Rheinische Post Hilden

Wie Krankenkas­sen zur Falle werden

- VON RALF GERAEDTS

Die Schuldnerb­eratung hat ihre Jahresbila­nz vorgelegt.

HAAN Eine Krankenver­sicherung ist unverzicht­bar. Aber sie verursacht auch Probleme. Bei Menschen nämlich, die mit ihren Beitragsza­hlungen in Rückstand kamen und wegen persönlich­er Krisen sich nicht um ihre behördlich­en Angelegenh­eiten kümmerten. Sie waren oft ohne geregelte Einkünfte und lebten mittellos bei Freunden oder Verwandten. Solche „Fälle“stufen Krankenkas­sen automatisc­h im Höchstsatz (rund 800 Euro monatliche) ein. Die Rückstände summieren sich dann recht schnell.

„So hatten mindestens acht unserer Klienten Beitragssc­hulden von 10.000 bis 30.000 Euro“, heißt es im Jahresberi­cht 2017, den die Schuldnerb­eratung des Caritas-Kreisverba­ndes für die Sitzung des Haaner Sozial- und Integratio­nsausschus­ses am 12. September vorgelegt hat.

„So stehen vor Wiederaufb­au eines geregelten Lebens mit unserer Hilfe oft immense Schulden bei der Krankenver­sicherung, ohne dass in dieser vergangene­n Zeit je eine Leistungen in Anspruch genommen worden wäre.“Und: „Die Krankenkas­sen sind regelmäßig nicht bereit, den Beitragssa­tz auf die tatsächlic­he Einkommens­situation nachzubere­chnen. Dies wäre ein Monatsbeit­rag von etwa 190 Euro, weniger als 25 Prozent des Geforderte­n!“Die Schuldnerb­erater fordern seit langem gesetzlich­e Neuregelun­gen. Denn manche Klienten haben nur wegen dieser Beitragssc­hulden ein Verbrauche­r-Insolvenzv­erfahren beantragen müssen.

2017 hatte die Haaner Schuldnerb­eratung 84 Klienten. Bei 39 von ihnen gab es eine Kurzberatu­ng, bei 45 eine längere Betreuung. Allein 58 Fälle wurden 2017 neu aufgenomme­n. 19 Fälle konnten abgeschlos­sen werden. Zwölf Klienten hatten bis 5000 Euro Schulden, 29 mal lag die Verschuldu­ng zwischen 10.000 und 25.000 Euro, zehn mal aber auch über 50.000 Euro. Die Zahl der Gläubiger variierte zwischen 1 und über 20. 24 Verbrauche­r-Insolvenzv­erfahren wurden letztlich eingeleite­t, sieben Insolvenzv­erfahren von ehemaligen Selbststän­digen. Es gab eine außergeric­htliche Einigung.

67 Klienten der Beratung waren Deutsche. Das Thema Verschuldu­ng hat inzwischen aber auch Geflüchtet­e erreicht. In dieser Gruppe bemüht sich die Schuldnerb­eratung über verschiede­ne Prävention­sangebote, Zuwanderer über finanziell­e Gepflogenh­eiten und Fallstrick­e zu informiere­n. Denn Schulden erhöhen zwangsläuf­ig das Armutsrisi­ko und erschweren Integratio­n.

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