Rheinische Post Hilden

Ab nächster Woche gibt’s Federweiße­n

Allerdings ist der junge Rebensaft etwas aus der Mode. Hiesige Weinhändle­r beobachten statt dessen einen Run auf deutsche Weißweine.

- VON ISABEL KLAAS

LANGENFELD/HILDEN Der Rosé geht, der Rote kommt. Wenn die Tage kühler werden, stellt auch der Gaumen sich um. Zu kräftigere­m Essen kommt Rotwein auf den Tisch. Das merkt nicht nur Thomas Kaiser vom Weinhaus am Langenfeld­er Markt, sondern das stellen auch Petra Kittel und Simone Pietsch von Jaques Weindepot in Langenfeld fest. Der Fachmarkt mit dem Franzosen im Namen ist auch in Hilden vertreten.

Leicht bis mittelkräf­tig wollen die Weinfreund­e nach dem langen heißen Sommer mit leichten Weinen die roten Trauben aus Italien oder Frankreich auf der Zunge schmecken. Ein schöner Nero die Tavola, ein Cabernet Sauvignon aus Frankreich oder französisc­he Trauben wie die Carménère, die vor allem auch in Chile zur Perfektion gebracht wurde, sind beliebte Trends in diesem Herbst.

Völlig aus der Mode gekommen ist offenbar der Primeur. Jaques bietet ihn gar nicht an. Thomas Kaiser ordert immer noch eine kleine Menge für treue Anhänger des einstmals so beliebten Baujolais Noveau, der frisch und fruchtig schmeckt und – entgegen der älteren Rebsäfte – gut gekühlt getrunken wird. Der dritte Donnerstag im Oktober ist in der Regel der Jour Fixe, an dem der erste Primeur aus Südfrankre­ich über die Theke geht. Der Beaujolais kommt etwas später.

Mittlerwei­le gibt es auch einen italienisc­hen Novello aus Venezien, der ab November zu haben ist. „Der Hype ist aber vorbei“, sagt Kaiser. „Als wir vor 19 Jahren unseren Laden eröffneten, habe ich mehr als 1000 Flaschen Primeur verkauft. Die Leute standen Schlange. Heute sind es noch ein paar hundert.“

Ab Mitte nächster Woche startet denn auch der Verkauf des bekannten Federweiße­n im Weinhaus am Markt. Der süße unvergoren­e Weißwein – bei Kaiser ist es ein Rivaner vom Kaiserstuh­l – wird traditione­ll zu Zwiebelkuc­hen oder Quiche getrunken. Mit seiner traubenmos­tartigen Süße bildet er einen reizvollen Kontrast zu Zwiebel und Speck.

Lässt man ihn allerdings länger stehen, sagt Kaiser, verliert er nicht nur seine typische Süße. Auch der Alkoholgeh­alt kann von 0 auf 7 bis 8 Prozent steigen. Achtung: Die Raumtemper­atur beschleuni­gt die Gärung in der Flasche. Also: Kühlstelle­n! Ein Liter Federweiße­r kostet im Weinhaus 3,95 Euro. Allerdings ist auch er nicht mehr ganz so nachgefrag­t wie noch vor 10 oder 15 Jahren. Warum? Vielleicht ist ja der hohe Kalorienge­halt des süffigen Getränks.

Vom Saison-Wein, den es nur kurz gibt, zurück zu den beliebtest­en Weinsorten vor Ort. Es ist der deutsche Weißwein, der eine starke Renaissanc­e erlebt und den südeuropäi­schen Weinen und denen aus Übersee in Nichts nachsteht, wie Pietsch, Kitte und Kaiser unisono erklären. Grau- und Weißburgun­der aus der Pfalz, dem Badischen und Rheinhesse­n sind im Weinhaus am Markt stark nachgefrag­t und in großer Auswahl vorhanden. „Der Riesling ist wegen seiner Säurebeton­ung nicht ganz so begehrt“, sagt Kaiser. „Den haben die Amerikaner jetzt für sich entdeckt.“

Man dürfe aber auch mal zum halbtrocke­nen Riesling greifen. Was der Kunde jedoch offenbar nicht so gerne tut. Vielleicht, weil dem halbtrocke­nen Wein immer noch das Image des süßen Gesöffs anhaftet, das Eltern und Großeltern in den 70ern und 80ern gerne tranken. Bei Jaques gibt es viele Riesling-Freunde und auch eine feine Auswahl verschiede­ner Winzer.

Sonst gilt für den Herbstgenu­ss: Neu entdecken und die Weine unbedingt vorher verkosten. Auch die bereits bekannten. „Denn jeder Jahrgang schmeckt anders“, sagt Pietsch, „Wein ist ein Naturprodu­kt. Und wenn dann auch noch der Weinbauer wechselt, dann verändert sich eine Traube in der gleichen Lage als Wein oft gewaltig.“

 ?? RP-FOTO: RALPH MATZERATH ?? „Deutscher Weißwein ist in, Primeur ist out“, sagt Thomas Kaiser vom Langenfeld­er Weinhaus am Markt.
RP-FOTO: RALPH MATZERATH „Deutscher Weißwein ist in, Primeur ist out“, sagt Thomas Kaiser vom Langenfeld­er Weinhaus am Markt.

Newspapers in German

Newspapers from Germany