Von der Rhone an den Rhein
Besuch bei Chico Bouchikhi von den Gipsy Kings im französischen Arles. Im Oktober tritt seine Band in Düsseldorf auf.
Der Sonnenuntergang über der Rhone in Arles taucht das „Dörfchen“der Gipsy Kings in goldenes Licht. Eine malerische Szenerie mit Zirkuswagen, Pferden und Paella über offenem Feuer. In das weitläufige Gelände am Rande eines Wäldchens strömen am frühen Abend Hunderte von Besuchern und bestaunen die Kulisse. Das Konzert der Gipsy Kings auf eigenem Grund und Boden beginnt erst um 22 Uhr. Der Saal ist verschlossen, aber alle sind zeitig da. Sie wollen ein Gesamterlebnis genießen und hoffen auf Tuchfühlung mit den Musikern. Ausgeschlossen ist das nicht. Chico Bouchikhi, der Chef der Truppe, steht unten am Flussufer, voller Vorfreude auf das Konzert.
„Arles bedeutet mir alles“, sagt Bouchikhi. „Kindheit, Inspiration und Glück.“Die südfranzösische Stadt war ihm oft genug Fluchtburg in düsteren Stunden. Damals, als die Gipsy Kings nach langen erfolgreichen Jahren und Welthits wie „Bamboléo“, „Volare“und „Baila Me“auseinanderbrachen. Sie teilten sich in zwei Formationen auf. Die eine zog nach Amerika, die andere blieb in Europa. Chico Bouchikhi, der einst als Schwager der Brüder Patchai, Canut und Paul Reyes zu der Gruppe gestoßen war, fing bei Null an. Unter dem Namen Original Gipsy Kings gelang ihm eine neue Karriere. Umso größer sein Stolz, als zwei der abtrünnigen Reyes-Brüder zu ihm zurückkehren wollten. „Meine Tür stand ihnen offen“, sagt er. Die Familienbande war eben stärker als jeder Zwist, an dem die Plattenund Produktionsfirma kräftig mitgewirkt hatte.
Seit zwei Jahren sind sie nun wieder gemeinsam auf Tour. Im Herbst gastieren die Original Gipsy Kings in sechs deutschen Städten, am 7. Oktober etwa in der Mitsubishi Electric Halle. „Zu Deutschland haben wir eine lange und schöne Beziehung, sie geht auf den Konzertveranstalter Fritz Rau zurück“, erzählt Chico Bouchikhi. „Wir mussten ihm versprechen, jedes Jahr ein Konzert zu geben.“
Ruedi Ledermann hat das alles miterlebt. Seit über 35 Jahren ist der Schweizer als Bouchikhis treuester Gefährte und umsichtiger Organisator immer dabei. Auch jetzt in Arles. Der Zufall führte sie einst zusammen: „Ein Mädchen, das ich kannte, begeisterte sich für spanischen Tanz und perfektionierte den Flamenco“, erzählt Ledermann. „Man bot ihr eine eigene Samstagabend-Show im Schweizer Fernsehen an. Dafür suchte sie weitere Künstler und stieß auf die Gipsy Kings. Es war eine Seelenverwandtschaft.“Die Tänzerin wurde Ruedi Ledermanns Frau und ist eine Berühmtheit: Nina Corte.
Kein anderer kennt so viele Anekdoten der Gipsies und plaudert so lebhaft von den wilden Partyzeiten in St. Tropez wie Ledermann. Brigitte Bardot mochte den smarten Chico und schloss sich gern der Gruppe an, getarnt mit einer braunen Perücke. „Manchmal wurde sie auf ihre Ähnlichkeit mit der Bardot angesprochen und amüsierte sich über die gelungene Verkleidung“, erinnert sich Ledermann. Auf einer großen Bilderwand im Wäldchen ist Bardot mit anderen Prominenten im Dunstkreis der Gipsy Kings zu sehen, darunter Romy Schneider und Elton John. Unvergessen sind für Chico die Begegnungen mit dem Dalai Lama oder der Queen. Die stets braun gebrannten Musiker mit französisch-spanischen Wurzeln waren enorm populär, weil sie Ferienlaune und ewige Sommerstimmung versprühten.
Eine Wirkung, die sie noch immer haben. Man muss gesehen und gehört haben, wie die Truppe es versteht, vom ersten Ton an ihr Publikum zu faszinieren. Da ist ein permanentes Leuchten in der Halle von Arles. Sterne funkeln, Lichterketten blinken. Vorwiegend sind es Frauen, die sofort von ihren Sitzen springen, nach vorn zur Bühne drängen und verzückt lostanzen. Lebensfreude pur.
Die Original Gipsy Kings, die meisten Bandmitglieder nicht mehr jung, scheint das aufgestaute Temperament im Saal zu beflügeln. Eine Dynamik, die sich Chico Bouchakhi auch für Düsseldorf wünscht. „Wir können mit unserer Musik die Welt nicht verändern, aber wir pflanzen gute Energie in die Herzen“, sagt er. „Unsere Botschaft kommt an, ungeachtet der Sprachen, Generationen und Kulturen. Das ist es, was mich motiviert.“