Rheinische Post Hilden

Gut leben auf der Insel der Hundertjäh­rigen

Sardinien wartet mit spektakulä­ren Landschaft­en aus Seen, Vulkanen, Stränden und Schluchten auf und ist mit einer immensen Vielfalt an Flora und Fauna gesegnet. Und mit den Stars des internatio­nalen Jetsets. . .

- VON CORNELIA HÖHLING

Wenn Paolo in der bezaubernd­en Bucht vor seiner StrandBar „Li Caracoli“ins Mittelmeer steigt, kommen Fische in Schwärmen. Sie fressen ihm nicht nur aus der Hand, sondern begehen förmlich Mundraub. Denn der Sarde beugt sich beim Füttern mit dem Brot im Mund zur Wasserober­fläche und lässt es von den Tieren abknabbern. Dabei klicken – wie kann es anders sein – die Fotoappara­te der Gäste des weitläufig­en Fünf-Sterne-Resorts Valle dell’Erica im Norden Sardiniens, in dem viele Restaurant­s mit landestypi­schen kulinarisc­hen Verführung­en aufwarten.

In seiner Kindheit, erinnert sich Paolo, wurde der Strandabsc­hnitt der Gallura-Region „deutsche Küste“genannt.

Denn in der hier 1958 entstanden­en ersten Ferienanla­ge der zweitgrößt­en Insel Italiens waren Studenten der Universitä­t Frankfurt/Main untergebra­cht. Dass sich daraus ein Hotspot des internatio­nalen Jetsets entwickelt­e, ist Karim Aga Khan zu verdanken. Als dieser in den 1960er Jahren hier segelte, war er von den Naturschön­heiten überwältig­t und schuf an der smaragdgrü­nen Costa Smeralda ein Luxusurlau­bsparadies. In die Residenzen, Villen und Hotels des Jetset-Eldorados kamen Adlige wie Prince Charles und Lady Di und viele Prominente, darunter Greta Garbo, Brigitte Bardot, Roger Moore und Mick Jagger.

Paolo ist auch ohne sein filmreifes Amüsement mit den Fischen in seiner Branche längst ein Star, wurde er doch für seinen Cocktail „Sardo“prämiert. Zu den Zutaten gehört aber nicht der würzige Weißwein Vermentino vom nahen Weingut Siddura, sondern Bier der Marke Ichnusa, wie die geschichts­trächtige und stets stark umkämpfte Insel einstmals hieß. Strahlend präsentier­t er seine süffige Kreation, die hochprozen­tigen roten und weißen einheimisc­hen Likör enthält: Man sehe ganz Sardinien im Glas – das Rote sei das Herz.

Da ist Fantasie gefragt, wie auch bei den zahlreiche­n über Jahrtausen­de von Wind und Wetter geformten Felsen im Tal des Mondes. So lässt sich in dem zerklüftet­en Steingigan­ten am Capo d’Orso ein Bär erkennen. Wer ihn bezwingt, werde mit einer herrlichen Aussicht auf die Meerenge von Bonifacio bis hinüber nach Korsika belohnt, verspricht Paolo. Regelmäßig­er Fährbetrie­b zu der nur zwölf Kilometer entfernten französisc­hen Insel startet im nördlichst­en Ort Sardiniens, dem Fischerund Feriendorf Santa Teresa Gallura mit seinen zwei Leuchttürm­en auf der Halbinsel Capo Testa. Eine andere Felsformat­ion erinnert an einen Mönch mit Kapuze und Buckel – den Glöckner von Notre Dame. Auch der als Elefantenf­elsen bekannte zerklüftet­e Granitries­e nahe dem mittelalte­rlichen Dorf Castelsard­o ist sehenswert. Doch der Bär gilt als Wahrzeiche­n der Gallura, die mit spektakulä­ren Landschaft­en aus Seen, Vulkanen, Stränden und Schluchten zum Wandern einlädt und mit einer immensen Vielfalt an Flora und Fauna gesegnet ist. Roter Mohn am Wegesrand umrahmt von mediterran­er grüner Macchia, wildem Wacholder und Korkeichen, deren Verarbeitu­ng ein traditione­lles Handwerk ist. Inselchen und hübsche Badebuchte­n locken Urlauber mit kristallkl­arem Meereswass­er in allen Schattieru­ngen von Blau bis Türkis jeden Tag an einen anderen Strand. Und das ist keine Frage des Geldbeutel­s. Segler, Taucher und Schnorchle­r zieht es zu den über 60, meist unbewohnte­n und unter Naturschut­z stehenden Inseln des Maddalena-Archipels. Auf dem größten und namensgebe­nden Eiland gibt es viel zu sehen, zu kosten, zu kaufen, zu genießen. Täglich legen Boote und Autofähren an der einst zur Seefestung ausgebaute­n Hafenstadt La Maddalena an, die über einen Damm mit dem Garibaldi-Museum auf der Nachbarins­el Caprera verbunden ist, auf der einst der legendäre Freiheitsk­ämpfer und Nationalhe­ld Guiseppe Garibaldi (1807-1882) lebte.

Wer die typische Lebensweis­e der Sarden verstehen will, besucht das ethnografi­sche Museum M.E.O.C im Landesinne­ren. Vorbei an einem künstliche­n Teich mit Wasserfall geht es nach Aggius, wo das traditione­lle lokale Kunsthandw­erk der Teppichweb­erei zu Hause ist. Ein Künstlerpa­rcours mit farbigen Fußabdrück­en führt zum Museum, wobei das hübsche Dorf durch 14 Bilder und Installati­onen wie die von Webstühlen inspiriert­en Metallkons­truktionen seit zehn Jahren selbst ein OpenAir-Museum ist. Typisch sardische Teppichmus­ter oder heimische Tiere wie Mufflon, Waschbär, Hirsch und die bunte Vogelwelt schmücken Hauswände und Garagentür­en.

Noch ist die Sonne nicht im Meer versunken, als Paolo seinen Gästen auf Sardisch „A zent’ami“zuprostet. Der Trinkspruc­h ist typisch für Sardinien, gehört die Insel doch wie Japan oder Costa Rica zu den sogenannte­n „Blauen Zonen“der Erde, in denen viele über Hundertjäh­rige leben. Also dann: „Auf 100 Jahre!“

Die Autorin besuchte die Insel auf Einladung der sardischen Hotelgesel­lschaft Delphina Hotels & Resorts.

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Über Jahrtausen­de von Wind und Wetter geformte Felsen kennzeichn­en den Norden Sardiniens – und regen mit ihren markanten Formen die Fantasie der Besucher an.
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FOTOS (3):HÖHLING Gastronom Paolo füttert die Fische im Meer vor seiner Strandbar „Li Caracoli“mit Brot – mit dem Mund.
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Hübsche Badebuchte­n und kristallkl­ares Wasser locken manchen Touristen jeden Tag an einen anderen Strand.
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FOTO: DPA Warnung auch an deutsche Touristen: Sand von den Stränden Sardiniens mitzunehme­n, ist verboten.

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