsgruppe zukünftig intensiver zusammenar­beiten, kündigt Norbert Hecht an: „Beim Kreisverba­nd bilden sich zurzeit neue Arbeitsgru­ppen für verschiede­ne Bereiche wie Codier-Aktionen oder Radtouren.“Diese sollen die Tätigkeite­n vor Ort koordinier­en, damit es auch in Hilden bald wieder die Möglichkei­t gibt, an Ausflügen teilzunehm­en oder sein Rad als Diebstahls­chutz registrier­en zu lassen.

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FOTO: JUMO Quo vadis, ADFC? Die Ortsgruppe Hilden will künftig enger mit dem Kreisverba­nd zusammenar­beiten.

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