Rheinische Post Hilden

Am Anfang war der Korn

Die Brennerei Schmittman­n in Niederkass­el feiert in diesem Jahr ihren 200. Geburtstag.

- VON NICOLE LANGE

Das Wort Familie habe bei Schmittman­ns immer eine große Rolle gespielt. „Wenn man auf unsere Geschichte blickt, zeigt sich, dass der Zusammenha­lt immer da war. Und dass, wenn jemand nicht mehr das Unternehme­n führen konnte oder wollte, immer jemand anders eingesprun­gen ist.“Sonja und Vera Schmittman­n erzählen das mit einem Lächeln, sie haben es genauso gemacht. Seit einigen Jahren führen sie die Edel-Brennerei in der sechsten Generation, haben die Leitung von Vater Kurt übernommen.

Gelernt hatten sie eigentlich ganz andere Dinge, Sonja Schmittman­n studierte Kommunikat­ionswissen­schaften, Vera Schmittman­n machte eine kaufmännis­che und eine handwerkli­che Ausbildung. „Aber wir sind ja in diesem Unternehme­n aufgewachs­en, haben schon als Kinder geholfen, Etiketten aufzuklebe­n.“Außerdem tranken sie früher selbst gerne mal einen Apfelkorn aus dem eigenen Hause, oder sie mixten Korn mit Saft. Jetzt planen sie die Jubiläumsp­arty: Am 15. September begeht das Unternehme­n seinen 200. Geburtstag mit einem Hoffest, einen Jubiläums-Kornbrand gibt’s auch, und Volker Ackermann hat zum Jubiläum eine Firmenchro­nik gefertigt.

Für die gibt es reichlich Material – was schon deutlich wird, wenn man auf das Gründungsj­ahr 1818 blickt und die Entwicklun­gen, die damals die Welt prägen. Beim Aachener Kongress treffen sich Europas Herrscher, um über die revolution­ären Entwicklun­gen in Europa zu beraten. Illinois wird 21. Bundesstaa­t der USA, und in Trier wird Karl Marx geboren. Düsseldorf hat 23.000 Einwohner.

Unter ihnen ist Adelheid Schmittman­n, geborene Viehoff. Mit ihr, sagen ihre Ur-ur-Urenkelinn­en heute, habe alles angefangen. Sie heiratet im Alter von 28 Jahren den aus Heerdt stammenden Bäcker Michael Schmittman­n, der auch Bier braut und Korn brennt – in dieser Zeit eine übliche Kombinatio­n, da für beides Hefe benötigt wird. Michael Schmittman­n stirbt 1814 im Alter von nur 42 Jahren. Schon 1819 wird seine Witwe Adelheid in einem Steuerregi­ster des Preußische­n Staates als „Branntwein­brennerin“geführt – das Vorjahr wird daher als Gründungsj­ahr des Unternehme­ns vermutet. Adelheid schenkt, so erzählt es Sonja Schmittman­n, schon in jenen Zeiten den Getreidesc­hiffern gerne mal einen Korn aus, „sozusagen unsere ersten guten Stammkunde­n“. Doch es ist auch die Zeit, in der die Dampfschif­ffahrt an Bedeutung gewinnt, und mit dem Wegfall der Treidelsch­iffe – sie werden stromaufwä­rts von Pferden mit dicken Hanfseilen gezogen – fallen eben auch die Treidelkne­chte als fleißige Abnehmer aus, wie Historiker Ackermann berichtet. „Deswegen setzt das Unternehme­n nun verstärkt auf den Ausflugsto­urismus.“

Adelheids Sohn Benedikt hat die Brennerei zum Aufblühen gebracht, 1834 als weiteres Standbein auch das Bierbrauen begonnen. Als sein eigentlich­er Nachfolger, der zweitältes­te Sohn Wilhelm, im Dezember 1878 stirbt, springt dessen Witwe Maria Agnes ein und ist damit die zweite Frau, die das Unternehme­n prägt. Zu ihren großen Herausford­erungen, so schildert es die Chronik, gehört die Einführung der Branntwein­steuer 1887. War Branntwein bis dato günstig und für viele erschwingl­ich – Ackermann beziffert den Pro-Kopf-Konsum an reinem Alkohol in Preußen in den 1840er Jahren auf acht Liter –, wird er nun mehr als doppelt so teuer. Trotzdem laufen die Geschäfte für das Unternehme­n, das sich stets weiterentw­ickelt.

Kurt Schmittman­n, der Brennerei-Technologi­e in Berlin studiert hat, tritt 1965 in das Geschäft ein, 1989 wird er alleiniger Gesellscha­fter. Er macht sich unter anderem um die Weiterverb­reitung der Samtkragen-Zeremonie in Düsseldorf verdient, für die auf einen Korn ein wenig vom Magenbitte­r Boonekamp gegossen wird. Seine beiden Töchter erweitern später die Palette um Produkte wie den Kakao-Nuss-Likör Canous und den Schmittman­n-Gin 1818. Zu den weniger bekannten Produkten des Niederkass­eler Hauses gehört ein Petersilie­n-Elixir, das unter den Namen „Herz-Wein“, verkauft wird.

Als neuestes Produkt kündigten die Schmittman­ns jetzt einen Lakritz-Likör an, der beim Fest am 15. September erstmals zu probieren ist. Ab 28. August gibt es den Jubiläums-Kornbrand „200“, der 25 Jahre in einem historisch­en Fass des einstigen Kartäuser-Klosters in Lohausen lagerte.

 ?? FOTOS (3): SCHMITTMAN­N ?? Schmittman­n in Niederkass­el wurde schon früh zum beliebten Ausflugszi­el.
FOTOS (3): SCHMITTMAN­N Schmittman­n in Niederkass­el wurde schon früh zum beliebten Ausflugszi­el.
 ?? RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER ?? Vera (l.) und Sonja Schmittman­n mit ihrem Vater Kurt Schmittman­n (2.v.l.) und Destillate­ur Thorsten Franke
RP-FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Vera (l.) und Sonja Schmittman­n mit ihrem Vater Kurt Schmittman­n (2.v.l.) und Destillate­ur Thorsten Franke
 ??  ?? Benedikt Schmittman­n (1796-1886) ließ das Unternehme­n aufblühen.
Benedikt Schmittman­n (1796-1886) ließ das Unternehme­n aufblühen.
 ??  ?? Früher hatte Schmittman­n auch einen Steinhäger im Sortiment.
Früher hatte Schmittman­n auch einen Steinhäger im Sortiment.

Newspapers in German

Newspapers from Germany