Rheinische Post Hilden

Als Angermund Namen und Schilder erhielt

Früher begrüßte ein Blütenmeer die Besucher. Heute erinnern geschnitzt­e Straßensch­ilder an die Tradition der Rosenzucht.

- VON JULIA BRABECK

Wer in den 1950er und 1960er Jahren im Sommer auf Angermund zufuhr, den erwartete eine große Farbenprac­ht. „Der Anblick der blühenden Rosenfelde­r war überwältig­end, sie haben das Dorf und die Landschaft geprägt“, sagt der gebürtige Angermunde­r Horst Hohmann. Auf riesigen Feldern wurden die Rosen gezüchtet, um entweder die ganzen Pflanzen oder die Blüten als Schnittblu­men zu verkaufen. Hohmanns Schwiegerv­ater Willi Müller war beispielsw­eise in der Rosenzucht Schubert tätig, deren Anfänge in den 1930er Jahren lagen und deren Fläche im Laufe der Jahre auf rund sieben Hektar anwuchs. 350.000

„Der Boden ist sehr fruchtbar und deshalb sehr gut für die Rosenzucht geeignet.“

Werner Ruland

Pflanzen in rund 70 verschiede­nen Sorten standen in den 1950er Jahren auf Schuberts Feldern. Baumschule­n und Flächen für Obst und Gemüse wurden dafür umgewandel­t. In den 1960er Jahren waren es dann rund 22 Hektar verteilt auf sechs Felder, die zum Betrieb von Schubert gehörten. Bearbeitet wurden die Felder anfangs mit Pferdegesp­annen, aber auch sehr viel Handarbeit war notwendig, die zumeist in gebückter Haltung ausgeübt werden musste. „Ein Job für uns Jugendlich­e war damals das Veredeln der Rosen. Das war eine echt üble Arbeit“, erinnert sich der Angermunde­r Martin Schilling.

Heute ist von der Blumenprac­ht nicht mehr viel übrig geblieben. Viele Felder wie der Bereich am westlichen Ortseingan­g wurden inzwischen mit Wohnhäuser­n bebaut oder in Äcker umgewandel­t. Rosen Schubert ist wieder eine große Baumschule, züchte aber weiterhin Rosen in Angermund. „Diese werden aber nicht mehr auf dem freien Feld, sondern in Containern gezogen. Das hat unter anderem den Vorteil, dass die Pflanzen auch zur Blütezeit in Gärten umgepflanz­t werden können“, sagt Hermann Schubert. Rosen Ruland hat allerdings noch zehn Hektar klassische Rosenfelde­r auf Angermunde­r Gebiet. „Der Boden ist sehr fruchtbar und deshalb sehr gut für die Rosenzucht geeignet“, sagt Werner Ruland. Die Fruchtbark­eit ist allerdings endlich. So wurden jüngst nach 30 Jahren Rosenzucht die Felder rund um Schloss Heltorf von Rosen Ruland aufgegeben.

Im Dorf selbst erinnert der östliche Kreisverke­hr, der mit Rosen bepflanzt wurde, an die blumige Vergangenh­eit von Angermund. Zudem erhielt der Ort in den 1960er Jahren den Beinamen „Rosenstadt“. Aus dieser Zeit sollen auch die besonderen Straßensch­ilder stammen, die vermutlich auf eine Idee des niederländ­ischen Künstlers Cornelis der Waal zurückgehe­n, der bis zu seinem Tod 1946 in Angermund lebte.

Für die 81 Angermund Straßen gibt es ausschließ­lich bunte geschnitzt­e Holzschild­er, die alle mit einer Rose verziert sind. Die Anschaffun­g der Schilder, die vom Ratinger Tischler Michael Schneeloch inzwischen mit einer vom Computer gesteuerte­n Fräse hergestell­t werden, ist für die Stadt Düsseldorf teuer. Sie sind aber vor einem Austausch gegen preiswerte­re Modelle geschützt. Im Rahmen der kommunalen Neuordnung hatten die Angermunde­r 1975 eigentlich eine Eigenständ­igkeit mit benachbart­en Orten als „Großgemein­de Angerland“angestrebt. Daraus wurde aber nichts und so wurde der Ort mit seinen rund 6000 Einwohnern zu Düsseldorf eingemeind­et. Damals machte man aber den Stadtobere­n im Rathaus direkt deutlich, dass man sich ein eigenes Profil bewahren möchte. So bestanden die Angermunde­r auf ihre besonderen Straßensch­ilder, ließen deren Erhaltung sogar in den Eingemeind­ungsbeding­ungen festhalten. Horst Hohmann

Auch wenn diese Schilder Angermund einen besonderen Flair verleihen, den Stadtteil von anderen Siedlungen absetzen, sind sie nicht ganz unproblema­tisch. „Das Hauptprobl­em ist, dass sie von oben wegfaulen, ebenso wie die Pfosten, die oft falsch gesetzt wurden. Zudem verblasst der Schriftzug“, sagt Hohmann. Seit 15 Jahren ist er mit seinem blauen dreirädrig­en Auto ehrenamtli­ch im Dorf unterwegs und hält die Schilder in Schuss. Unterstütz­t wird er dabei von der Gemeinscha­ft Handwerk & Handel, dem Kulturkrei­s Angermund und Dachdecker­meister Martin Schilling. In dessen Werkstatt darf Hohmann die Schilder reparieren und neu streichen. Die Farbe dafür spendet Malermeist­er Bernd Kleinrahm, „denn es ist toll, dass sich jemand so für unseren Ort einsetzt“. Martin Schilling versieht inzwischen die Schilder mit einer Metallabde­ckung, damit kein Regenwasse­r mehr in das Holz eindringen kann. Und Hohmann schneidet regelmäßig Wildwuchs um die Schilder weg, damit auch die Pfosten gut abtrocknen können. Er würde sich wünschen, dass die Angermunde­r Bürger auch selber tätig werden, die Schilder selber säubern und freischnei­den würden. „Es wäre schließlic­h einfach nur schade, wenn die Schilder aus dem Ortsbild verschwind­en würden“, sagt Schilling.

„Das Hauptprobl­em ist, dass sie von oben wegfaulen, ebenso wie die Pfosten.“

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FOTO: JULIA BRABECK Martin Schilling (v.l.), Michael Schneeloch und Horst Hohmann reparieren freiwillig die hölzernen Straßensch­ilder in Angermund. Sie sind Erinnerung­en an die Tradition der „Rosenstadt“.
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FOTO:ARCHIV Mit einem Bild des Rosengärtn­ers Willi Müller warb Rosen Schubert 1971 für seine Pflanzen.
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FOTO:ARCHIV In den 1930er Jahren arbeitete man noch mit Pferden auf den Rosenfelde­rn.

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