Am Anfang war der Korn
Die Brennerei Schmittmann in Niederkassel feiert in diesem Jahr ihren 200. Geburtstag.
Das Wort Familie habe bei Schmittmanns immer eine große Rolle gespielt. „Wenn man auf unsere Geschichte blickt, zeigt sich, dass der Zusammenhalt immer da war. Und dass, wenn jemand nicht mehr das Unternehmen führen konnte oder wollte, immer jemand anders eingesprungen ist.“Sonja und Vera Schmittmann erzählen das mit einem Lächeln, sie haben es genauso gemacht. Seit einigen Jahren führen sie die Edel-Brennerei in der sechsten Generation, haben die Leitung von Vater Kurt übernommen.
Gelernt hatten sie eigentlich ganz andere Dinge, Sonja Schmittmann studierte Kommunikationswissenschaften, Vera Schmittmann machte eine kaufmännische und eine handwerkliche Ausbildung. „Aber wir sind ja in diesem Unternehmen aufgewachsen, haben schon als Kinder geholfen, Etiketten aufzukleben.“Außerdem tranken sie früher selbst gerne mal einen Apfelkorn aus dem eigenen Hause, oder sie mixten Korn mit Saft. Jetzt planen sie die Jubiläumsparty: Am 15. September begeht das Unternehmen seinen 200. Geburtstag mit einem Hoffest, einen Jubiläums-Kornbrand gibt’s auch, und Volker Ackermann hat zum Jubiläum eine Firmenchronik gefertigt.
Für die gibt es reichlich Material – was schon deutlich wird, wenn man auf das Gründungsjahr 1818 blickt und die Entwicklungen, die damals die Welt prägen. Beim Aachener Kongress treffen sich Europas Herrscher, um über die revolutionären Entwicklungen in Europa zu beraten. Illinois wird 21. Bundesstaat der USA, und in Trier wird Karl Marx geboren. Düsseldorf hat 23.000 Einwohner.
Unter ihnen ist Adelheid Schmittmann, geborene Viehoff. Mit ihr, sagen ihre Ur-ur-Urenkelinnen heute, habe alles angefangen. Sie heiratet im Alter von 28 Jahren den aus Heerdt stammenden Bäcker Michael Schmittmann, der auch Bier braut und Korn brennt – in dieser Zeit eine übliche Kombination, da für beides Hefe benötigt wird. Michael Schmittmann stirbt 1814 im Alter von nur 42 Jahren. Schon 1819 wird seine Witwe Adelheid in einem Steuerregister des Preußischen Staates als „Branntweinbrennerin“geführt – das Vorjahr wird daher als Gründungsjahr des Unternehmens vermutet. Adelheid schenkt, so erzählt es Sonja Schmittmann, schon in jenen Zeiten den Getreideschiffern gerne mal einen Korn aus, „sozusagen unsere ersten guten Stammkunden“. Doch es ist auch die Zeit, in der die Dampfschifffahrt an Bedeutung gewinnt, und mit dem Wegfall der Treidelschiffe – sie werden stromaufwärts von Pferden mit dicken Hanfseilen gezogen – fallen eben auch die Treidelknechte als fleißige Abnehmer aus, wie Historiker Ackermann berichtet. „Deswegen setzt das Unternehmen nun verstärkt auf den Ausflugstourismus.“
Adelheids Sohn Benedikt hat die Brennerei zum Aufblühen gebracht, 1834 als weiteres Standbein auch das Bierbrauen begonnen. Als sein eigentlicher Nachfolger, der zweitälteste Sohn Wilhelm, im Dezember 1878 stirbt, springt dessen Witwe Maria Agnes ein und ist damit die zweite Frau, die das Unternehmen prägt. Zu ihren großen Herausforderungen, so schildert es die Chronik, gehört die Einführung der Branntweinsteuer 1887. War Branntwein bis dato günstig und für viele erschwinglich – Ackermann beziffert den Pro-Kopf-Konsum an reinem Alkohol in Preußen in den 1840er Jahren auf acht Liter –, wird er nun mehr als doppelt so teuer. Trotzdem laufen die Geschäfte für das Unternehmen, das sich stets weiterentwickelt.
Kurt Schmittmann, der Brennerei-Technologie in Berlin studiert hat, tritt 1965 in das Geschäft ein, 1989 wird er alleiniger Gesellschafter. Er macht sich unter anderem um die Weiterverbreitung der Samtkragen-Zeremonie in Düsseldorf verdient, für die auf einen Korn ein wenig vom Magenbitter Boonekamp gegossen wird. Seine beiden Töchter erweitern später die Palette um Produkte wie den Kakao-Nuss-Likör Canous und den Schmittmann-Gin 1818. Zu den weniger bekannten Produkten des Niederkasseler Hauses gehört ein Petersilien-Elixir, das unter den Namen „Herz-Wein“, verkauft wird.
Als neuestes Produkt kündigten die Schmittmanns jetzt einen Lakritz-Likör an, der beim Fest am 15. September erstmals zu probieren ist. Ab 28. August gibt es den Jubiläums-Kornbrand „200“, der 25 Jahre in einem historischen Fass des einstigen Kartäuser-Klosters in Lohausen lagerte.