Schäuble warnt vor Spaltung der Gesellschaft
BERLIN (kna) Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble hat nach den Vorfällen in Chemnitz und Köthen zur Stärkung des gesellschaftlichen Zusammenhalts aufgerufen. „Wir brauchen keine Revolution, sondern einen starken und toleranten Rechtsstaat“, sagte Schäuble am Dienstag zu Beginn der ersten Bundestagssitzung nach der Sommerpause. „Darauf müssen wir bestehen.“Die Durchsetzung des Rechts sei nicht relativierbar.
Er appelliere an alle, „die in unserem Land Verantwortung tragen für das Funktionieren von Polizei und Justiz“. „Wenn wir gegenseitige Toleranz und Respekt sichern wollen, müssen wir klarstellen, dass Gewalt und Aufforderung von Gewalt genauso verboten sind wie die Verwendung von Parolen und Symbolen, die den demokratisch-rechtsstaatlichen Grundkonsens unserer Republik infragestellen.“Ausländerfeindlichkeit, Nazi-Symbole, Hitlergrüße, Angriffe auf jüdische Einrichtungen – für all das dürfe es weder Nachsicht noch verständnisvolle Verharmlosung geben.
Schäuble warb zudem dafür, auch denjenigen zuzuhören, die sich derzeit in politisch-gesellschaftlichen Debatten nicht mehr wiederfinden. „Menschen, die sich vor zu schnellen Veränderungen fürchten, auch vor zu viel Zuwanderung fürchten, müssen genauso ernst genommen werden, wie die, die für eine offene Gesellschaft eintreten“, so Schäuble.
„Die letzten Wochen haben uns vor Augen geführt, dass in Teilen unserer Bevölkerung Verunsicherung wächst und dass sich die Gesellschaft spaltet“, sagte Schäuble weiter. Zwar gehörten „unterschiedliche Interessen, Lebensstile, Meinungen“zur freiheitlichen Ordnung dazu. Auch seien öffentliche Debatten notwendig, zu denen auch Demonstrationen gehörten. Entscheidungen müssten jedoch demokratisch legitimiert sein und könnten nicht „auf der Straße gefunden werden“. Weiter rief er alle Verantwortlichen dazu auf, Recht und Gesetz konsequenter durchzusetzen. Umgekehrt solle nicht jede Verfehlung einer Behörde gleich als Staatsversagen bezeichnet werden.