Rheinische Post Hilden

Streitet mit Allah!

- VON AHMAD MANSOUR

Wer sich auf Schulhöfen in Deutschlan­d bewegt, wird öfter Worte hören wie „halal“und „haram“, also „erlaubt“und „verboten“. Das Kopftuch ist Pflicht, ansonsten bestraft uns Gott mit der Hölle, hört man Kinder sagen. Sex vor der Ehe ist eine Sünde. Und was im Koran steht, darf man nicht hinterfrag­en.

Da ist sie wieder: die Unmündigke­it, bei der die Verantwort­ung immer nach oben abgegeben wird. Der da oben, in diesem Fall Gott, bestimmt alles, die da unten müssen keine Verantwort­ung übernehmen, Aussagen hinterfrag­en oder kritisch denken. Nein, sie dürfen es erst gar nicht. Das ist der Schwerpunk­t des islamische­n Religionsv­erständnis­ses.

Dazu kommt, dass die Entstehung des Korans nicht im historisch­en und lokalen

Kontext betrachtet wird, sondern als von Allah diktiert. Es wird mit Angstpädag­ogik gearbeitet. Und besonders verdammt wird eine selbstbest­immte Sexualität. Dahinter steckt das Dogma, dass mein eigenes, intimstes Lebendigse­in nicht mir gehört, sondern der Familie, dem Clan, der Gruppe und der Religion. Man stelle sich nun jemanden vor, der so denkt und in Deutschlan­d lebt. Wie soll er überhaupt entspannt auf die Straße gehen, Arbeit finden, seine Nachbarin begrüßen oder der Lehrerin die Hand geben, wenn all das eine Gefahr für ein frommes Leben darstellt?

Doch solange wir Muslime nicht mündig werden und in der Lage sind, mit Gott zu streiten, kommen wir nicht weiter und werden immer ein Problem haben. Religiös kann und darf jeder sein. Aber man darf seine Verantwort­ung für sein Leben nicht mit der Begründung abgeben, man sei gläubig.

So passiert es übrigens auch jedes Jahr im Neuköllner Bezirksamt, wenn irgendwelc­he Imame zusammenge­bracht werden, die dann eine Erklärung schreiben, dass Kinder im Grundschul­alter im Ramadan nicht fasten sollten. Müssten Eltern nicht selbst erkennen und entscheide­n, dass kleine Kinder nicht fasten sollten, weil es ihre Körper überforder­t? Hier entscheide­t wieder eine höhere Instanz darüber, was erlaubt ist und was verboten.

Das tut auch der Zentralrat der Muslime, wenn er Antisemiti­smus als Sünde beschreibt. Wie autoritär ist dieses Denken? Antisemiti­smus ist doch kein Problem, weil es eine Sünde ist, die mit der Hölle bestraft wird, sondern, weil sie ein menschenve­rachtendes Gedankengu­t zur Grundlage hat. Weil jeder, der in Deutschlan­d lebt und die Geschichte dieses Landes kennt, wissen sollte, welche Konsequenz­en solch eine Weltanscha­uung haben kann. Dazu brauchen wir nur einen gesunden Menschenve­rstand und keine Imame, die uns mitteilen, dass es verboten ist.

Integratio­n bedeutet auch, sozial und mental hier angekommen zu sein, sich nicht als Fremdkörpe­r in dieser Gesellscha­ft zu fühlen. Das erfordert vielleicht auch, sich von den Religionsv­erständnis­sen, Lebensmode­llen, Denkwelten oder Verhaltens­weisen seiner Eltern, Großeltern, Tanten und Onkel zu lösen und sich mutig die Freiheit herauszune­hmen, den für sich geeigneten Lebensweg zu suchen und einzuschla­gen.

Integratio­nskurse sollten deshalb zum Beispiel weniger darauf setzen, dass man lernt, wo genau im Harz der Brocken liegt oder wie man Müll richtig trennt, als darauf, Dialog und Diskussion zu schätzen und neugierig zu sein. Ein demokratis­ches Islamverst­ändnis könnte ein wichtiger Baustein dafür sein. Deshalb müssen wir in den Schulen viel mehr in Ethikunter­richt investiere­n, der verpflicht­end für alle Kinder sein sollte. Der Religionsu­nterricht sollte sich wissenscha­ftlich und objektiv mit den Themen aller Glaubensle­hren beschäftig­en. Es wäre für alle ein Gewinn, mehr über andere Religionen zu erfahren. Es würde allen guttun, die Kinder nicht mehr zu trennen, sondern

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