Buntes Treiben im Mikrokosmos
Sönke Wortmann inszeniert die erste Premiere der Saison. Mit „Menschen im Hotel“nach dem Roman von Vicki Baum feiert das Schauspielhaus auch einen Schritt seiner Rückkehr an den Gustaf-Gründgens-Platz.
DÜSSELDORF „Ich hätte dieses Stück nirgendwo sonst machen wollen“, sagt Regisseur Sönke Wortmann. „Wäre das jetzt nicht möglich gewesen, hätte ich lieber noch ein Jahr gewartet.“
Wir sitzen im leeren, stillen Foyer, der Blick geht hinaus auf den improvisierten Eingang am Hofgarten. Sönke Wortmann schaut sich um. „Ich mag dieses Haus, von innen und von außen. Ein gutes Gefühl, wieder hier zu sein.“Zwei Mal hat er hier bereits als Regisseur gearbeitet, bald 20 Jahre sind seit „Bullets over Broadway“und „Der Krüppel von Inishmaan“vergangen. „Willkommen“
„Ich hätte das Stück nirgendwo sonst machen wollen“
Sönke Wortmann, Regisseur
von Lutz Hübner inszenierte er im Februar 2017 im Central, ein Dauerbrenner im Programm.
Nun also „Menschen im Hotel“, nach dem Roman von Vicki Baum. Er wurde gefragt, welcher Stoff ihn interessieren würde, und sei auf diesen Roman gekommen, erzählt Sönke Wortmann. Parallel dazu gab es auf der Dramaturgiesitzung im Theater die gleiche Überlegung. „Manchmal kommt eben beides zusammen“, sagt er und sieht dabei sehr zufrieden aus. Seine Begeisterung für die Autorin Vicki Baum ist noch recht frisch.
Vor fünf Jahren las er im Urlaub „Liebe und Tod auf Bali“und wollte danach auch ihre anderen Bücher kennenlernen. Um die literarische Vorlage bühnenreif zu machen, brauchte es eine entsprechende Fassung. Sie wurde Stephan Kaluza anvertraut, eine Wahl, die allen gefiel. „Die Herausforderung war, Vicki Baums schöne, poetische und dennoch moderne Sprache in ein Theaterstück zu übertragen“, sagt er. „Wir sind dabei auf einen hübschen Einfall gekommen, aber den verrate ich jetzt noch nicht“, so der Regisseur.
Da sowohl der Autor als auch der Regisseur sowie der Bühnenbilder Florian Etti in Düsseldorf leben, sei aus „Menschen im Hotel“eine Art Heimspiel geworden. „Wir überlegten noch, ob wir den Stoff in seiner ursprünglichen Zeit belassen oder ihn ins Heute versetzen“, berichtet er. Man entschied sich dafür, den Rahmen im Berlin der 20er-Jahre beizubehalten. „Die Konstellation der Figuren, die sich in einem Hotel bewegen, hat sich seitdem nicht grundlegend geändert“, befindet Sönke Wortmann. „Es ist und bleibt ein Durchgangsort. Ganz unterschiedliche Menschen kommen und gehen, einfache und erfolgreiche, Gäste mit und ohne Geld.“
Wie hält er es selber mit Hotels? „Den Mikrokosmos, auf den man dort trifft, fand ich schon immer interessant“, antwortet er. „Ich bin gern in einem schönen Hotel, wenn auch nur für ein paar Tage, dann will ich wieder nach Hause.“
Inszeniert er eine Komödie oder eher eine Tragödie? Sönke Wortmann überlegt kurz. „Es wird sicher keine Komödie, dafür passieren darin zu wenig lustige Dinge. Einzelne Situationen weisen eine gewisse Komik auf, aber viel zu lachen gibt es nicht. Ich würde eher sagen, das Stück ist melancholisch-romantisch.“
Fasziniert hat ihn dabei auch die episodenhafte Erzählweise. „Es gibt keine klare Hauptrolle, die Dramaturgie macht Umwege. Menschen treffen sich, begleiten sich eine Weile, driften wieder auseinander. Er hält inne und lacht. „Ich will jetzt aber gar nicht diese Beispiele aus dem Film nennen, ich bin ja als Theaterregisseur hier.“
Dabei steht Sönke Wortmann für beides. Nur vier Wochen nach der Premiere von „Menschen im Hotel“kommt sein Film „Der Vorname“ins Kino. Eine gallige Komödie mit Bestbesetzung, darunter Caroline Peters (gerade als „Schauspielerin des Jahres“ausgezeichnet und in Düsseldorf in „Heisenberg“zu Gast), Justus von Dohnanyi und Florian David Fitz.
„Stimmt, das ist eine aufregende Zeit“, bestätigt der Regisseur. Momentan aber kreist sein ganzes Denken um die Endproben im Theater, das er in diesen Tagen kaum verlässt. Bereits am Dienstag steht eine öffentliche Probe von „Menschen im Hotel“an. Solche Voraufführungen am Schauspielhaus sind sehr beliebt und fast immer ausverkauft.
Mag er das, seine Arbeit schon vor der Premiere beäugen zu lassen? „Ich brauche es nicht, habe aber auch nichts dagegen“, sagt Sönke Wortmann und sinniert: „Es könnte tatsächlich auch ein guter Gradmesser sein, um herauszufinden, wie das Publikum auf bestimmte Szenen reagiert. Dann hätte ich noch die Chance, in letzter Minute etwas zu korrigieren.“Nur ein Regiepult mitten im Saal, das wolle er keinesfalls, das ist ihm zu exponiert. Lieber nimmt er unauffällig außen in einer Reihe Platz. So kann er auch beobachten, wie das Bühnenbild von Florian Etti wirkt.
Natürlich kommt bei den wechselnden Schauplätzen von „Menschen im Hotel“die leistungsfähige Drehbühne im Haus am Gustaf-Gründgens-Platz zum Einsatz. „Ich wüsste gar nicht, wie das ohne Drehbühne zu inszenieren wäre“, sagt er. „Wir wollen dem Publikum neben der Schauspielkunst auch optisch viel bieten und haben uns dafür einiges einfallen lassen. Es soll ja ein unterhaltsamer Abend werden.“