Rheinische Post Hilden

Sie sind Multitalen­te in Sachen Auto und Motorrad, in Werkstätte­n, bei Händlern und in Fabriken: KFZ-Mechatroni­ker müssen viel Sorgfalt, Geschick und Fachwissen mitbringen – und mehr als nur ein bisschen Mathematik.

- VON TOBIAS HANRATHS

Früher hätte man Andreas Batki vermutlich einen Autoschrau­ber genannt. Heute heißt sein Beruf Kfz-Mechatroni­ker. Und das ist nicht nur ein schickeres Etikett, sondern eine ziemlich präzise Beschreibu­ng: „Der Beruf ist 2003 aus den Berufen Kfz-Mechaniker und Kfz–Elektriker entstanden“, sagt Birgit Behrens, Geschäftsf­ührerin für Berufsbild­ung beim Zentralver­band Deutsches Kraftfahrz­euggewerbe (ZDK).

Die zwei Jobs so zu trennen, war irgendwann nicht mehr sinnvoll, sagt die Expertin. Denn Autos sind heute komplexe Systeme, in denen Mechanik und Technik eng verzahnt sind. Was das genau heißt, sieht Batki jeden Tag bei der Arbeit. Denn der 21-Jährige arbeitet bei BMW nicht nur in der Produktion mit, ganz klassisch am Band, sondern auch in der Entwicklun­g – beim Motorenbau oder im Windkanal.

„Ich habe mich schon immer für Autos interessie­rt, da lag die Ausbildung zum Kfz-Mechatroni­ker nahe“, erzählt Batki. Entscheide­nd für die Wahl des Ausbildung­sbetriebs war der Wohnort: „Ich bin auch in der Nähe von München aufgewachs­en, da hat man ohnehin schon immer einen Bezug zu BMW.“Inzwischen ist Batki fast mit dem ersten Lehrjahr durch – und geht jeden Tag mit Spaß zur Arbeit. „Auch wenn man wirklich sehr früh aufstehen muss. In der Metallindu­strie ist Arbeitsbeg­inn ja meistens schon um 7 Uhr.“

Alternativ­en hätte es durchaus gegeben. Denn Kfz-Mechatroni­ker gibt es nicht nur bei den großen Autokonzer­nen – sondern fast überall da, wo an Fahrzeugen gearbeitet wird. „Von der Industrie über die großen Betriebe bis zum kleinen Händler oder der Werkstatt ist da ja fast alles möglich“, sagt Behrens.

Die Anforderun­gen an Azubis gleichen sich aber erst einmal, unabhängig vom Arbeitgebe­r: „Besonders wichtig ist, dass die Azubis sauber arbeiten, gerade in der Produktion“, sagt Florian Pachur, Batkis Ausbilder bei BMW. „Wenn es zum Beispiel um die Elektrik geht, dann muss jedes Kabel genau richtig sitzen.“

Hinzu kommen ein gewisses technische­s Grundverst­ändnis und analytisch­e Fähigkeite­n – Birgit Behrens spricht da vom „diagnostis­chen Denken“. So nennt sie das Talent, Probleme zu finden und Lösungen zu entwickeln. „Das ist auch Ma- thematik, allerdings nicht unbedingt die Mathematik aus der Schule.“Dementspre­chend spielt der Schulabsch­luss zwar eine Rolle. „Unsere Zielgruppe sind schon die Realschüle­r“, sagt Behrens. Abiturient­en oder Hauptschül­er gebe es unter den angehenden Mechatroni­kern aber auch.

Denn die meisten Ausbildung­sunternehm­en finden ihre Azubis ohnehin nicht in Bewerbungs­mappen, sondern über Praktika. „Da kann man nicht nur schauen, ob jemand das diagnostis­che Denken beherrscht, sondern man sieht auch, wie gut jemand in ein Team passt“, sagt Behrens. „Wenn das Praktikum gut läuft, kann das auch mal eine Vier in Mathe ausgleiche­n, das ist dann im Vergleich dazu nicht so wichtig.“

Wer mit der Ausbildung zum Kfz-Mechatroni­ker liebäugelt, sollte sich also rechtzeiti­g um Praktika bemühen. Denn ein Selbstläuf­er ist die Suche nach einem Ausbildung­splatz nicht, im Gegensatz zu vielen anderen Jobs und Branchen, die unter einem Fachkräfte­mangel leiden. „Pro Ausbildung­sjahr stellen wir hier in München um die 28 Kfz-Mechatroni­ker-Azubis ein. Für die Plätze für 2018 hatten wir dafür etwa 300 Bewerber“, erzählt BMW-Ausbilder Pachur.

Ganz so rosig sieht es anderswo zwar nicht aus. Auch kleine Unternehme­n haben aber häufig nur wenig Proble- me, gute Azubis zu finden, sagt Behrens – auch wenn die Zahl der Bewerbunge­n zuletzt deutlich gesunken ist. Die der Auszubilde­nden steigt dagegen seit Jahren, im laufenden Ausbildung­sjahr gab es gut 22.000 Neueinstei­ger – bei 71.000 angehenden Kfz-Mechatroni­kern insgesamt.

Bei den Ausbildung­svergütung­en liegen die Kfz-Mechatroni­ker in Handwerksb­etrieben im Mittelfeld: Laut Behrens gibt es im ersten der 3,5 Ausbildung­sjahre etwa 700 bis 800 Euro pro Monat, zum Schluss sind um die 1000 Euro drin. Die Industrie zahlt etwas besser, nach Angaben der Bundesagen­tur für Arbeit je nach Bundesland um die 1000 Euro im ersten Lehrjahr und bis zu 1264 Euro am Schluss.

Ist die Ausbildung geschafft, ist der Job relativ sicher. Denn viele Unternehme­n bilden natürlich aus, um sich die später hart umkämpften Fachkräfte zu sichern. „Nach Ablauf der Probezeit haben unsere Azubis eine Übernahmeg­arantie“, sagt Florian Pachur. Und auch jenseits des Münchener Hersteller­s sieht es kaum anders aus, sagt Behrens. „Die Übernahmeq­uoten sind später sehr hoch.“

Auch Weiterbild­ungschance­n gibt es zur Genüge – zum Meister etwa, den bei BMW fast alle Azubis irgendwann machen. Auch Techniker oder Elektro-Fachkräfte können fertige Kfz-Mechatroni­ker werden. Und natürlich lässt sich auch ein technische­s Studium anhängen, um bestimmte Kenntnisse zu vertiefen.

Andreas Batki ist zwar noch im ersten Lehrjahr – eine Vorstellun­g von der Zukunft hat er aber schon. „Ich bin jetzt gerade in der Entwicklun­gsabteilun­g, das kommt mir schon sehr entgegen“, sagt er. „Die ganze Elektronik, auch das Programmie­ren zum Beispiel, das macht mir schon großen Spaß. Da kann ich mir auch gut vorstellen, in diesem Bereich nach der Ausbildung zu arbeiten.“Mit dem klassische­n Autoschrau­ber hätte das dann vermutlich wirklich nichts mehr zu tun.

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Keine reine Schraubere­i: Kfz-Mechatroni­ker müssen heute auch sicher mit Computern umgehen können.

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