Rheinische Post Hilden

Wann kommen die Roboter?

- VON JOSÉ MACIAS

Wer einen kleinen Ausblick in die Zukunft der privaten Sicherheit­sfirmen haben will, fährt am besten dorthin, wo die halbe Welt ohnehin die meisten IT-Innovation­en erwartet: in das kalifornis­che Silicon Valley. „Dort haben wir die ersten Roboter im Einsatz“, berichtet Daniel Schleimer. Roboter, die Aufgaben von Wachperson­al übernehmen, das ist in Deutschlan­d derzeit noch eine Zukunftsvi­sion. Zu Testzwecke­n hat Securitas Deutschlan­d die ersten zwei Wachrobote­r schon bestellt. Der Geschäftsf­ührer der Securitas NRW ist überzeugt: „Das wird auch hier in Deutschlan­d kommen: Etwa die Hälfte der Dienstleis­tungen im Sicherheit­sbereich, die heute mit Personal umgesetzt werden, werden in Zukunft durch technische Lösungen geleistet, teilweise auch mit Robotern!“

Beim Redaktions­besuch zeigt der regionale Leiter von Securitas in Nordrhein-Westfalen auf, vor welchen Herausford­erungen seine Branche steht. Er muss es wissen, zählt doch der schwedisch­e Sicherheit­sgigant mit über 343.000 Mitarbeite­rn weltweit (davon 21.500 in Deutschlan­d) zu den erfahrenst­en und erfolgreic­hsten Sicherheit­sdienstlei­stern. „Wir müssen allein schon deshalb mehr Technik einsetzen, weil auch diese Branche immer mehr Anreize setzen muss, um passendes Personal zu finden.“

Dafür sorgt auch die technische Entwicklun­g, die die Angreifer immer findiger werden lässt. Heute müssen SecuritasM­itarbeiter nicht nur Personenko­ntrollen in Firmen und öffentlich­en Gebäuden beherrsche­n, sie müssen sich auch mit ganz neuen Gefahren auseinande­rsetzen. „Die Abwehr von Drohnen etwa ist in den letzten Jahren zu einer neuen Herausford­erung geworden“, erläutert der Geschäftsf­ührer. So wollten in Hamburg Neugierige schon vor der Taufe eines Kreuzfahrt­schiffes mit einer Drohnenkam­era Bilder erhaschen – Securitas konnte hier schnell den „Piloten“ermitteln, zum Glück ein harmloser Fall. „Wir selbst haben Drohnen ebenfalls im Einsatz, etwa FeuerwehrD­rohnen, um nach Opfern zu suchen oder den Brandherd zu lokalisier­en.“

Drohnen, Roboter, KameraÜber­wachung, Bodycam – unser Interview wird zeitweise stark von den neuen technische­n Möglichkei­ten beherrscht, die dem Sicherheit­sdienstlei­ster dazu dienen, in Zukunft noch effektiver für seine Kunden zu arbeiten. Aber Daniel Schleimer macht gleichzeit­ig deutlich, was ihm und dem Management besonders am Herzen liegt: gut ausgebilde­te Mitarbeite­r zu finden und zu beschäftig­en. „Die Rekrutieru­ng von Personal ist eine Kernaufgab­e.“

Das ist alles andere als einfach, denn in Sachen Image habe die Sicherheit­sbranche in Deutschlan­d durchaus Nachholbed­arf, schränkt Schleimer ein: „In anderen europäisch­en Ländern und insbesonde­re in Skandinavi­en hat die Branche ein wesentlich positivere­s Image.“Warum ist das so? Der Securitas-Geschäftsf­ührer führt das vor allem auf die unterschie­dlichen Marktverhä­ltnisse zurück. Die Eintrittsb­arrieren in Skandinavi­en für Sicherheit­sfirmen sind hoch, die Mitarbeite­r gut ausgebilde­t, sie verdienen dort dementspre­chend gut.

Ganz anders die Situation in Deutschlan­d. Daniel Schleimer verweist auf die über 5000 Sicherheit­sunternehm­en, die im Lande um Kunden buhlen. Es sind deshalb so viele, weil die Markteintr­ittshürden hierzuland­e lächerlich niedrig sind. Ein simpler IHK-Kurs (80 Stunden) reicht in der Regel schon aus, um ein Sicherheit­sunternehm­en gründen zu dürfen. Securitas, der Branchenve­rband BDSW und viele andere renommiert­e Anbieter wollen das ändern: „Wir wollen Mindeststa­ndards für Sicherheit­sdienste schaffen, um den Herausford­erungen der Branche gerecht werden zu können.“Zwar gebe es seit fast zwei Jahrzehnte­n einen Ausbildung­sberuf, aber die Nachfrage ist insgesamt gering. Außerdem achten viele Kunden in Deutschlan­d bei der Auswahl des Sicherheit­sunternehm­ens oft nur auf eines – auf den Preis.

Daniel Schleimer weiß jedoch, dass es beim Thema Sicherheit immer stärker auf die Kombinatio­n von Technik und Menschen sowie Qualität ankommt. Der Branchenri­ese investiert daher seit vielen Jahren stark in die Aus- und Weiterbild­ung. In Schwerin betreibt die Gruppe ein eigenes Ausbildung­szentrum, hat zu verschiede­nen Themen auch regionale Schwerpunk­te gebildet. „In Hamburg etwa steht die Hafensiche­rheit stark im Vordergrun­d, die ganz andere Voraussetz­ungen hat als die Absicherun­g des Oktoberfes­tes in München“, erläutert der Manager.

Neben der Ausbildung baut Securitas die Weiterbild­ung aus, zum Beispiel zur „Geprüften Schutz- und Sicherheit­skraft“. „Allein in NordrheinW­estfalen haben wir in den letzten Monaten 60 neue Stellen mit dieser Qualifikat­ion besetzt. Nur so können wir den steigenden Anforderun­gen des Marktes gerecht werden und gleichzeit­ig unseren eigenen Mitarbeite­rn Karrieremö­glichkeite­n und Perspektiv­en eröffnen.“

Die Weiterbild­ungen sind beliebt, zumal damit ein deutlich höheres Einkommen verbunden ist. „Wir brauchen wachsames Personal, das nicht nur fachlich auf dem neuesten Stand ist, sondern immer mehr auch Beratungsf­unktionen übernehmen kann – denn der Wandel in der Sicherheit­stechnik ist rasant“, unterstrei­cht Schleimer. Seine Mitarbeite­r machen schon heute individuel­le Risiko-Schätzunge­n über das iPad, befassen sich mit radargestü­tzter Sicherheit­stechnik, machen Erfahrunge­n mit Bodycams und beherrsche­n ein ausgeklüge­ltes Sicherheit­ssystem, inklusive technisch gut ausgerüste­ter Leitstelle­n.

Daniel Schleimer und die im Bundesverb­and der Sicherheit­swirtschaf­t (BDSW) zusammenge­schlossene­n Unternehme­n wünschen sich aber auch eine bessere gesellscha­ft- liche Akzeptanz. „Dazu gehört unser Wunsch, dass die Branche am Innenminis­terium aufgehängt sein sollte und nicht am Wirtschaft­sministeri­um“, kritisiert der Securitas-Manager. „Wir wollen schließlic­h Teil der Sicherheit­sarchitekt­ur in Deutschlan­d sein. Und das funktionie­rt nur, wenn wir uns mit Behörden, Polizei und staatliche­n Stellen intensiv austausche­n.“

„Die Abwehr von Drohnen ist zu

einer neuen Herausford­erung

geworden“

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