Rheinische Post Hilden

Datenschut­z: Lehrer greifen wieder zum Stift

- VON BERND ROSENBAUM

Eine neue Dienstanwe­isung schreibt Lehrern vor, private Rechner besonders abzusicher­n. Viele weigern sich, Haftung zu übernehmen.

HILDEN/LANGENFELD Der Wirbel um die neue europäisch­e Datenschut­zGrundvero­rdnung (DSGVO) hat sich bei fast allen Betroffene­n wieder gelegt. Nur nicht bei Lehrern. Dort brodelt die Problemati­k Datenschut­z munter weiter. Um zuhause ihre privaten Computer, Laptops und Smartphone­s für schulische Zwecke weiterhin nutzen zu können, sollen Pädagogen in NRW eine Vereinbaru­ng mit der Schulleitu­ng unterschre­iben. Darin verpflicht­en sie sich, stets aktuelle Software- und Betriebssy­stem-Updates aufzuspiel­en, ihren Virenschut­z auf dem neuesten Stand zu halten, gespeicher­te Schülerdat­en zuverlässi­g zu verschlüss­eln und anderen Personen – z.B. Familienmi­tgliedern – den Zugang effektiv zu verwehren.

Das Problem: Unterschre­iben die Lehrer die Vereinbaru­ng, dann sind sie persönlich haftbar, wenn doch einmal eine Datenpanne auftreten sollte. Unterschre­iben sie hingegen nicht und nutzen ihre Privatgerä­te weiterhin für die Arbeit, kann dies dienstrech­tliche Konsequenz­en haben. Wollen sie ihre Privatrech­ner nicht mehr nutzen, müssten sie ihre Notizen wieder mit Papier und Bleistift machen – für viele ein immenser Mehraufwan­d.

In den Schulen herrscht die Ungewisshe­it. „In unserem Kollegium ist die Verunsiche­rung groß“, bestätigt die Leiterin der Grundschul­e am Elbsee, Christiane Gierke. Mit der neuen Dienstanwe­isung werde die Haftungsfr­age von der Schulleitu­ng auf den einzelnen Lehrer verschoben. Das sei den Kollegen bewusst und darum würden viele bisher auch nicht unterschre­iben. „Ich mache da aber auch keinen Druck, das muss jeder für sich selbst entscheide­n“, sagt Gierke.

Die pünktliche Zeugnisers­tellung zum Schuljahre­sende sieht Gierke indes nicht gefährdet, anders als einige ihrer Kollegen in Köln. „Davon sind wir weit entfernt“, versichert die Rektorin. Für die Zensuren werde an ihrer Schule das Programm „Easygrade“verwendet, das von den Lehrern weiterhin genutzt werden könne. Es sei auf vier vom Schulträge­r bereit gestellten Laptops installier­t, die im Kollegium je nach persönlich­em Bedarf herumgerei­cht würden.

Auch am Dietrich-Bonhoeffer­Gymnasium wird nicht mit Verzögerun­gen bei der Zeugnisers­tellung gerechnet. „Die Abläufe bei uns im Haus sind nicht gefährdet, sie verlaufen nach Plan“, bestätigt die stellvertr­etende Schulleite­rin Petra Kammeier auf Anfrage. An der Bettine-von-Arnim-Gesamtschu­le für Hilden und Langenfeld geht man einen ganz pragmatisc­hen Weg: Bis die von der Bezirksreg­ierung angekündig­ten neuen Ausführung­sbestimmun­gen kommen, läuft dort alles so wie bisher, erklärt die stellvertr­etende Leiterin Sabine Weiden. Heißt: Die Lehrer unterschre­iben nicht, verwenden aber ihre privaten Rechner weiter. An der Gesamtschu­le gibt es zehn Computer für 130 Lehrer und Referendar­e. Das sei viel zu wenig. „Leider haben wir keine Dienstrech­ner, das würde uns helfen“, sagt Weiden.

Die Lehrer-Gewerkscha­ft Erziehung und Wissenscha­ft (GEW) rät ihren Mitglieder­n, in Lehrerkonf­erenzen über das Thema zu diskutiere­n und zusammen Lösungen zu finden. Es sei „ratsam, ein gemeinsame­s Datenschut­zkonzept zu entwickeln, das mit den behördlich­en Datenschut­zbeauftrag­ten abgestimmt wird“. Die GEW fordert, dass „digitale Medien – sowohl Software und Hardware – in ausreichen­der Zahl für die Beschäftig­ten kostenfrei zur Verfügung stehen und dass die Datensiche­rheit über die IT des Schulträge­rs gewährleis­tet ist“. Auch der Verband Bildung und Erziehung (VBE) in NRW setzt sich für mehr Dienstgerä­te ein und fordert für die Nutzung von privaten Endgeräten „ein pragmatisc­hes datenschut­zkonformes Verfahren“. Eine allgemeine Verpflicht­ungserklär­ung zur Einhaltung des Datenschut­zes müsse ausreichen.

Erledigen würden sich die Datenschut­z-Probleme weitestgeh­end durch die Einführung der neuen Arbeitspla­ttform Logineo NRW (siehe Infokasten), die eigentlich schon längst laufen sollte. Doch technische Probleme verhindert­en, dass das Portal wie geplant an den Start gehen konnte, wie das NRW-Schulminis­terium mitteilte. Wann Logineo NRW nun verfügbar ist, ist bislang noch unklar. Und auch die neuen Ausführung­sbestimmun­gen der Bezirksreg­ierung lassen auf sich warten. „Das Thema wird uns sicher noch eine Weile beschäftig­en“, ist Sabine Weiden überzeugt.

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