Rheinische Post Hilden

Schwarzfah­rer muss hinter Gitter

- VON SABINE MAGUIRE

Über 20 Mal ist der Haaner einschlägi­g vorbestraf­t. Weitere Anzeigen laufen.

HAAN Nach zehn Jahren war die Geduld der Justiz endgültig am Ende. Zwei Monate Freiheitse­ntzug: So lautete das Urteil gegen einen Haaner, der in diesem Zeitraum vier Bewährungs­strafen bekommen hatte. Er hätte gerne auch noch die fünfte Verurteilu­ng vom April zur Bewährung ausgesetzt bekommen und war gegen die vom Mettmanner Amtsgerich­t verhängte Freiheitss­trafe in Berufung gegangen. Der Berufungsr­ichter ließ jedoch nicht mit sich reden: „Sie sind mehr als 20 Mal einschlägi­g vorbestraf­t und die Sozialprog­nose ist schlecht. Wir können hier nichts für Sie tun.“

Vor Gericht stand der Haaner wegen Schwarzfah­rens. Und dass nicht nur einmal, sondern immer wieder. Besagte 20 Anzeigen waren seit 2008 von diversen Gerichten abgearbei- tet worden. Hinzu kamen etliche Verfehlung­en, die nicht zur Anzeige kamen. Wie oft der Angeklagte wirklich ohne Ticket unterwegs war, weiß nur er selbst. Nachdem er auf Drängen des Richters und auch seiner Bewährungs­helferin seine Berufung vor dem Wuppertale­r Landgerich­t zurückgeno­mmen hatte, stieg er schnurstra­cks in die Schwebebah­n. Mit Ticket? Fraglich!

Zuvor hatte er noch versucht, die Freiheitss­trafe abzuwenden. Er sei in psychiatri­scher Behandlung, wolle eine stationäre Therapie machen und habe dafür auch schon einen Termin. Da komme das mit dem Gefängnis gänzlich unpassend. Ob man denn nicht einige der anderen Bewährungs­strafen zu dieser Sache hinzuziehe­n können, um ihm dann zu erlauben, dass alles in einer sozialther­apeutische­n Einrichtun­g abzusitzen? Der Richter blieb hart, der Angeklagte hat seine Haftstrafe anzutreten. „Es ist nicht die Aufgabe des Gerichts, ihr Leben in Ordnung zu bringen“, ließ der Richter den Angeklagte­n wissen, gegen den noch weitere Verfahren wegen des gleichen Delikts laufen. Derart notorische Schwarzfah­rer belasten die Justiz. Zwar werden sie nur selten zu Haftstrafe­n verurteilt. Sie landen aber dennoch hinter Gittern, weil sie die Geldstrafe­n nicht bezahlen können. Hartz IV-Empfängern werden pro Hafttag 10 Euro Strafe erlassen, dafür kostet ihre Unterbring­ung den Steuerzahl­er jeden Tag bis zu 150 Euro. „Es gibt eine nennenswer­te Anzahl an Verfahren vor allem bei den Amtsgerich­ten, aber auch hier beim Landgerich­t“, weiß Pressespre­cher Arnim Kolat. Seitens der Landesregi­erung gebe es bereits Überlegung­en, das Schwarzfah­ren zu entkrimina­lisieren.

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