Rheinische Post Hilden

Wer fängt die Anakonda?

Die Riesenschl­ange im Latumer See in Meerbusch sorgt bundesweit für Schlagzeil­en. Bislang konnte sie noch nicht eingefange­n werden. In Düsseldorf gibt es für solche Fälle Reptilienf­änger bei der Feuerwehr.

- VON ANKE KRONEMEYER UND CHRISTIAN SCHWERDTFE­GER

MEERBUSCH Eugen Janischews­ki liebt es, ganz in Ruhe und alleine stundenlan­g am Latumer See in Meerbusch zu sitzen, die Angel auszuwerfe­n und auf einen Fisch zu warten. „Ich bin Karpfenang­ler“, sagt der 33-jährige Schlosser, der in der Woche in der Kölner Müllverbre­nnung arbeitet. Am Wochenende oder, so wie jetzt im Urlaub, sitzt er am idyllische­n See und wartet auf den großen Fang. Der kam am Donnerstag auch – aber anders, als sich der Krefelder es gedacht hatte: „Erst dachte ich, das wäre ein Schlauch, aber dann habe ich gesehen, dass es eine Schlange ist“, beschreibt er seine Entdeckung.

Denn plötzlich näherte sich ihm eine mindestens zwei Meter lange Anakonda. Und dann bekam Janischews­ki doch ein bisschen Angst. „Ich dachte, die klettert in mein Boot.“Zum Glück sind Anakondas scheue Tiere, und die Würgeschla­nge aus dem rund zehn Hektar großen See tauchte wieder ab. Seitdem herrscht große Unruhe im beschaulic­hen Ortsteil Lank-Latum. Der See wurde rundherum an all seinen Eingängen gesperrt, Ordnungsam­ts-Mitarbeite­r passen auf, dass auch niemand die Verbote ignoriert. Obwohl: „Gefährlich wird die Schlange nicht“, sagt Arnd Römmler vom städtische­n Ordnungsam­t. Anakondas fressen Katzen, Ratten und Hasen, greifen aber keine Menschen an. Gleichwohl solle man Abstand halten. So, wie Eugen Janischesw­ski es getan hat. Er hat schnell ein Video gedreht, ein paar Fotos gemacht und dann die Feuerwehr angerufen. Und die ist jetzt in Bereitscha­ft, falls die Anakonda wieder auftaucht. Dann könnten Experten sie mit speziellen Gerätschaf­ten einfangen. Es kann aber sein, dass das Reptil schon länger im See schwimmt, eventuell von seinem Besitzer ausgesetzt wurde. Und es kann sein, dass die Schlange sich zurzeit im 24 Grad warmen Wasser noch wohl fühlt, kaltes Wasser aber gar nicht überlebt. Anakondas lieben tropische Temperatur­en.

Die Stadt Meerbusch überlegt jetzt, gemeinsam mit dem Angelverei­n eine große Fischreuse mitsamt Köder auszulegen, um die Anakonda zu fangen. Bis auf Weiteres bleibt der See erst einmal für Spaziergän­ger gesperrt.

Gerufen werden in solchen Fällen meistens die Reptilienf­änger der Feuerwehr Düsseldorf. Die bundesweit einmalige Reptilienf­achgruppe. Sie kommt immer dann, wenn irgendwo im Land ein giftiges oder für die Region nicht heimisches Tier aus seinem Terrarium entkommt oder bewusst ausgesetzt worden ist und Experten benötigt werden, um es wieder einzufange­n. „Bislang haben uns die Kollegen von der Feuerwehr in Meerbusch aber noch nicht angeforder­t“, sagt ein Sprecher der Düsseldord­er Feuerwehr. „Sollten sie das machen, kommen wir natürlich.“

2006 wurde die sechs- bis achtköpfig­e Gruppe der Reptilienj­äger aufgebaut. Seitdem hatten sie Hunderte Einsätze – jedes Jahr sind es zwischen 50 und 60. In den vergangene­n Jahren waren es jeweils 55; und 2018 sind es bislang auch schon wieder 25. „Es schon auffällig ist, dass die Zahl dieser Einsätze seit Jahren konstant bleibt“, sagt Schreiner. Hinzu käme aber eine Dunkelziff­er, die deutlich höher liegen dürfte, schätzt er. „Viele melden es einfach nicht, wenn ihnen ein solches Tier abhandenko­mmt“, sagt Berufsfeue­rwehrmann Sebastian Schreiner, der der Reptilienf­achgruppe angehört.

Die Reptilienj­äger fahren nicht für jede Blindschle­iche raus. Sie bitten die anderen Feuerwehre­n immer, ihnen ein Foto des Tieres zu schicken. Sie helfen dann zunächst bei der Bestimmung und geben per Telefon Handlungsa­nweisungen. „Sonst besteht auch die Gefahr, dass das Tier weg ist, bis wir da sind“, sagt Schreiner. Sollte sich aber herausstel­len, dass es sich um etwas Gefährlich­es handelt, fahren die Reptilienj­äger persönlich raus.

Die Anakonda im Meerbusche­r See ist vermutlich auch ihrem Besitzer entfleucht. Auch Schreiner hat bis vor einigen Jahren Reptilien bei sich zu Hause gehalten. Dann habe sich seine Einstellun­g geändert. „Ich habe die Tiere in freier Wildbahn gesehen. Seitdem bin ich nicht mehr davon überzeugt, dass Reptilien in Privathaus­halten in kleinen Terrarien ordnungsge­mäß gehalten werden können.“

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FOTO: DPA Eugen Janischews­ki steht am Ufer des Latumer Sees. Er hat die gelbe Anakonda entdeckt.

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