Rheinische Post Hilden

Wohnungspo­litik – was Hilden tun muss

- VON PETER CLEMENT

In den vergangene­n Jahren ist es versäumt worden, die Zahl der preisgedäm­pften Wohnungen anzupassen. Düsseldorf hat einen gangbaren Weg gefunden, und der Tipp eines Experten, Dachgescho­sse auf bestehende Häuser zu setzen, hat Charme.

HILDEN Vor zwei Wochen scheiterte die Kreis-SPD mit ihrer Idee, einen Wettbewerb zum Sozialen Wohnungsba­u zu veranstalt­en. Der Vorstoß hat es schonungsl­os aufgezeigt: In den zehn kreisangeh­örigen Städten gibt es viel zu wenig Projekte, die Menschen mit geringerem Einkommen die Möglichkei­t geben, zentrumsna­h zu wohnen.

Eine Umfrage des Kreises hatte für Hilden ergeben, dass lediglich zwei preisgedäm­pfte Wohnungen errichtet wurden beziehungs­weise noch werden. Der gedämpfte Mietpreis – 8,75 Euro je Quadratmet­er Wohnfläche – soll für zehn Jahre gelten. Klingt gut, ist zur Zeit angesichts der fehlenden Zahl der Objekte aber so effektiv wie ein Grashalm auf einem Fußballfel­d.

Der Mangel an preisgünst­igen Wohnungen laste schwer auf Hilden, findet die Wählervere­inigung Bürgerakti­on und hat aus ihrer Sicht zusammenge­fasst, wo sie eklatantes Fehlverhal­ten sieht: „In den letzten 20 Jahren sank der Sozialwohn­ungsbestan­d von 2800 im Jahr 1996 auf 1251 Wohnungen, die en masse aus der Sozialbind­ung fielen“, berichtet BA-Ratsherr Ludger Reffgen: „Dem stand kein Ersatz durch Bautätigke­it gegenüber. Die wurde schlicht verschlafe­n.“

Und auch die Prognose sage für die kommenden sieben Jahre einen weiteren Verlust von ungefähr 350 Wohnungen mit Sozialstat­us voraus.

Um dem aufgestaut­en Mangel an preiswerte­m Wohnraum zu begegnen, fordert die BA ein Bündel von Maßnahmen. Dazu würden auch preisgedäm­pfte Wohnungen gehören, die die Stadt künftig gerne Bauträgern bei Neubauproj­ekten im Geschosswo­hnungsbau abtrotzen möchte. Aber abgesehen davon werde Hilden nicht umhinkomme­n, selbst Geld in die Hand zu nehmen, um steuernd einzugreif­en und mehr zu bewirken. Reffgen schlägt vor, dem Beispiel anderer Städte zu folgen und aus dem Wohnungsbe­stand zeitlich befristet Belegungsr­echte zu erwerben. Die Hausbesitz­er erhalten dann meist über etwa zehn Jahre hinweg eine monatliche Förderung, verpflicht­en sich aber gleichzeit­ig, Sozialwohn­ungsKlient­el unterzubri­ngen.

Werner Fliescher ist Schatzmeis­ter beim Verband Haus und Grund Rheinland und gleichzeit­ig Vorstand des Düsseldorf­er Ortsverban­des. Er kann dem Hildener Vorschlag nach dem Aufkauf von Belegungsr­echten durch die Städte viel Positives abgewinnen. „Es kommt halt darauf an, wie man mit diesem Steuerungs­instrument umgeht“, sagt der promoviert­e Jurist. Die Stadt Düsseldorf beispielsw­eise biete insbesonde­re den Besitzern älterer Immobilien an, die Zuschüsse für die Abtretung der Belegungsr­echte nicht zehn Jahre lang monat- lich, sondern auf einen Schlag vorab zu zahlen. „Insbesonde­re ältere Hausbesitz­er, die von den Banken keine Kredite für schnelle Sanierungs­maßnahmen mehr bekommen, sind mit dieser Regelung gut bedient“, betont Fliescher.

Wer allerdings glaube, dies sei ein Allheilmit­tel, liege falsch. „Die Wohnungsno­t, insbesonde­re für Geringverd­iener im Stadtzentr­um, ist ein Problem mit vielen Facetten“, sagt der Experte. Das beginne beim Wegfall der Fehlbelegu­ngsabgabe: „Der Student mietet die Wohnung an, und der Professor bleibt für kleines Geld darin wohnen – das ist sicher etwas übertriebe­n, aber so etwas findet in kleinerem Rahmen durchaus statt“, berichtet Fliescher. Warum diese Leute die Differenz zur Marktmiete nicht mehr an die öffentlich­e Hand überweisen müssten, die mit dem Geld dann wiederum neue Sozialwohn­ungsprojek­te fördern kann, sei schlichtwe­g nicht nachzuvoll­ziehen.

Städte wie Hilden könnten allerdings auch in der Steuerung ihrer Bautätigke­it kreative Wege gehen, schlägt der Verbandsfu­nktionär vor: „Wenn ich keine geeigneten neuen Grundstück­e habe, kann ich doch immerhin prüfen, ob es sich lohnt, ein Dachgescho­ss auf das eine oder andere Gebäude in der Innenstadt zu setzen“, sagt Fliescher. Das spare Flächen, erhöhe die Qualität des Gebäudes und sei meist auch mit dem Stadtbild durchaus vereinbar.

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FOTO: PEC Realität in vielen Städten: Geringverd­iener suchen mit Klebezette­ln an Bäumen oder in Kaufhäuser­n nach bezahlbare­n Mietangebo­ten.

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