Die deutsche Warenhaus-AG
Der Zusammenschluss von Galeria Kaufhof und Karstadt ist perfekt. Die Hauptverwaltung bekommt ihren Sitz in Köln – ein Zugeständnis, weil die Kaufhof-Belegschaft am meisten leiden wird.
ESSEN/KÖLN Sieben Jahre nach seinem ersten Versuch, die Kölner Warenhauskette Galeria Kaufhof zu übernehmen, hat der Immobilien-Mogul René Benko sein Ziel erreicht. Benko, dessen Familie über die Signa Holding die Mehrheit am Essener Kaufhof-Konkurrenten Karstadt hält, ist der Macher der künftigen deutschen Warenhaus AG, die aus dem Zusammenschluss der beiden Unternehmen entsteht.
Benko hatte bereits Ende 2011 für den Kaufhof, die damals erfolgreichere der beiden deutschen Warenhausketten, geboten. Metro-Chef Olaf Koch hatte die Kaufhof-Veräußerung
„Das ist eine Paarung der letzten beiden Dinosaurier“
Gerrit Heinemann Handelsexperte
aber kurz nach seinem Amtsantritt Anfang 2012 auf Eis gelegt. Der Konzern zählte Kaufhof damals zwar nicht mehr zum Kerngeschäft, doch für einen möglichen Verkauf hatte Koch mehrfach einen angemessenen Preis, eine solide Finanzierung sowie eine langfristige Strategie als Voraussetzung genannt. All das schien Benko nicht gewährleisten zu können. Drei Jahre später bot der smarte Unternehmer wieder, unterlag aber dem kanadischen Konzern Hudson’s Bay (HBC).
Jetzt werden Benkos Signa und HBC nach außen hin gleichberechtigte Partner. Trotzdem erscheint der Österreicher wie der große Sieger in den Verhandlungen um die Zukunft der Warenhäuser. Das Kölner Unternehmen wird Tausende Jobs verlieren, die Führung stellt mit ihrem Vorstandschef Stephan Fanderl die Karstadt-Gruppe, und Benkos Immobilien-Holding übernimmt Kaufhof-Traditionshäuser wie das Carschhaus in Düsseldorf und die renommierte Filiale an der Hohe Staße in Köln – für einen Immobilien-Unternehmer wegen ihrer zentralen Lage echte Juwelen. Die daraus erzielten Erlöse würden in das operative Geschäft investiert und zur Rückführung der Verbindlichkeiten verwendet, erklärte Signa am Dienstag.
Köln bekommt dem Vernehmen nach zwar die Hauptverwaltung, aber das wäre wohl nur ein optisches Zugeständnis für die tiefen Einschnitte bei der Kaufhof-Belegschaft. Essen hat den Kampf um den Standort überdies noch nicht aufgegeben: „Eine Entscheidung über die Zukunft der Karstadt-Hauptverwaltung in Essen ist noch nicht gefallen. Viele Argumente sprechen weiterhin für Essen. Vor allem das Know-how und die Expertise der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie die zentrale Lage des Traditionsstandortes. Stadt und Essener Wirtschaftsförderungsgesellschaft kämpfen gemeinsam für den Erhalt der Arbeitsplätze in Essen. Dazu stehen wir in engem Austausch mit allen Akteuren“, sagte der Essener Oberbürgermeister Thomas Kufen (CDU) unserer Redaktion.
„Wir freuen uns auf die Partnerschaft mit HBC. Durch dieses Gemeinschaftsunternehmen haben zwei Traditionsunternehmen eine ideale Lösung gefunden, um sich im stark umkämpften deutschen und europäischen Einzelhandelsmarkt erfolgreich zu positionieren“, sagte der künftige Spitzenmanager Fanderl. 18.000 96 Mrd. € 19.000 79 „Wir glauben, dass es die beste Lösung für Kunden, HBC, unsere Mitarbeiter und die Stadtzentren ist, in denen wir tätig sind“, ergänzte HBC-Chefin Helena Foulkes. Sie sprach von einer „klugen und strategisch sinnvollen Entscheidung“.
Durch eine „Fusion unter Gleichen“entstehe ein führender Mulitikanal-Anbieter mit 243 Standorten und breiter E-Commerce-Plattform, erklärten die neuen Partner. Zwei Unternehmen mit Wurzeln im vorvergangenen Jahrhundert, die nicht nur gegen die Einkaufszentren kämpfen, sondern vor allem gegen die übermächtig erscheinende Konkurrenz aus dem Netz.
Um zu begreifen, wie sehr das Online-Geschäft die Handelswelt in den vergangenen 20 Jahren verändert hat, ein paar Zahlen: Der Internet-Umsatz ist in diesem Zeitraum um mehr als 2000 Prozent gewachsen, jener der großen Waren- und Kaufhäuser um 40 Prozent gesunken. Der Anteil des Online-Geschäfts am gesamten Einzelhandelsumsatz ist bei 4,5 Prozent fast Mrd. € doppelt so hoch wie der von Karstadt, Kaufhof und Co. Die Riesen von einst haben sich dagegen mit zahllosen Rabattaktionen zu wehren versucht, was die Gewinne aufgezehrt hat und die Warenhaus-Betreiber in die Krise geführt hat. Karstadt geriet an den Rand der Pleite, auch bei Galeria Kaufhof sahen Teile des Managements zwischenzeitlich die Existenz in Gefahr.
Jetzt soll die Fusion es richten – eine Fusion, an deren Erfolg der Handelsexperte Gerrit Heinemann zweifelt: „Das ist eine Paarung der letzten beiden Dinosaurier, die allein nicht überlebensfähig sind.“Das Unternehmen brauche mindestens 300 Millionen Ergebnisverbesserung, um auf einen Vorsteuergewinn (Ebit) von vier Prozent zu kommen. Für die Zukunft der zusammengerechnet knapp 180 Häuser stellt Heinemann eine düstere Prognose: „Die Warenhäuser werden abgespeckt nur in Metropolen überleben können. In zehn Jahren wird es vielleicht noch 80, in 15 Jahren vielleicht nur 50 echte geben.“