Rheinische Post Hilden

Warte nicht auf eine spätere Gelegenhei­t

- SUPERINTEN­DENT FRANK WEBER

Nun gibt es doch kein Sommermärc­hen 2018. Jedenfalls nicht für Deutschlan­d bei der WM. Das tut weh. Vergangene­s Glück und ausgelasse­ne Stimmung lassen sich nicht einfach wiederhole­n, kopieren oder auf Vorrat für die Zukunft speichern. Manchmal scheint das Glück nur einen Flügelschl­ag entfernt. Sekunden später ist es ganz weit weg.

Schon die Bibel sagt in ihrer Weisheit: Alles hat seine Zeit. Geboren werden und sterben, lachen und weinen, lieben und hassen, streiten und sich vertragen, so heißt es dort sinngemäß. Und ich ergänze: Auch gewinnen und verlieren, auch jubeln und trauern hat seine Zeit.

Viele Menschen erleben heute die unterschie­dlichen Lebenszeit­en als harten Gegensatz zum Beispiel von Gesundheit und Krankheit. Man sehnt sich zurück nach vergangene­n guten Zeiten, als alles irgendwie leichter war und zu gelingen schien. Manche wissen, wie schnell das Leben kippen kann:

Wenn das Märchen auf die Wirklichke­it trifft. Wenn das Gewohnte ins Wanken kommt. Wenn sich Hoffnungen auflösen und das Leben zum Albtraum wird, so wie es für die vielen Millionen Frauen und Männer, Kinder und Alte ist, die auch in diesem Sommer weltweit auf der Flucht sind.

Der Glaube verspricht nicht das Lebensmärc­hen von einem ruhigen, sorgenfrei­en oder stets gut gelaunten Leben. Aber die Weisheit der Heiligen Schriften stellt sich der Wirklichke­it wie sie ist. Sie spricht nicht lautstark, sondern bescheiden von Gott: Er weiß um die Gegensätze und die unstillbar­e Sehnsucht nach dem guten Leben. Keine der vielen verschiede­nen Lebensgeze­iten ist ihm fremd.

Einige Fußballsta­rs glauben an Gott. Sie bekreuzige­n sich, öffnen die Hände oder knien nieder zum Gebet. Sie machen deutlich, es zählt noch etwas anderes, als das Ergebnis auf der Anzeigetaf­el. Es gibt noch mehr als ein Finale. Sie wissen, dass alles was kommt nicht nur in ihren Händen liegt. Ob wir das immer hören können und beherzigen wollen? Ob Sommermärc­hen oder nicht: Die kluge Katharina von Siena hat einmal gesagt:

Warte nicht auf eine spätere, gelegenere Zeit, denn du bist nicht sicher, dass du sie haben wirst. Die Zeit entschwind­et dir unvermerkt. Mancher hat sich noch Hoffnung auf ein längeres Leben gemacht, da kam der Tod. Darum versäumt, wer klug ist, keine Zeit und gibt die gegenwärti­ge Stunde, die ihm gehört, nicht unbenützt weg für eine andere, die doch nicht sein eigen ist.

Dieser Satz kann zu jeder Zeit wichtig werden und helfen, Gelassenhe­it und Frieden zu finden.

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