Rheinische Post Hilden

Sperrpfost­en? Was wirklich sinnvoll wäre

- VON MICHAEL LANGENBERG­ER

Die Sperrung der Erkrather Straße bleibt bestehen. Das beschloss der Stadtrat in seiner Sitzung gestern Abend einstimmig.

HAAN Nach der Sitzung des Verkehrsau­sschusses titelte die Rheinische Post am 20. Juni „Sperrpfost­en haben sich bewährt“. Doch trifft das wirklich objektiv zu? Die Zahlen zu den Verkehrsst­römen des Gutachterb­üros Runge und Küchler aus dem Jahr 2014 sind weitgehend so eingetroff­en wie prognostiz­iert. Damals beleuchtet­e das Gutachten sieben Varianten zu Verkehrsbe­ruhigung der Erkrather Straße. Es bleibt wohl das Geheimnis der Politiker, was sie damals dazu veranlasst hat, sich ausgerechn­et für die Variante zu entscheide­n, die von den Experten wörtlich wie folgt beurteilt wurde. Zitat: „…Variante 3 bietet durch die Unterbrech­ung der Erkrather Straße die höchste Entlastung­swirkung für die Anlieger. Sie bedeutet jedoch gleichzeit­ig einen erhebliche­n Mehrverkeh­r im äußeren Straßennet­z durch die Umwegfahrt­en und in diesem Zusammenha­ng auch eine Verschlech­terung der Erreichbar­keit des Quartiers um die Erkrather Straße. Insbesonde­re für den Knotenpunk­t Flurstraße/Hochdahler Straße sind in erster Abschätzun­g Einschränk­ungen der Verkehrsqu­alität zu befürchten, da dieser (...) bereits als hoch ausgelaste­t gekennzeic­hnet wurde. Variante 3 sollte nicht umgesetzt werden…”

Wie schon 2014, fehlen auch diesmal harte Zahlen, was dieser „erhebliche Mehrverkeh­r” an mehr Fahrkilome­tern und an mehr Emissionen der Bewohner des Karrees Flur-, Hochdahler-, Düsseldorf­er- und Erkrather Straße bedeutet. Immerhin prognostiz­ierte das Gutachten da- mals rund 2800 Autos mehr auf der Düsseldorf­er Straße, plus 2600 auf der Hochdahler Straße, 1800 auf der Flurstraße und 800 mehr Autos auf der Bachstraße.

Eine ausgesproc­hen konservati­ve Hochrechnu­ng der mehr gefahrenen Kilometer und CO2-Emission: Gehen wir von einer mittleren Fahrstreck­e von rund drei Kilometer für diejenigen aus, die südlich wohnen und zur Autobahn wollen und umgekehrt die im nördlichen Teil des Karrees wohnen und nach Hilden wollen. Gäbe es nur rund 500 Pkw, die einmal pro Tag diesen Umweg von Zuhause zur Arbeit und wieder zurück machen, kämen täglich rund 3000 Kilometer und insgesamt jährlich 1.095.000 Mehrkilome­ter zusammen. Bei einem durchschni­ttlichen Spritverbr­auch von nur 6 Liter/100 Kilometer bedeutet das jährlich 65.700 Liter mehr an Sprit und einen zusätzlich­en Ausstoß von über 164 Tonnen CO2. Die Mehrkosten für die Anwohner, alleine an Sprit, rund 85.000 Euro pro Jahr oder 170 Euro pro Fahrzeug. Das ist nur eine Schätzung. Das im Gutachten erwähnte Mehr an Fahrzeugbe­wegungen, lässt weit höhere, reale Belastunge­n befürchten. Gutachten sollten komplett beauftragt werden und die gesamtgese­llschaftli­che Fragen wie den Umweltschu­tz unbedingt einschließ­en. Alleine eine eingetrete­ne, statistisc­he Prognose ist kein Garant, die beste Lösung gefunden zu haben. Vielleicht wäre es auch schon ein guter Anfang, dem Rat der beauftragt­en Experten zu folgen und nicht ausgerechn­et die Variante auszuwähle­n, von dem die Fachleute ausdrückli­ch abraten.

Auch ein Blick in frühere Unterlagen hilft. Schon 2006 war die versuchswe­ise Sperrung für zwei Monate in Höhe Sandbach nach wenigen Wochen und vielen Protesten wieder abgebroche­n worden. Vorher schon war die Straße wegen der Renovierun­g der Sandbach-Brücke Wie sind Ihre Erfahrunge­n mit der Sperrung der Erkrather Straße. Sollte die Durchfahrt – vielleicht nach vorliegend­en Empfehlung­en verändert – wieder ermöglicht werden? Schreiben Sie uns Ihre Meinung unter der E-Mail-Adresse „hilden@rheinische-post.de“ an genau gleicher Stelle lange Zeit gesperrt – und nachher wieder für den Verkehr freigegebe­n worden.

Auch moderne Technik ließe sich nutzen. Es reicht nicht, wenn man Google alleine herausfind­en lässt, dass eine Straße gesperrt ist. Eine solche Informatio­n muss aktiv von der Verwaltung an die zentralen Datenbanke­n der Navigation­sgeräteHer­steller gereicht werden. Da werden auch Hinweise zur „eingeschrä­nkten Befahrbark­eit” etwa von Anliegerst­raßen gerne eingearbei­tet. So wird dem navi-orientiert­en Autofahrer von vornherein der Weg über Hauptstraß­en gewiesen.

Die Verkehrsfü­hrung bedarf dringender Korrektur. Denkbar wäre die 2014 empfohlene Variante des Gutachtens: Unter dem Stichwort „Widerstand­serhöhung Erkrather Straße“waren folgende Schritte zusammenge­fasst: Zwischen Forstweg und Flurstraße sollte die Erkrather Straße „unechte Einbahnstr­aße“werden; mit Einfahrtve­rbot von der Flurstraße und nur Rechtsabbi­egen in Richtung Stadtmitte. Auf der geradlinig geführten Erkrather Straße sollten fünf Berliner Kissen das Tempo effektiv drosseln. Das hätte die Verkehrsve­rhältnisse weitgehend stabil gehalten.

 ?? RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN ?? Michael Langenberg­er findet, die Sperrpfost­en in der Erkrather Straße haben sich nur in Bezug auf den festen Stand im Boden bewährt. Die Verkehrsfü­hrung in Unterhaan müsse dringend verändert werden.
RP-FOTO: STEPHAN KÖHLEN Michael Langenberg­er findet, die Sperrpfost­en in der Erkrather Straße haben sich nur in Bezug auf den festen Stand im Boden bewährt. Die Verkehrsfü­hrung in Unterhaan müsse dringend verändert werden.
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