Wann kommen die Roboter?
Wer einen kleinen Ausblick in die Zukunft der privaten Sicherheitsfirmen haben will, fährt am besten dorthin, wo die halbe Welt ohnehin die meisten IT-Innovationen erwartet: in das kalifornische Silicon Valley. „Dort haben wir die ersten Roboter im Einsatz“, berichtet Daniel Schleimer. Roboter, die Aufgaben von Wachpersonal übernehmen, das ist in Deutschland derzeit noch eine Zukunftsvision. Zu Testzwecken hat Securitas Deutschland die ersten zwei Wachroboter schon bestellt. Der Geschäftsführer der Securitas NRW ist überzeugt: „Das wird auch hier in Deutschland kommen: Etwa die Hälfte der Dienstleistungen im Sicherheitsbereich, die heute mit Personal umgesetzt werden, werden in Zukunft durch technische Lösungen geleistet, teilweise auch mit Robotern!“
Beim Redaktionsbesuch zeigt der regionale Leiter von Securitas in Nordrhein-Westfalen auf, vor welchen Herausforderungen seine Branche steht. Er muss es wissen, zählt doch der schwedische Sicherheitsgigant mit über 343.000 Mitarbeitern weltweit (davon 21.500 in Deutschland) zu den erfahrensten und erfolgreichsten Sicherheitsdienstleistern. „Wir müssen allein schon deshalb mehr Technik einsetzen, weil auch diese Branche immer mehr Anreize setzen muss, um passendes Personal zu finden.“
Dafür sorgt auch die technische Entwicklung, die die Angreifer immer findiger werden lässt. Heute müssen SecuritasMitarbeiter nicht nur Personenkontrollen in Firmen und öffentlichen Gebäuden beherrschen, sie müssen sich auch mit ganz neuen Gefahren auseinandersetzen. „Die Abwehr von Drohnen etwa ist in den letzten Jahren zu einer neuen Herausforderung geworden“, erläutert der Geschäftsführer. So wollten in Hamburg Neugierige schon vor der Taufe eines Kreuzfahrtschiffes mit einer Drohnenkamera Bilder erhaschen – Securitas konnte hier schnell den „Piloten“ermitteln, zum Glück ein harmloser Fall. „Wir selbst haben Drohnen ebenfalls im Einsatz, etwa FeuerwehrDrohnen, um nach Opfern zu suchen oder den Brandherd zu lokalisieren.“
Drohnen, Roboter, KameraÜberwachung, Bodycam – unser Interview wird zeitweise stark von den neuen technischen Möglichkeiten beherrscht, die dem Sicherheitsdienstleister dazu dienen, in Zukunft noch effektiver für seine Kunden zu arbeiten. Aber Daniel Schleimer macht gleichzeitig deutlich, was ihm und dem Management besonders am Herzen liegt: gut ausgebildete Mitarbeiter zu finden und zu beschäftigen. „Die Rekrutierung von Personal ist eine Kernaufgabe.“
Das ist alles andere als einfach, denn in Sachen Image habe die Sicherheitsbranche in Deutschland durchaus Nachholbedarf, schränkt Schleimer ein: „In anderen europäischen Ländern und insbesondere in Skandinavien hat die Branche ein wesentlich positiveres Image.“Warum ist das so? Der Securitas-Geschäftsführer führt das vor allem auf die unterschiedlichen Marktverhältnisse zurück. Die Eintrittsbarrieren in Skandinavien für Sicherheitsfirmen sind hoch, die Mitarbeiter gut ausgebildet, sie verdienen dort dementsprechend gut.
Ganz anders die Situation in Deutschland. Daniel Schleimer verweist auf die über 5000 Sicherheitsunternehmen, die im Lande um Kunden buhlen. Es sind deshalb so viele, weil die Markteintrittshürden hierzulande lächerlich niedrig sind. Ein simpler IHK-Kurs (80 Stunden) reicht in der Regel schon aus, um ein Sicherheitsunternehmen gründen zu dürfen. Securitas, der Branchenverband BDSW und viele andere renommierte Anbieter wollen das ändern: „Wir wollen Mindeststandards für Sicherheitsdienste schaffen, um den Herausforderungen der Branche gerecht werden zu können.“Zwar gebe es seit fast zwei Jahrzehnten einen Ausbildungsberuf, aber die Nachfrage ist insgesamt gering. Außerdem achten viele Kunden in Deutschland bei der Auswahl des Sicherheitsunternehmens oft nur auf eines – auf den Preis.
Daniel Schleimer weiß jedoch, dass es beim Thema Sicherheit immer stärker auf die Kombination von Technik und Menschen sowie Qualität ankommt. Der Branchenriese investiert daher seit vielen Jahren stark in die Aus- und Weiterbildung. In Schwerin betreibt die Gruppe ein eigenes Ausbildungszentrum, hat zu verschiedenen Themen auch regionale Schwerpunkte gebildet. „In Hamburg etwa steht die Hafensicherheit stark im Vordergrund, die ganz andere Voraussetzungen hat als die Absicherung des Oktoberfestes in München“, erläutert der Manager.
Neben der Ausbildung baut Securitas die Weiterbildung aus, zum Beispiel zur „Geprüften Schutz- und Sicherheitskraft“. „Allein in NordrheinWestfalen haben wir in den letzten Monaten 60 neue Stellen mit dieser Qualifikation besetzt. Nur so können wir den steigenden Anforderungen des Marktes gerecht werden und gleichzeitig unseren eigenen Mitarbeitern Karrieremöglichkeiten und Perspektiven eröffnen.“
Die Weiterbildungen sind beliebt, zumal damit ein deutlich höheres Einkommen verbunden ist. „Wir brauchen wachsames Personal, das nicht nur fachlich auf dem neuesten Stand ist, sondern immer mehr auch Beratungsfunktionen übernehmen kann – denn der Wandel in der Sicherheitstechnik ist rasant“, unterstreicht Schleimer. Seine Mitarbeiter machen schon heute individuelle Risiko-Schätzungen über das iPad, befassen sich mit radargestützter Sicherheitstechnik, machen Erfahrungen mit Bodycams und beherrschen ein ausgeklügeltes Sicherheitssystem, inklusive technisch gut ausgerüsteter Leitstellen.
Daniel Schleimer und die im Bundesverband der Sicherheitswirtschaft (BDSW) zusammengeschlossenen Unternehmen wünschen sich aber auch eine bessere gesellschaft- liche Akzeptanz. „Dazu gehört unser Wunsch, dass die Branche am Innenministerium aufgehängt sein sollte und nicht am Wirtschaftsministerium“, kritisiert der Securitas-Manager. „Wir wollen schließlich Teil der Sicherheitsarchitektur in Deutschland sein. Und das funktioniert nur, wenn wir uns mit Behörden, Polizei und staatlichen Stellen intensiv austauschen.“
„Die Abwehr von Drohnen ist zu
einer neuen Herausforderung
geworden“