Ryanair streicht wegen Streiks 150 Flüge
Auch in Düsseldorf, Weeze und Köln fallen am Mittwoch Flüge weg, während das Management mit dem Streichen von Stellen droht. Ende September sollen weitere Arbeitskämpfe in Italien oder Spanien folgen.
DÜSSELDORF/DUBLIN Die Streiks beim irischen Billigflieger Ryanair eskalieren in Deutschland. Nachdem das Management am Dienstagvormittag noch signalisiert hatte, einen möglichen Streik am Mittwoch auch ohne Flugausfälle bewältigen zu können, folgte am Dienstagnachmittag eine andere Nachricht: 150 der 400 Flüge wurden für Mittwoch abgesagt, weil die Pilotengewerkschaft Vereinigung Cockpit sowie die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi zu einem gemeinsamen Streik von Piloten und Kabinenpersonal aufgerufen haben. „Die Gehälter der Flugbegleiter bei Ryanair sind so niedrig, dass sie nicht ausreichen, um einen auskömmlichen Lebensstandard zu sichern“, sagt Verdi-Bundesvorstand Christine Behle. Nun habe man den größeren Teil der Beschäftigten organisiert „und es werden täglich mehr“. Insgesamt ginge es um rund 1000 Flugbegleiter, von denen allerdings 70 Prozent als Leiharbeitskräfte tätig seien.
In Düsseldorf fallen wegen des Arbeitskampfes vier Hin- und Rückflüge nach Spanien aus, die von der Ryanair-Tochterfirma Laudamotion vermarktet wurden. Drei davon sollten nach Mallorca gehen, einer nach Malaga. Am Flughafen Köln/ Bonn hat der Billigflieger 20 seiner geplanten 56 Starts und Landungen gestrichen. Auch der Airport Weeze, der traditionsreichste Standort von Ryanair in NRW, ist betroffen. Dort fallen zwölf der 28 Flüge aus, erklärte ein Sprecher.
Verdi droht damit, den Arbeitskampf auszuweiten. Mittwoch sei kein verkehrsstarker Tag, erklärte Verdi-Verhandlungsführerin Mira Neumaier. Es handele sich um ein „Warnsignal“an den Konzern. Ob es zu weiteren Streiks komme, hänge vom Verlauf weiterer Verhandlungen mit Ryanair ab.
Das Unternehmen versucht derweil, die Belegschaft unter Druck zu setzen. Die Streiks der Gewerkschaften seien unberechtigt und würden dem Unternehmen schaden, erklärte Ryanair-Vertriebschef Kenny Jacobs. Sollten die Streiks andauern, müssten alle Standorte in Deutschland überprüft und womöglich Personal abgebaut werden. Er forderte die Piloten auf, zur Arbeit zu erscheinen – doch weil Piloten in ganz Europa gesucht werden, haben die nur wenig Sorge vor einem Verlust des Jobs. Laut Ryanair kommen mittlerweile einige Kollegen sogar auf Gehälter von 190.000 Euro im Jahr – das Unternehmen reagiert auf viele Kündigungen.
Dabei kommt Rynair in ganz Europa unter Druck. Bei einem europaweit koordinierten Streik Anfang August waren in Deutschland 250 Flüge mit rund 42.000 Passagieren ausgefallen.
Ryanair leidet unter einer Streikwelle, nachdem der Billigflieger seit Monaten erstmals mit Gewerkschaften in mehreren Ländern über Tarifverträge für Piloten und Kabinenbeschäftigte verhandelt, so auch in Deutschland. In Irland und Italien hat sich Ryanair bereits mit den Piloten geeinigt. Kabinenpersonal in Italien, Portugal, Belgien, Spanien und den Niederlanden hat neue Streiks für Ende September angedroht. Ihre monatlichen Gehälter liegen häufig nur wenig höher als 1000 Euro.
Dabei läuten die Streiks eine Zeitenwende in der Airline-Industrie Europas ein. „Die Zeit der extrem niedrigen Personalkosten ist bei Ryanair als größtem Billigflieger Europas vorbei“, sagt der Unternehmensberater Gerald Wissel, „das entlastet die anderen Fluglinien etwas.“Ein Lufthansa-Vorstand sagt es so: „Tickets dürfen nicht weiter im Preis verfallen.“
Passagiere, deren Flüge ausfallen, erhalten das Angebot eines alternativen Fluges von Ryanair. Anspruch auf Schadenersatz haben sie nicht, dafür allerdings auf die Rückgabe des Ticketpreises.