Datenschutz: Lehrer greifen wieder zum Stift
Eine neue Dienstanweisung schreibt Lehrern vor, private Rechner besonders abzusichern. Viele weigern sich, Haftung zu übernehmen.
HILDEN/LANGENFELD Der Wirbel um die neue europäische DatenschutzGrundverordnung (DSGVO) hat sich bei fast allen Betroffenen wieder gelegt. Nur nicht bei Lehrern. Dort brodelt die Problematik Datenschutz munter weiter. Um zuhause ihre privaten Computer, Laptops und Smartphones für schulische Zwecke weiterhin nutzen zu können, sollen Pädagogen in NRW eine Vereinbarung mit der Schulleitung unterschreiben. Darin verpflichten sie sich, stets aktuelle Software- und Betriebssystem-Updates aufzuspielen, ihren Virenschutz auf dem neuesten Stand zu halten, gespeicherte Schülerdaten zuverlässig zu verschlüsseln und anderen Personen – z.B. Familienmitgliedern – den Zugang effektiv zu verwehren.
Das Problem: Unterschreiben die Lehrer die Vereinbarung, dann sind sie persönlich haftbar, wenn doch einmal eine Datenpanne auftreten sollte. Unterschreiben sie hingegen nicht und nutzen ihre Privatgeräte weiterhin für die Arbeit, kann dies dienstrechtliche Konsequenzen haben. Wollen sie ihre Privatrechner nicht mehr nutzen, müssten sie ihre Notizen wieder mit Papier und Bleistift machen – für viele ein immenser Mehraufwand.
In den Schulen herrscht die Ungewissheit. „In unserem Kollegium ist die Verunsicherung groß“, bestätigt die Leiterin der Grundschule am Elbsee, Christiane Gierke. Mit der neuen Dienstanweisung werde die Haftungsfrage von der Schulleitung auf den einzelnen Lehrer verschoben. Das sei den Kollegen bewusst und darum würden viele bisher auch nicht unterschreiben. „Ich mache da aber auch keinen Druck, das muss jeder für sich selbst entscheiden“, sagt Gierke.
Die pünktliche Zeugniserstellung zum Schuljahresende sieht Gierke indes nicht gefährdet, anders als einige ihrer Kollegen in Köln. „Davon sind wir weit entfernt“, versichert die Rektorin. Für die Zensuren werde an ihrer Schule das Programm „Easygrade“verwendet, das von den Lehrern weiterhin genutzt werden könne. Es sei auf vier vom Schulträger bereit gestellten Laptops installiert, die im Kollegium je nach persönlichem Bedarf herumgereicht würden.
Auch am Dietrich-BonhoefferGymnasium wird nicht mit Verzögerungen bei der Zeugniserstellung gerechnet. „Die Abläufe bei uns im Haus sind nicht gefährdet, sie verlaufen nach Plan“, bestätigt die stellvertretende Schulleiterin Petra Kammeier auf Anfrage. An der Bettine-von-Arnim-Gesamtschule für Hilden und Langenfeld geht man einen ganz pragmatischen Weg: Bis die von der Bezirksregierung angekündigten neuen Ausführungsbestimmungen kommen, läuft dort alles so wie bisher, erklärt die stellvertretende Leiterin Sabine Weiden. Heißt: Die Lehrer unterschreiben nicht, verwenden aber ihre privaten Rechner weiter. An der Gesamtschule gibt es zehn Computer für 130 Lehrer und Referendare. Das sei viel zu wenig. „Leider haben wir keine Dienstrechner, das würde uns helfen“, sagt Weiden.
Die Lehrer-Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) rät ihren Mitgliedern, in Lehrerkonferenzen über das Thema zu diskutieren und zusammen Lösungen zu finden. Es sei „ratsam, ein gemeinsames Datenschutzkonzept zu entwickeln, das mit den behördlichen Datenschutzbeauftragten abgestimmt wird“. Die GEW fordert, dass „digitale Medien – sowohl Software und Hardware – in ausreichender Zahl für die Beschäftigten kostenfrei zur Verfügung stehen und dass die Datensicherheit über die IT des Schulträgers gewährleistet ist“. Auch der Verband Bildung und Erziehung (VBE) in NRW setzt sich für mehr Dienstgeräte ein und fordert für die Nutzung von privaten Endgeräten „ein pragmatisches datenschutzkonformes Verfahren“. Eine allgemeine Verpflichtungserklärung zur Einhaltung des Datenschutzes müsse ausreichen.
Erledigen würden sich die Datenschutz-Probleme weitestgehend durch die Einführung der neuen Arbeitsplattform Logineo NRW (siehe Infokasten), die eigentlich schon längst laufen sollte. Doch technische Probleme verhinderten, dass das Portal wie geplant an den Start gehen konnte, wie das NRW-Schulministerium mitteilte. Wann Logineo NRW nun verfügbar ist, ist bislang noch unklar. Und auch die neuen Ausführungsbestimmungen der Bezirksregierung lassen auf sich warten. „Das Thema wird uns sicher noch eine Weile beschäftigen“, ist Sabine Weiden überzeugt.