Ein Ferrari im Stadtverkehr
Iveta Apkalna hat die erste CD auf der Orgel in der Elbphilharmonie aufgenommen.
HAMBURG Orgeln in Konzertsälen sind oft wunderliche Geschöpfe. Sie sollen Volumen haben, sollen ein Orchester überstrahlen können, sollen aber auch betörende Farben aufscheinen lassen.
Eine ganz andere Frage ist, ob sie überhaupt klingen. Die in der Düsseldorfer Tonhalle wird seit Jahren nicht bedient, im Ernstfall wird ein elektronisches Gerät reingeschoben. Ein prachtvolles neues Instrument steht in der Duisburger Mercatorhalle und wird auch ausgiebig genutzt. Ebenso haben sich die Philharmonien in Köln, Essen und Dortmund funkelnde Majestäten bauen lassen.
Natürlich verfügt die Hamburger Elbphilharmonie ebenfalls über eine rassige neue Orgel, die Bonner Edelfirma Klais hat sie gebaut, 69 Register auf vier Manualen – doch auch sie muss das Problem lösen, dass Philharmonien keine Kathedralen sind, in denen schöner Hall den Klang veredelt und fluten lässt, sondern Räume mit enger, teilweise komplizierter Akustik. Besonders tückisch ist der Sound in der Elbphilharmonie, ein Problem, über das optisch beeindruckte Besucher gern hinweghören.
Nun gibt es die erste CD („Light & Dark“bei Berlin Classics), und leider überzeugt sie nur eingeschränkt. Gewiss ist die Lettin Iveta Apkalna eine Virtuosin, gewiss ist das Programm mit Schostakowitsch, Gubaidulina, Janácek und Ligeti spektakulär, aber die Orgel klingt überraschend stumpf und mulmig. Sie ist eine Alleskönnerin, deren Charme der Raum schluckt. Sie erinnert an einen Ferrari, der nur im Stadtverkehr zum Einsatz kommt.