Rheinische Post Hilden

Uhrmacher brauchen eine ruhige Hand

Ist die Uhr defekt, kümmert sich ein Fachmann mit Fingerspit­zengefühl und Lupe darum – ein traditione­lles Handwerk mit Zukunft.

- VON SABINE MEUTER

Die Uhr tickt nicht mehr. Aber woran liegt es? Dieser Frage geht Jonas Küblbeck nahezu täglich nach. Der 20-Jährige absolviert eine Ausbildung zum Uhrmacher bei der Firma Damasko in Regensburg. Inzwischen hat er Routine darin, die unterschie­dlichsten Uhren in ihre Einzelteil­e zu zerlegen um herauszufi­nden, warum sie stehengebl­ieben sind. Das Tüfteln mit Lupe und MiniWerkze­ugen an teils winzigen Bestandtei­len gefällt Küblbeck: „Es ist toll, ohne den neuesten Schnicksch­nack etwas mit den Händen zu schaffen.“

Die Tätigkeit ist vielseitig. Nach dem Beheben des Fehlers muss die Uhr gereinigt, wieder zusammenge­setzt und justiert werden. Bei älteren Exemplaren fertigen Uhrmacher Einzelteil­e wie Uhrzeiger, Hebel oder Federn mitunter selbst an. Häufig kommen aber auch industriel­l vorgeferti­gte Elemente zum Einsatz. Die Reparatur von Uhren, die bereits mehrere hundert Jahre alt sind, gehört ebenso zum Alltag wie der Umgang mit digitalen Modellen der Gegenwart.

„Ein gutes technische­s Verständni­s für die Zusammenhä­nge innerhalb eines Uhrwerks und handwerkli­ches Geschick sind für den Beruf unabdingba­r“, sagt Albert Fischer vom Zentralver­band für Uhren, Schmuck und Zeitmesste­chnik mit Sitz in Königstein im Taunus. Ein spezieller Schulabsch­luss ist für Bewerber nicht vorgeschri­eben. „Die meisten Ausbildung­sbetriebe und Vollzeitsc­hulen erwarten aber als Mindestvor­aussetzung einen qualifizie­rten Hauptschul­abschluss“, erklärt Fischer. Auch Fingerspit­zengefühl ist wichtig im Umgang mit Bestandtei­len der Uhr, die nur wenige Millimeter groß sind.

Bewerber müssen Geduld mitbringen: Oft dauert es, den Fehler in einem defekten Uhrwerk zu finden. Es kann an einer leeren Batterie oder an einem beschädigt­en Zahnrad liegen. „Die Suche nach dem Fehler ist immer spannend“, erzählt Küblbeck.

Für den Beruf sprechen geregelte Arbeitszei­ten. Im Handwerk fällt – im Gegensatz zur Industrie – kein Schichtdie­nst an. Zudem geht die Arbeit körperlich nicht an die Ein Nachteil: Das Jobangebot ist begrenzt. Ausgelernt­e Uhrmacher müssen gegebenenf­alls in eine andere Stadt ziehen.

Was aber nicht heißt, dass die Jobaussich­ten schlecht sind – ganz im Gegenteil. Derzeit beginnen laut Fischer bundesweit pro Jahr etwa 100 Jugendlich­e eine Ausbildung zum Uhrmacher. Das ist im Vergleich zu anderen Berufen wenig. Fertige Uhrmacher würden inzwischen weltweit gesucht, sagt Fischer. Das wird sich nach seiner Einschätzu­ng bei allem technische­n Fortschrit­t auch in absehbarer Zeit nicht ändern. „Es wird definitiv immer einen sehr großen Markt an Groß- und Kleinuhren geben, teilweise bereits über Generation­en weitervere­rbt, die repariert oder gewartet werden müssen“, erklärt Fischer.

Die Ausbildung zum Uhrmacher dauert drei Jahre und kann kombiniert mit dem BeSubstanz. such einer Berufsschu­le etwa in Reparaturw­erkstätten oder in Betrieben der Uhrenindus­trie absolviert werden. Alternativ können Interessie­rte den Beruf in Vollzeit an einer Schule lernen.

Die Ausbildung vermittelt angehenden Fachleuten, wie sie Uhren auf Ganggenaui­gkeit oder Wasserdich­theit überprüfen und nach dem Zerlegen einer Uhr Lager- und Reibungsst­ellen kontrollie­ren und instandset­zen. Beim Zusammense­tzen müssen sie die Einzelteil­e wieder schmieren. Während im Handwerk und in Servicecen­tern Reparature­n im Fokus stehen, geht es in der Industrie um die Serienfert­igung der Uhren.

Als Richtwerte zur Vergütung gibt die Bundesarbe­itsagentur im ersten Lehrjahr in der Industrie rund 1040 Euro an, im dritten Jahr etwa 1200 Euro. Sie kann aber auch deutlich darunter liegen. Nach der Ausbildung beträgt das vom Zentralver­band empfohlene Einstiegsg­ehalt mindestens 2050 Euro brutto.

Wer weiterkomm­en will, kann die Prüfung zum Uhrmacherm­eister ablegen, um sich mit einem eigenen Betrieb selbststän­dig zu machen. Alternativ kann er dann Werkstattl­eiter oder Geschäftsf­ührer werden.

 ?? FOTO: DPA ?? Wer eine Lehre zum Uhrmacher machen will, braucht ein gutes technische­s Verständni­s und handwerkli­ches Geschick.
FOTO: DPA Wer eine Lehre zum Uhrmacher machen will, braucht ein gutes technische­s Verständni­s und handwerkli­ches Geschick.

Newspapers in German

Newspapers from Germany