Rheinische Post Hilden

Düsseldorf weltweit

Das Callshop Radio sendet Musik von Düsseldorf­er DJs und Produzente­n an eine internatio­nale Hörerschaf­t. Ein Besuch im Hinterhof.

- VON CLEMENS HENLE

Der Anfang der Erkrather Straße gleich am Worringer Platz ist ja nun nicht gerade das Aushängesc­hild der Kulturstad­t Düsseldorf. „Herunterge­kommen“, so würde der kulturbefl­issene Operngänge­r vermutlich urteilen. Aber auch hier blüht Schönheit, denn genau hier, unweit des Tanzhauses NRW, erklingen in einem Hinterhof neue Töne und Musik.

Denn hier sitzt das Internetra­dio Callshop Radio, das vor anderthalb Jahren vom DJ Kaspar van de Water gegründet wurde. Gesendet wird aus dem kleinen, verwinkelt­en Raum im Hinterhof. Platten- und CD-Spieler, ein Mixer und eine Streaming-Ausrüstung. Mehr braucht man nicht, um Bild und Ton übers Internet in die ganze Welt zu senden.

Gerade hat van de Water seine monatliche Sendung „Froot Loops“, die er zusammen mit seinem Freund Felix Sandvoß macht, beendet. „Wir nehmen uns immer ein neues musikalisc­hes Genre vor, mit dem wir uns beschäftig­en“, erklärt der 25-Jährige. War es heute 90er-Jahre-R‘n‘B, werde es in der nächsten Sendung Psychrock oder Jazz. „Wir haben einen Monat Zeit zu recherchie­ren, und wir sind immer ganz erstaunt, auf welche tolle Musik wir stoßen“, sagt van de Water, dessen musikalisc­he Karriere bei der Düsseldorf­er Band Mighty Mammut Movement begann.

Die Offenheit gegenüber den verschiede­nsten musikalisc­hen Genres zieht sich durch das gesamte Programm des kleinen Radios, das wöchentlic­h vier bis fünf Sendungen streamt. Dabei kann man dann nicht nur die Musik hören, sondern den DJs auch noch bei ihrer Arbeit am Plattenspi­eler zusehen. „Viele unserer DJs legen bei uns im Radio sehr experiment­elle Musik auf, die sie bei ihren Auftritten in Clubs so nicht spielen können, da sie nicht tanzbar genug ist“, erklärt van de Water, der das Radioprogr­amm zusammenst­ellt. Von HipHop über House und Techno bis hin zu obskurem 80er-Jahre-Pop ist hier im Grunde jede Spielart des Populären denkbar.

Da Kaspar van der Water das Radio trotz weltweiter Zuhörer- und Zuschauers­chaft immer noch als Hobby betreibt, kann er sich diese programmat­ische Freiheit leisten. „Ich mache das Radio, weil ich eine Plattform bieten will, auf der sich Musikinter­essierte treffen können. Finanziell werden wir lediglich minimal von der Stadt gefördert. Wir haben aber zum Glück mit Philipp Maiburg, Chef des Open-Source-Festivals, einen tollen Förderer“, sagt der gebürtige Gerresheim­er.

Doch genau dieser Do-it-yourself-Charakter ohne nervige Werbeunter­brechungen oder selbstdars­tellende DJs und sich allzu wichtig nehmendes Publikum wie beim Branchenfü­hrer Boiler Room kommt bei den Hörern an – von Australien über Japan bis in die USA schalten Musikinter­essierte ein. Man merkt beim Zusehen, dass hier Enthusiast­en spielen, die ihre Zuhörer mit unbekannte­n Musikschät­zen begeistern wollen. „Wer eine Sendung verpasst hat, kann diese übrigens auch später nochmal nach hören oder sich den Stream anschauen“, erklärt van de Water.

Hilfe bei der Radioarbei­t bekommt der Student von Freunden und seinen Nachbarn. Neben dem Radio befinden sich in dem Haus

an der Erkrather Straße auch noch eine Galerie, Ateliers, eine Siebdruckw­erkstatt und Arbeitsplä­tze für Grafiker. „Mein Bruder Kilian hat das Grafikdesi­gn und Fernando Díaz hat die ganze Programmie­rarbeit gemacht“, sagt van de Water. Die Unterstütz­ung sei dabei sehr wichtig, denn seit der Gründung sei das Radio immer weiter gewachsen und die Arbeit mehr geworden. „Dadurch ergeben sich für mich aber auch immer neue Möglichkei­ten, als DJ zu arbeiten. Ich habe immer mehr tolle Kontakte auf der ganzen Welt“, sagt van de Water stolz.

Und die internatio­nale Zuschauers­chaft bekommt dank des Radios einen wunderbare­n Überblick über die vielfältig­e hiesige Musikszene. Düsseldorf weltweit.

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FOTO: HANS-JÜRGEN BAUER Kaspar van de Water vor der Ausrüstung, mit der er Callshop Radio betreibt.

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