Betrug in Kreisverwaltung: Schwindel flog spät auf
KREIS METTMANN Nicht besonders vorbildlich, wie ein ehemals stellvertretender Amtsleiter die Kreisverwaltung auf ein Mauseloch in ihrem Abrechnungsverfahren aufmerksam machte. Daraus verschwanden jedenfalls innerhalb von fünf Jahren über 140.000 „Mäuse“auf Konten von Firmen, die auf den Namen seiner Frau und seines Sohnes liefen. Selbstverständlich war der 58-jährige Hauptangeklagte innerhalb des familiären Firmenkonsortiums mit umfangreichen Handlungsvollmachten ausgestattet. Die wiederum nutzte er, um Rechnungen an den Kreis als seinen Arbeitgeber zu schreiben für technisches Equipment, dass er nie lieferte. Die kriminelle Energie, mit der privat gegründete Firmenkonstrukte zu Geld kamen, ließ beim Kreis mittlerweile die Alarmglocken schrillen. Nachdem die Machenschaften aufgeflogen waren, wurden Auftragsvergaben und Abrechnungsverfahren verschärft. Mit Schulungen wurde der Fokus auf Betrugsprävention und Anti-Korruption verstärkt.
War es Zufall, dass der Angestellte erst 2016 auffiel? Wohl eher nicht. Ein Kollege hatte einen Tipp gegeben, der die Entdeckung beschleunigte. Allerdings auch dessen eigene Entlassung – der Tippgeber war augenscheinlich involviert und sein Hinweis kam schlicht zu spät. Die falschen Verbuchungen des ehemals stellvertretenden Amtsleiters hätte aber wohl ohnehin bald zu unangenehmen Nachfragen vom Rechnungsprüfungsamt geführt. Eine Durchsuchung der Büroräume des ehemaligen Amtsleiters hatte dazu auch noch den kompletten Ordnerbestand und fast vollständige Unterlagen zutage gefördert.
Demzufolge hatte der Hauptangeklagte von seinem Schreibtisch bei der Kreisverwaltung so genannte „Handkäufe“bis zu 500 Euro bei den Firmen seiner Frau und seines Sohnes getätigt und die dem Kreis gestellten Rechnungen selbst abgezeichnet und gegenzeichnen lassen. Die zweite Unterschrift war offenbar kein Problem. Den einen oder anderen gestressten Untergebenen zwischen zwei Telefonhörern zum Abzeichnen zu bewegen, ohne dass der überhaupt irgendwas kontrollieren konnte, scheint nicht so schwierig gewesen zu sein. Das hoch gelobte Vier-Augen-Prinzip funktioniert eben nur dann, wenn alle Augen offen sind.
Pikant: Der Gutachter, der vom Kreis zur Untersuchung zu den vermeintlichen Baustellen geschickt worden war und die angeblich gekauften Bauteile nicht gefunden hatte, wurde vom Verteidiger beschuldigt, nicht genau genug nachgesehen zu haben. Dafür fing der sich von der Richterin einen Rüffel ein - schließlich hatte sein Mandant schon am ersten Verhandlungstag eingeräumt, nie etwas geliefert zu haben.
Über den Antrag, die mitangeklagte Ehefrau auf Schuldunfähigkeit begutachten zu lassen, soll noch entschieden werden. Langjährige psychologische Behandlungen wegen Depressionen bis hin zu Suiziddrohungen könnten dafür jedoch ein Argument sein.