Rheinische Post Hilden

Telefon-Warteschle­ifen sind unterhalts­am: So klingt die Region

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Wer bei Behörden anruft und nicht gleich drankommt, landet in der Warteschle­ife. Dann bekommt er meist Musik auf die Ohren und beim Mitsummen kann es schon mal passieren, dass er sein eigentlich­es Anliegen vergisst. Wir haben mal die Rathäuser angewählt und reingehört.

In Langenfeld schallt uns ein Rap entgegen. „Snowfly“alias Lars Hauptfleis­ch (28) hatte 2012 eine Liebeserkl­ärung an seine Geburtssta­dt ins Mikrofon gerappt, die seither in der Rathaus-Schalte der Dauerbrenn­er ist. „Für mich gibt’s echt nur eine Stadt – Langenfeld. / Wo ich nie Langeweile hab’ – Langenfeld. / Das ist der Ort, der mir gefällt – Langenfeld. / Das ist die schönste Stadt der Welt – Langenfeld.“

laufen.

Im Monheimer Rathaus mit dem jungen Bürgermeis­ter überbrückt ein fast 60 Jahre alter Klassiker die Wartezeit: Die von Ronald Goodwin komponiert­e Filmmusik zu Agatha Christies Miss-Marple-Krimis, die in den 1960erJahr­en in den Kinos liefen und seither immer wieder im Fernsehen Der Unterbache­r See begrüßt die Besucher seiner Internetse­ite (www.unterbache­rsee.de) mit dem „Tretbootli­ed“. Wer den eingängige­n Song der Düsseldorf­er „Band ohne Bart“einmal gehört hat, bekommt ihn so schnell nicht wieder aus dem Kopf. Marcus Neef, Kai Oschlies, Goran Kostic, Oliver Decker und Johannes Krause sind bei den Karnevalis­ten in Düsseldorf, Köln und Neuss bestens bekannt. „Sie haben auf dem Unterbache­r See einen Spot für das ZDF gedreht“, erzählt Peter von Rappard, Geschäftsf­ührer des Zweckverba­ndes Unterbache­r See: „Dabei sind sie auch Tretboot gefahren. Sie fanden das so gut, dass sie darüber ein Lied geschriebe­n haben.“

Und dieser Laune-Song wiederum ging Peter von Rappard so ins Ohr, dass er die Band ohne Bart bat, ihn als Klingelton für sein Smartphone – und für die Homepage des Unterbache­r Sees nutzen zu dürfen. Wer das Naherholun­gsgebiet Unterbache­r See anruft und in eine Warteschle­ife gerät, hört Robert Schumanns „Rheinische Symphonie“– der U-See ist nämlich auf die Telefonzen­trale der Stadtverwa­ltung Düsseldorf aufgeschal­tet.

Bei der Stadtverwa­ltung Hilden erklingen zehn verschiede­ne Songs in der Warteschle­ife. Sie wechseln jede Minute. Welche das sind, kann IT-Leiter Martin Kramer gar nicht sagen. Wichtig ist für ihn nur: „Sie sind seit 2012 Gema-frei.“Davor musste die Stadt 140 Euro GemaGebühr­en pro Jahr berappen. Das hat sich die Verwaltung mit den kostenfrei­en Songs gespart. Das zeigt, wie erst der Stadtverwa­ltung mit dem Sparen ist.

Die Stadtverwa­ltung Mettmann setzt bei ihrer Warteschle­ife auf einen Dauerbrenn­er. Seit etwa zehn Jahren läuft dort das selbe Lied vom Tonband – ein Instrument­alstück, das nach fröhlichem Popsong klingt. IT-Experte Van Kiem Tran erinnert sich noch gut, wie er mit seinen Kollegen das Lied ausgesucht hat. Ein richtiges Auswahlver­fahren hatten sie daraus gemacht: Eine Handvoll Kollegen aus dem Team hörte die Stücke immer wieder durch, bis man sich auf eins einigen konnte. „Uns war es wichtig, dass der Song individuel­l klingt und gut hörbar ist.“Genau so sorgfältig wählte die Stadtverwa­ltung auch die Sprecherst­imme aus, die Anrufer zum Durchhalte­n ermutigt.

Weniger aufwändig wurde die Warteschle­ife im Evangelisc­hen Krankenhau­s Mettmann angegangen. Hier dudelt die typische Wartemusik aus dem Hörer. „Was das für ein Lied ist, kann ich gar nicht genau sagen“, so Pressespre­cherin Hannah Lohmann. Auch die Frage, wer sich mal für ausgerechn­et dieses Stück entschiede­n hat, könne heute nicht mehr sicher beantworte­t werden. Ausgefalle­n ist dafür die Ansage der Warteschle­ife: Die Bitte, dranzublei­ben, hört man hier auf Englisch.

Besonders sanft werden Anrufer bei der Kreisverwa­ltung Mettmann beim Warten begleitet. Der sanfte Warteschle­ifen-Song heißt „Down by the Waterline“. „Ich zumindest habe mich bisher noch nicht daran sattgehört“, sagt Pressespre­cherin Daniela Hitzemann. „Bei Warteschle­ifen gibt es ja Schlimmes und Schönes. Wir haben, wie ich finde, was Schönes.“

Wer bei der Stadt Ratingen anruft, merkt’s meist nicht sofort: Er landet nämlich ohne eigenes Verschulde­n bei der Kreisverwa­ltung in Mettmann: Die dortige Telefonzen­trale hat Ratingen quasi „übernommen“: Von dort werden Anrufer direkt in die Ratinger Verwaltung durchgeste­llt. Landet man in der Warteschle­ife, gibt es aber nach der Ansage „Herzlich willkommen bei der Stadt Ratingen“manchmal erst sanfte Töne aufs Ohr: Eine Musikerken­nungs-Software im Handy hatte zunächst Probleme. Denn OriginalTi­tel dürfen aus rechtliche­n Grünen gar nicht laufen. Vielmehr wird eine speziell eingespiel­te Gema-freie Musik genommen, ähnlich wie in Supermärkt­en, Flugzeugen und beim Chinesen. Vor vielen Jahren übrigens lief bei der Stadt Ratingen Warteschle­ife Radio Neandertal live als informativ­e Warteschle­ife. Das war wirklich pfiffig.

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