Rheinische Post Hilden

Schöllerki­rche – hier kommen Pilger zur Ruhe

Die Dorfkirche in Schöller ist die älteste im Kirchenkre­is Niederberg. Am 16. September gibt es dort ein Bläserkonz­ert.

- VON SABINE MAGUIRE (TEXT) UND MIKKO SCHÜMMELFE­DER (FOTOS)

SCHÖLLER Ihr Siebenuhrg­löckchen ruft allabendli­ch zur Gelassenhe­it. Sein wunderbare­r Klang umfängt die Schölleran­er seit Jahrhunder­ten. Sie lieben ihre kleine Kirche und nun ist war der Fördervere­in, der ihre Türen am „Tag des offenen Denkmals“öffnete. Das war für das kleine Gotteshaus eine Premiere an einem solchen Tag. Eigentlich tut die Kirche es immer, auf eine stille Weise - ihr Tor steht tagsüber für jedermann offen. Ihr altes Gemäuer ist zu einem Pilgerort geworden. Spaziergän­ger und Radfahrer halten dort inne, um zur Ruhe zu kommen.

Die Dorfkirche in Schöller ist die älteste Kirche in Wuppertal und im Kirchenkre­is Niederberg, zu dem sie seit jeher gehört. Ihr Turm ist aus dem 12. Jahrhunder­t und irgendwann zog ein Taufbecken bei ihr ein, das noch vier Jahrhunder­te

Ihre Erbauer haben viel Schweiß gelassen, um mit eigener Hände Arbeit einen Ort des Glaubens zu schaffen

mehr auf dem sprichwört­lichen Buckel hat. Ihre Architektu­r ist von einer wunderbare­n Schlichthe­it.

„Bis zur Jahrtausen­dwende standen hier noch Stühle“, zeigt Jürgen Fritz vom Fördervere­in auf die hölzernen Kirchenbän­ke. So etwas gab es dort auch früher schon, hoch oben auf der Empore. Eingeritzt die Namen derjenigen, die ringsum auf den Höfen wohnten. Vermutlich hat es damals niemand gewagt, ihnen ihren angestammt­en Platz streitig zu machen. Seit Jahrhunder­ten werden in ihr nun schon Lieder gesungen und das Wort Gottes verkündet. Sie ist der Ort, an dem gesagt wird, wer gestorben ist. Liebende werden vermählt und Kinder getauft. Das bindet die Menschen an „ihre“Kirche.

Mit dem Ohr an ihre alten Kalksteinm­auern gelehnt, kann man den Geschichte­n lauschen, die sie zu erzählen hat. Es sind traurige wie die von ihrer dritten Glocke, die zu Kriegszeit­en eingeschmo­lzen und durch eine neue ersetzt wurde. Oder die vom Brand in der Scheune nebenan, als die Funken hinüberflo­gen in ihr Gebälk.

Und dann gibt es noch die von ihrem Mittagsläu­ten, das über Jahrzehnte hinweg gegen den ZwölfUhr-Knall im benachbart­en Steinbruch ankämpfen musste. Dort wurde gesprengt, und nicht nur das Donnern der brechenden Steine, sondern auch noch die Warnsirene machten zu gleicher Zeit ein ordentlich­es Getöse. „Wir haben hier auf dem Dorf kurze Wege. Die Kalkwerke sprengen jetzt eine halbe Stunde früher“, berichtet Martin Bäßler erfreut vom Presbyteri­um über gelungene Verhandlun­gen mit der Familie Iseke, die das Kalkwerk Oetelshofe­n seit mehr als 100 Jahren betreibt.

Wer sich in der Dorfkirche umschaut, dem fällt vor allem eines auf: Sie braucht weder Pomp noch Getöse, um auf sich aufmerksam zu machen. Im Innern wurden ihre alten Turmmauern irgendwann mal freigelegt. Der Sternenhim­mel, der einst über ihrem Abendmahls­tisch prangte, ist einem schlichten Anstrich gewichen.

Es gibt noch vieles an ihr, das schon vor 800 Jahren unter großen Mühen aufgebaut wurde. Man vergisst oft, dass in diesen Zeiten kein Baukran anrückte, um Stein auf Stein zu setzen. Ihre Erbauer haben viel Schweiß gelassen, um mit eigener Hände Arbeit einen Ort des Glaubens zu schaffen.

Jahrhunder­te später wurde in ihrer Nachbarsch­aft der Humanist Konrad Heresbach geboren. Dessen klare und humanistis­che Gesinnung, die auch der Pfarrer und die damaligen Herrn von Schöller teilten, führte schließlic­h um 1530 zur Einführung des evangelisc­hen Gottesdien­stes. Seither gilt Schöller als die älteste evangelisc­he Gemeinde im ganzen Bergischen Land.

Aber nun noch einmal zurück zur Schöllerki­rche. Sie ist ein wahres Kleinod, angefüllt mit kirchenges­chichtlich­en Kostbarkei­ten. Eine barocke Kanzel zog bei ihr ein, ebenso wie eine Einbaumtru­he. Aus Erkrath kam die erste Orgel, die zweite wurde aus dem benachbart­en Wuppertal herangesch­afft. Das Kirchensch­iff wurde umgebaut, die Flachdecke durch ein Holztonnen­gewölbe ersetzt und die Fenster wurden vergrößert.

Vor ein paar Wochen flog eine Drohne über ihren Turm hinweg. Danach musste sie sich von ihrer Kuppel und dem Wetterhahn trennen. Beides ist im Laufe der Jahre marode geworden, wie bei so vielen Gotteshäus­ern derzeit. Noch im

Herbst soll ein Tunnel im Eingangsbe­reich ihre Besucher davor schützen, vom Mörtel getroffen zu werden, der aus den Fugen ihres Turms rieselt.

Aber all das ist nur vorübergeh­end. Es gibt schon Gutachter, die sich ihr sorgsam zuwenden. Und Architekte­n, bei denen sie gut aufgehoben zu sein scheint.

Spätestens in zwei Jahren soll der Wetterhahn wieder den Kirchturm zieren.

 ??  ?? Blick in den Innenraum der Dorfkirche. Ihre schlichte Ausstattun­g vermittelt eine ruhige Atmosphäre. Die Orgel kommt aus Wuppertal.
Blick in den Innenraum der Dorfkirche. Ihre schlichte Ausstattun­g vermittelt eine ruhige Atmosphäre. Die Orgel kommt aus Wuppertal.
 ??  ?? Die Dorfkirche der Evangelisc­h-Reformiert­en Gemeinde in Schöller ist die älteste Kirche im Kirchenkre­is Niederberg. Sie ist denkmalges­chützt.
Die Dorfkirche der Evangelisc­h-Reformiert­en Gemeinde in Schöller ist die älteste Kirche im Kirchenkre­is Niederberg. Sie ist denkmalges­chützt.
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In die Kirchenbän­ke sind Sprüche und Namen eingeritzt - von Menschen, die ringsum auf den Höfen wohnten.

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