Ab nächster Woche gibt’s Federweißen
Allerdings ist der junge Rebensaft etwas aus der Mode. Hiesige Weinhändler beobachten statt dessen einen Run auf deutsche Weißweine.
LANGENFELD/HILDEN Der Rosé geht, der Rote kommt. Wenn die Tage kühler werden, stellt auch der Gaumen sich um. Zu kräftigerem Essen kommt Rotwein auf den Tisch. Das merkt nicht nur Thomas Kaiser vom Weinhaus am Langenfelder Markt, sondern das stellen auch Petra Kittel und Simone Pietsch von Jaques Weindepot in Langenfeld fest. Der Fachmarkt mit dem Franzosen im Namen ist auch in Hilden vertreten.
Leicht bis mittelkräftig wollen die Weinfreunde nach dem langen heißen Sommer mit leichten Weinen die roten Trauben aus Italien oder Frankreich auf der Zunge schmecken. Ein schöner Nero die Tavola, ein Cabernet Sauvignon aus Frankreich oder französische Trauben wie die Carménère, die vor allem auch in Chile zur Perfektion gebracht wurde, sind beliebte Trends in diesem Herbst.
Völlig aus der Mode gekommen ist offenbar der Primeur. Jaques bietet ihn gar nicht an. Thomas Kaiser ordert immer noch eine kleine Menge für treue Anhänger des einstmals so beliebten Baujolais Noveau, der frisch und fruchtig schmeckt und – entgegen der älteren Rebsäfte – gut gekühlt getrunken wird. Der dritte Donnerstag im Oktober ist in der Regel der Jour Fixe, an dem der erste Primeur aus Südfrankreich über die Theke geht. Der Beaujolais kommt etwas später.
Mittlerweile gibt es auch einen italienischen Novello aus Venezien, der ab November zu haben ist. „Der Hype ist aber vorbei“, sagt Kaiser. „Als wir vor 19 Jahren unseren Laden eröffneten, habe ich mehr als 1000 Flaschen Primeur verkauft. Die Leute standen Schlange. Heute sind es noch ein paar hundert.“
Ab Mitte nächster Woche startet denn auch der Verkauf des bekannten Federweißen im Weinhaus am Markt. Der süße unvergorene Weißwein – bei Kaiser ist es ein Rivaner vom Kaiserstuhl – wird traditionell zu Zwiebelkuchen oder Quiche getrunken. Mit seiner traubenmostartigen Süße bildet er einen reizvollen Kontrast zu Zwiebel und Speck.
Lässt man ihn allerdings länger stehen, sagt Kaiser, verliert er nicht nur seine typische Süße. Auch der Alkoholgehalt kann von 0 auf 7 bis 8 Prozent steigen. Achtung: Die Raumtemperatur beschleunigt die Gärung in der Flasche. Also: Kühlstellen! Ein Liter Federweißer kostet im Weinhaus 3,95 Euro. Allerdings ist auch er nicht mehr ganz so nachgefragt wie noch vor 10 oder 15 Jahren. Warum? Vielleicht ist ja der hohe Kaloriengehalt des süffigen Getränks.
Vom Saison-Wein, den es nur kurz gibt, zurück zu den beliebtesten Weinsorten vor Ort. Es ist der deutsche Weißwein, der eine starke Renaissance erlebt und den südeuropäischen Weinen und denen aus Übersee in Nichts nachsteht, wie Pietsch, Kitte und Kaiser unisono erklären. Grau- und Weißburgunder aus der Pfalz, dem Badischen und Rheinhessen sind im Weinhaus am Markt stark nachgefragt und in großer Auswahl vorhanden. „Der Riesling ist wegen seiner Säurebetonung nicht ganz so begehrt“, sagt Kaiser. „Den haben die Amerikaner jetzt für sich entdeckt.“
Man dürfe aber auch mal zum halbtrockenen Riesling greifen. Was der Kunde jedoch offenbar nicht so gerne tut. Vielleicht, weil dem halbtrockenen Wein immer noch das Image des süßen Gesöffs anhaftet, das Eltern und Großeltern in den 70ern und 80ern gerne tranken. Bei Jaques gibt es viele Riesling-Freunde und auch eine feine Auswahl verschiedener Winzer.
Sonst gilt für den Herbstgenuss: Neu entdecken und die Weine unbedingt vorher verkosten. Auch die bereits bekannten. „Denn jeder Jahrgang schmeckt anders“, sagt Pietsch, „Wein ist ein Naturprodukt. Und wenn dann auch noch der Weinbauer wechselt, dann verändert sich eine Traube in der gleichen Lage als Wein oft gewaltig.“